Viele Anekdoten von den Erdbeerfeldern weiß sie zu berichten. „36 Kilogramm ist bislang das meiste Gewicht, das eine Familie gepflückt hat. Danach kommen 31 Kilogramm“, so die Verkäuferin. „Es gibt eben Leute, die können richtig gut pflücken. Dann gibt es Besucher, die denken, dass die Erdbeeren von selber in den Korb springen“, erklärt sie.
Mal naschen ist ja erlaubt und erwünscht, aber alles hat seine Grenzen. Irgendwann sagen wir auch was.
Auch habe sie schon eine Gruppe erlebt, die viel Zeit auf den Feldern verbracht habe, aber nur mit wenigen Erdbeeren zurückgekehrt sei – wahrscheinlich, weil ein größerer Teil der Früchte direkt im Magen landete statt in den Eimern. „Mal naschen ist ja erlaubt und erwünscht, aber alles hat seine Grenzen. Irgendwann sagen wir auch was“, so die Verkäuferin.
Es gebe auch ab und zu Familien, die das Erdbeerfeld mit einem großen Abenteuerspielplatz verwechselten. „Die toben dann durch die Felder und Pflanzen. Das geht natürlich auch nicht.“ Und Kinder spielten mit dem Wasser – eigentlich nur zum Händewaschen gedacht – aus dem 1000 Liter fassenden Wassertank. Dass dieser jetzt schon leer sei, sei noch nie vorgekommen, „normalerweise reicht das locker für die sechs bis acht Wochen“.
Auch an der Kasse hat sie schon einiges erlebt. Lünsmann rechnet alles mit dem Kopf aus, sie gehöre noch zur Generation „Taschenrechner geht nicht“, wie sie sagt. Plötzlich ruft sie, während sie auf ein gelbes Auto zeigt: „Da kommt meine Stammkundin!“ Es ist Heidi Peschel aus Meinerzhagen. Auch sie trägt das farblich passende Outfit zum Erdbeerenpflücken – rote Jacke, rote Turnschuhe. „Wir kennen uns schon sehr gut. Ich bin die Beeren-Tante“, sagt Peschel. Sie sammele nicht nur Erdbeeren, sondern auch Waldbeeren.
Es sei an der Hütte oft wie bei einem großen Stammtisch: „Man trifft sich hier, oft zufällig, sieht alte Bekannte und tauscht sogar auch Rezepte aus“, erklärt die Rentnerin. Sie selbst bereite aus den Erdbeeren nicht nur Shakes, Müsli und Marmelade zu, sondern auch eine Spirituose, einen Erdbeer-Limes mit Wodka. „Erdbeeren sind so eine wunderbare und gesunde Frucht. Und die Erdbeeren hier sind Natur pur“, lobt Peschel.
Auf die Natürlichkeit der Erdbeeren, die nur in der Blüte gespritzt werden, schwört auch Kunde Ralf Güntner. Denn er sei eigentlich allergisch gegen Erdbeeren, „aber nur gegen die gespritzten“. Die Erdbeeren von den Feldern in Neuenhaus könne er dagegen ohne Probleme essen. „Da sind sie nicht der erste Kunde, der das erzählt“, antwortet Carla Lünsmann und ergänzt: „Dann nehmen sie sich doch noch ein paar mit. Am Freitag ist hier definitiv Schluss“.
Darauf weist auch Chef Gerhard Michels hin, der die diesjährige Saison als „mittelmäßig“ bezeichnet. „In Kierspe war es diesmal sogar besser als in Ennepetal. Das ist sonst andersherum. Es gab in Kierspe ein Mal mehr Regen in diesem Jahr.“ Von den Kundenzahlen sei es hingegen ungefähr gleich geblieben im Vergleich zu den Vorjahren. Auch trotz der Preiserhöhungen pro Kilo um 30 Cent. „Die Kunden wissen, dass der Erdbeeranbau arbeitsintensiv ist. Da gibt es eine hohe Akzeptanz in Sachen Preise“, erklärt Michels.
Für Lünsmann endet am Freitag eine intensive Zeit, „dann bin ich wieder Rentnerin. Aber zuhause rumsitzen ist nichts für mich“. Stattdessen reist sie viel, im Oktober wieder: „Rhodos ist mein zweites Zuhause. Da fahre ich seit 20 Jahren hin. Es ist so schön dort.“ Das mit den Bränden derzeit sei furchtbar, „eine Freundin lebt dort, die kann kaum atmen wegen des Rauches“. Im Oktober werde sich wohl hoffentlich wieder alles beruhigt haben, hofft Lünsmann. Erholung ist angesagt, denn schon jetzt steht für die Seniorin wieder fest: „Die Erdbeerzeit lasse ich mir auch im nächsten Jahr nicht entgehen. Da freue ich mich jetzt schon wieder drauf.“