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Offener Wettbewerb | 07/2022

Ersatzneubau Kiosk Stadthausanlage in Zürich (CH)

Visualisierung

Visualisierung

Teilnahme

ROHWAREIMSTUDIO

Architektur

Hannes Siefert Architekt

Architektur

Erläuterungstext

Zürich

Folly ist eine englische Bezeichnung in der Gartenkunst für einen ungewöhnlichen Zierbau. Wörtlich übersetzt „kleine Torheit“ oder „Narretei“. Meist zeichnet ihn dabei eine Extravaganz, gekoppelt mit einer gewissen Zwecklosigkeit aus. Der Neubau am Bürkliplatz ist zwar nicht zwecklos, wohl aber auf eine gewisse Weise funktionsungebunden, da er auch ohne den Kioskbetrieb seine Daseinsberechtigung als witterungsschützender Unterstand und städtebauliches Angebot an eine breite Öffentlichkeit erhält.
Wer heute über den Bürkliplatz flaniert, bemerkt schnell, wie wichtig der bestehende Kiosk für diesen Ort ist. Es verleiht dem Platz Aufenthaltsqualität und bietet ein niederschwelliges Angebot, das allen zugänglich ist. Ein abendliches Bier bringt die Menschen zusammen. Dieser Urgedanke von öffentlichem Raum bildet den Ausgangspunkt für den Entwurf Ein umlaufender Tresen und ein weites Dach bilden ein Raumgefüge, das zum Verweilen einlädt. Auch außerhalb der Öffnungszeiten kann hier Unterstand, Schutz und Schatten gefunden werden. Dadurch erhält der Kiosk auch eine Allseitigkeit, wenngleich der Ausschank zum Platz orientiert ist. Das unter dem Flugdach eingestellte Volumen trennt sich auf in zwei Körper. Auf Höhe der Lochmannstrasse ergibt sich so eine Zugangssiuation, welche durch das Gebäude leitet und die Stadthausanlage und den Platz vor dem Geiserbrunnen miteinander verbindet. Die Schnittkanten erhalten eine differenzierte Materialität und reflektieren die Umgebung. Ein Oberlicht erhellt diesen Durchgang.

Organisation
Die Grundstruktur bildet ein Achsraster von 2,5 m, das schottenartige Querwände in das Volumen stellt. Dieser Rhythmus unterteilt die Funktionen. Das größere Volumen ist dem Kiosk vorbehalten. Die nötigen Funktionen sind einander klar zugeordnet. Die Struktur erlaubt einfache Adaptionen, je nach Nutzerwünschen. Im kleineren Volumen findet das Marktbüro Platz. Die WC-Anlagen mit den nötigen Türen werden in der Fuge verortet. Für Personaleingänge werden Tapetentüren eingesetzt, um Ihnen etwas visuelle Präsenz zu nehmen. Im Untergeschoss sind die Funktionen wie an einer Perlenschnur aufgereiht. Am Ende befindet sich der Traforaum, er ist gut von oben im überdachten Bereich bedienbar über die Einbringöffnung. Zu und Abluft ist im Bereich der WC-Räume bis zum Oberlicht in den Pavillon integriert. Das Ausgabefenster ist elementiert und kann jahreszeitlich angepasst in Teilen geöffnet werden.

Freiraum 
Für den Pavillonneubau müssen nur die Bäume innerhalb des Fußabdruckes fallen. Sonst bleibt die Anlage unberührt. Der Wegfall der eingrenzenden Hecke wertet den Bürkliplatz auf. Es gibt keine Eingriffe in die Topografie, der Stadtboden kann bis an den Pavillon herangeführt werden. Der umlaufende Tresen wird um lose Möbel ergänzt. Das Dach bietet ausreichend Schatten, sodass auf Schirme verzichtet werden kann, zumal hier die Baumkronen für ausreichend Schatten sorgen.

Konstruktion / Struktur
Der Pavillon trennt sich in der Konstruktion vertikal in zwei Bereiche. Das UG und der beanspruchte Sockel werden aus Stahlbeton als WU-Konstruktion hergestellt. Eine dünne Schicht Perimeterdämmung sichert die Lager- und Technikräume vor zu großen Temperaturschwankungen. Der Sockel bildet gleichzeitig den umlaufenden Tresen, der sich so gut und dauerhaft reinigen lässt. Eingestellt in diesen Ring wird der Rest des Baus als reiner Holzbau in Holzrahmenbauweise erstellt. Nötige Dämmungen werden in nachhaltiger Holzfaser erstellt. Die Aussteifung erfolgt über die Wände und eingestellten Schotten. Eine hinterlüftete Fassade aus dunkelgrünem Welleternit verleiht dem Pavillon eine bescheidene Eleganz. Gleich einem Zelt erhält der Bau ein Flugdach, welches aus einer einfachen Holzkonstruktion aus formstabilen 3 Schichtplatten und Sparren erstellt wird. Auf der Dachinnenseite bleibt das Tragwerk sichtbar. Dies verspricht niedrige Baukosten und formuliert eine für den Besucher lesbare Architektursprache. 
Einzelne Räume sind konsequent nach Inhalt und Nutzung sowie einer maximalen Flexibilität für spätere Erweiterungen angeordnet.

Materialität
Insgesamt soll das Gebäude robust und leicht zu reparieren sein. Örtlich verfügbares Baumaterial und Ressourcen ohne weite Transportwege sind zu bevorzugen, ebenso ein Verzicht auf Kunststoffe und Compounds. Je nach Einsatzbereich sind dabei Materialien verwendet, die eine nachhaltige Dauerhaftigkeit garantieren und gleichzeitig beim Rückbau eine saubere Trennung und maximale Wiederverwendbarkeit erlauben. Wände und Deckenuntersicht sind holzsichtig gehalten und aus Dreischichtplatten, gebürstet und dünnschichtig lasiert. Die hinterlüftete Fassade besteht aus Welleternit. Die Dachhaut ist aus Baubronze, ebenso Türgriffe, Trennschienen und weitere akzentuierende Elemente. Züri-WC und die Wand zu den weiteren WCs, als Schnittflächen der Figur, erhalten eine gebürstete Edelstahloberfläche. Durch ihre Spiegelungen und Reflexionen verändern sie den Innenraum, färben ihn in anziehende Farbtöne und laden ein, sich mit den Blicken in ihnen zu verlieren. Der Boden wird in allen Räumen mit einem robusten Industrieestrich versehen.

Der wesentliche Aspekt in der Lebenszyklusbetrachtung liegt aber im Begriff der „Dauerhaftigkeit“. Dies betrifft sowohl die Wahl der Materialien als auch die Flexibilität der Gebäudestruktur sowie eine für lange Zeit positiv empfundene Architekturqualität. Der kleine Pavillon soll als Treff- und Aufenthaltsort auch ausserhalb der Öffnungszeiten dienen und den Bürkliplatz beleben und bereichern. In seiner Offenheit stellt er eine Alternativhaltung zu den Gittern der SNB dar.
Abgabeplan 01

Abgabeplan 01

Abgabeplan 02

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