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SAP-Betriebsratschef „SAP zahlt so großzügige Abfindungen, dass es dumm wäre zu bleiben“

SAP-Betriebsratschef Eberhard Schick
SAP-Betriebsratschef Eberhard Schick
© dpa / Uwe Anspach / Picture Alliance
Im Zuge des Konzernumbaus müssen bei SAP in Deutschland 2600 Menschen gehen. SAP-Betriebsratschef Eberhard Schick über hohe Abfindungen und die Unlust, ältere Beschäftige einzusetzen

Capital: Herr Schick, SAP baut weltweit 8000 Stellen ab, in Deutschland sollen 2600 Menschen gehen. Wie groß ist Ihr Frust? 
EBERHARD SCHICK:Frust wäre falsch. Viele ältere Mitarbeiter freuen sich riesig, wenn sie demnächst mit einem goldenen Handschlag in Ruhestand gehen können. Und SAP zahlt mit rund 1,5 Monatsgehältern pro Betriebsjahr so großzügige Abfindungen, dass es schon dumm wäre zu bleiben. Wenn sie jetzt über 60 Jahre alt sind und für ein Arbeitszeitkonto angespart haben, müssen sie praktisch gehen. Denn sonst würden sie umsonst weiterarbeiten. Wir schätzen, dass mindestens 2000 der 4000 Berechtigten das Ausstiegs-Angebot annehmen werden. Die SAP hat zwei Milliarden Euro für Vorruhestand- und Freiwilligenprogramm zurückgestellt und bietet wirklich ein sehr attraktives Programm.

Entlassen wird niemand?
Nein, wer geht, macht das freiwillig. Wir wollen die bestehende Beschäftigungsgarantie noch um zwei Jahre bis Ende 2026 verlängern.

Und was ist mit denen, die bleiben?
Um die mache ich mir schon mehr Sorgen. Denn da könnte die Arbeitsbelastung steigen – auch wenn die SAP verspricht, bis Ende des Jahres wieder neue Leute einzustellen. Blöd ist das Freiwilligenprogramm für alle, die letztes Jahr in Altersteilzeit gegangen sind. Die können das nun nicht nutzen und ärgern sich. Aber das ist ein Luxusproblem. 

Aber ist das nicht ein fatales Signal: SAP schickt Menschen mit 55 Jahren zuhauf in den Ruhestand. Gleichzeitig fehlen Fachleute und unsere Gesellschaft diskutiert darüber, dass wir länger, auch im höheren Alter, arbeiten könnten.
Das irritiert mich schon. Viele Menschen mit Mitte Fünfzig und älter arbeiten gerne, freuen sich, wenn sie was Neues lernen oder eine neue Herausforderung bekommen. Ich bin mit 55 Jahren SAP-Betriebsratsvorsitzender geworden, das fordert mich und ich möchte das nicht missen. Aber bei der SAP hat das schon fast Tradition, alle fünf Jahren setzt der Vorstand ein Restrukturierungsprogramm auf.

Aber warum steckt man das Geld nicht in Weiterbildung statt Abfindungen?
Die SAP hat um die Jahrtausendwende sehr viele jüngere Menschen um die 30 eingestellt, die jetzt alle Mitte 50 und älter sind. Das ist keine optimale Beschäftigungsstruktur. Wir können hier nicht alle zusammen alt werden. Die SAP hätte das Problem vorher angehen müssen. Allerdings finde ich schon schade, dass die SAP keine Idee hat, welche sinnvollen Jobs sie Über-50-Jährigen anbieten könnte oder wie sie gemischte Teams mit Jüngeren und Älteren klug einsetzen könnte. 

Was ist eigentlich aus den Vätermonaten bei der SAP geworden? 
Die Väterzeit ist kein Thema mehr bei SAP und offiziell aufgekündigt worden. Der Vorstand hat mit dem internationalen Vergleich argumentiert, nach dem Motto: „Da müssten wir ja alle Väter gleich behandeln“. Ich persönlich bedaure das sehr und glaube, dass SAP da eine große Chance vertan hat.

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