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Western von gestern Der britische Bergarbeiterstreik von 1984/85

Unerbittlich: Arbeiterführer Scargill und Premier Thatcher
Unerbittlich: Arbeiterführer Scargill und Premier Thatcher
© Jindrich Novotny
Der Bergarbeiterstreik von 1984/85 war das letzte große Aufbäumen der englischen Arbeiterbewegung. Es war auch ein Duell zwischen Gewerkschaftsführer Arthur Scargill und der konservativen Premierministerin Margaret Thatcher

Im Sommer 1984, als der Bergarbeiterstreik schon Monate alt war und die ersten großen Schlachten geschlagen waren, zwischen Streikposten und Streikbrechern, zwischen radikalen Gewerkschaftern und brutal auftretenden Polizisten, da verbreitete Gewerkschaftsführer Arthur Scargill noch einmal Optimismus. „Die Zeit ist jetzt auf unserer Seite!“, rief er seinen Anhängern zu. Wenn erst der Winter näher käme, würde auch der Sieg näher rücken, so sein Kalkül.

Kein Brite hatte den Winter zehn Jahre zuvor vergessen. Da hatten ebenfalls die Kumpel gestreikt – bis die Versorgung eng wurde: Strom wurde stundenweise abgeschaltet, Heizenergie beschränkt, Fabriken arbeiteten nur drei Tage pro Woche, das TV-Programm endete um 22.30 Uhr. Vor Sendeschluss erklärte ein Minister, wie man sich im Dunklen rasiert. Dann war die Regierung vor den Streikenden eingeknickt, bald nach der Niederlage stürzte sie.

Die neue Capital erscheint am 23. Januar

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Doch dieses Mal unterschätzte Scargill die Gegenseite: Die seit 1979 regierende Premierministerin Margaret Thatcher hatte vorgesorgt. Sie hatte die Kohlelager gefüllt und Öl als alternativen Brennstoff forciert.

Offiziell ging es um geplante Zechenschließungen, doch beide Seiten sahen es als Endkampf: Thatcher wollte die Macht der Gewerkschaften endgültig brechen und deren Basis, die oft verstaatlichten Traditionsindustrien, beseitigen. Scargill wollte den Durchbruch zur Arbeitermacht. Sie wollte mit dem Wohlfahrtsstaat aufräumen, er mit dem Kapitalismus. Und beide spielten ein falsches Spiel. Die Regierung setzte Spitzel ein, ließ Streikbrecher finanzieren. Scargill ließ „Verräter“ brutal verfolgen. Er scherte sich nicht darum, dass er wohl nie eine Mehrheit unter den Arbeitern für den Streik hatte. Er nahm Spenden aus der UdSSR und DDR (die zugleich Kohle an die Regierung lieferte).

Anfang 1985 bröckelte die Streikbewegung, die ausgezehrten und verarmten Kumpel sahen keine Erfolgschance mehr. Nach einem für die Bergwerker extrem entbehrungs- und gewaltreichen Jahr des Streiks beendete die National Union of Mineworkers den Ausstand im März, die Gewerkschaft musste ihre Niederlage eingestehen.

Vom britischen Kohlebergbau blieb nicht viel. Die meisten Gruben schlossen, von rund 200.000 Kumpeln blieben einige Tausend. Doch es dauerte bis zum Dezember 2019, dass in vielen Bergbaugebieten bei der Parlamentswahl erstmals die Konservativen triumphierten.

Hauptperson

Arthur Scargill, geb. 1938 als Sohn eines kommunistischen Bergarbeiters in Yorkshire, gibt mit 15 die Schule auf und geht in die Mine. Seit den 1960ern Funktionär der National Union of Mineworkers. Verlässt 1996 Labour, gründet die Socialist Labour Party, die erfolglos bleibt.

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