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Schlampigkeit mit Folgen – wer muss zahlen?

Stallbetreiber sind dafür verantwortlich, dass auf ihrem Hof alles rund läuft. Ein genereller Haftungsausschluss im Einstellervertrag ist deshalb ungültig.

Schlampigkeit mit Folgen – wer muss zahlen?
Foto: Rädlein

Es kann richtig dumm laufen: Eine unachtsam abgestellte Flasche auf der Hallenbande, in der Stallgasse oder vor einem Paddock, die plötzlich klirrend zu Boden fällt, erschreckt das Pferd. Dieses scheut, verletzt sich oder tritt aus. Kommt es zu einem Personenschaden, kann das richtig teuer werden: Arztkosten, Schmerzensgeld und Schadenersatz bedrohen schnell die finanzielle Existenz des Pferdehalters.

Aber kann man den wirklich haftbar machen? In unserem Fall hat der Besitzer sein Pferd kostenpflichtig in einem Pferdepensionsstall untergebracht. Im schriftlichen Pferdepensionsvertrag zwischen Einsteller und Stallbetreiber wurden genau deren Rechte und Pflichten aufgeführt.

Unsere Highlights

Die Hauptpflichten des Stallbetreibers sind solche, deren Verletzung den Vertragszweck gefährden und auf deren Erfüllung der Einsteller vertrauen darf: So kann sich der Einsteller darauf verlassen, dass sein Pferd vom Stallbetreiber regelmäßig versorgt (Führsorgepflicht) und ihm kein Schaden zugefügt wird (Obhutspflicht). Eine wesentliche Hauptpflicht (Kardinalspflicht) des Stallbetreibers ist die sichere Aufbewahrung des Pferds.

Bei unserem Beispiel befindet sich das Pferd in der Obhut des Stallbetreibers. Demnach ist er verpflichtet, dieses gegen "Zerstörung, Beschädigung und Verlust" zu schützen. Er muss dafür sorgen, dass von seinem Stall, seiner Reitanlage und den Mitarbeitern keine Gefahren ausgehen. Stößt dem Pferd im Stall etwas zu, haftet der Stallbetreiber für diese Schäden – und für sein Personal. Das sind alle Mitarbeiter des Stallbetreibers, deren er sich "zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit" bedient. Beispiel: Beauftragt er einen Mitarbeiter das Pferd zu füttern und verursacht dieser fahrlässig einen Brand, bei dem das Pferd zu Schaden kommt, so wird diese Fahrlässigkeit dem Stallbetreiber gemäß § 278 S. 1 BGB zugerechnet und er haftet gegenüber dem Pferdehalter.

Zurück zu unserer Flasche: Das Pferd befindet sich in der Obhut des Stallbetreibers als diese, Auslöser einer Kettenreaktion, umfiel. Zwar gehörte ihm diese Flasche nicht, jedoch haben er bzw. seine Mitarbeiter dafür zu sorgen, dass diese Flasche sicher weggeräumt und entsorgt wird.

Beweislastumkehr: Stallbetreiber muss Unschuld beweisen. Grundsätzlich muss ein Geschädigter beweisen, dass zum Beispiel ein Vertragspartner einen Pflichtverstoß begangen hat. Er muss nachweisen, dass der zu Haftende etwas falsch gemacht oder unterlassen hat, so dass es zum Schaden kam.

In unserem Fall müsste der Pferdestallbetreiber seine Pflicht nachweislich verletzt haben. Jedoch wird jedem Pferdebesitzer, der gerade die Versorgung seines Pferdes abgegeben hat, um eben nicht jederzeit im Stall sein zu müssen, ein solcher Nachweis schwer fallen. Zu Gunsten des Pferdehalters nimmt man deshalb eine Beweislastumkehr an, wenn der Schaden im Verantwortungsbereich des Stallinhabers entstanden ist. Dieser muss also beweisen, dass er seine Obhutspflicht nicht verletzt hat – sonst haftet er für den Schaden. Ein genereller Haftungsausschluss im Einstellervertrag ist unwirksam! Der Stallbetreiber kann eine Haftung für Verletzungen von Kardinalspflichten zwar nicht wirksam ausschließen, im "Kleingedruckten" kann er jedoch seine Haftung wirksam beschränken.

Jedoch greift diese Haftungsbegrenzung nur für den Fall, in dem den Betreiber nur eine einfache Fahrlässigkeit trifft. Diese liegt vor, wenn der Stallbetreiber nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich handelte. Derlei muss dann im Einzelfall entschieden werden.

Der Experte

Andreas Ackenheil, 51, ist spezialisiert auf Tierrecht/ Pferderecht. Seine Kanzlei in Klein- Winternheim/Mainz ist bundesweit tätig. www.tierrecht-anwalt.de

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Erscheinungsdatum 23.04.2024