Balkonkraftwerk trotz Solaranlage: So lässt sich beides kombinieren
Balkonkraftwerk zusätzlich zur PV-Anlage betreiben: Diese Regeln gelten
Ein Balkonkraftwerk zusätzlich zur Photovoltaikanlage installieren? Das ist möglich.
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Für Balkonkraftwerke bis 600 Watt gelten vereinfachte Regeln. Doch was ist, wenn zusätzlich eine große Photovoltaikanlage betrieben wird? Wir klären, was gilt, wenn Sie Balkonkraftwerk und PV-Anlage kombinieren.
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Wer eine Solaranlage betreibt und nun ein Balkonkraftwerk installieren möchte – oder andersherum – fragt sich: Werden beide Anlagen zusammengerechnet oder gelten die vereinfachten Regeln für die Balkon-PV dennoch? COMPUTER BILD hat im Juni 2023 beim Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE) und der Bundesnetzagentur nachgefragt und klärt, wie es um geplante Gesetzesänderungen bestellt ist.
Vereinfachte Anmeldung und Installation eines Balkonkraftwerks
Ein Balkonkraftwerk unterscheidet sich von einer größeren Solaranlage dadurch, dass seine Leistung auf 600 Watt beschränkt ist. Diese Grenze bemisst sich an der Wechselrichterleistung pro Stromzähler. An einem Stromkreis darf nur ein Balkonkraftwerk hängen – mehr dazu im Ratgeber "Mehrere Balkonkraftwerke". Laien dürfen so eine Mini-Solaranlage vereinfacht anmelden und installieren. Konkret heißt das, dass (anders als bei großen Anlagen) nicht zwingend eine Elektrofachkraft mit dem Anschluss beauftragt werden muss. Und eine Balkon-PV speist den Strom auf Wunsch direkt in die haushaltsübliche Steckdose ein, ohne dass man etwas an der Hausanlage ändern muss – mal abgesehen vom Stromzählertausch, den der Netzbetreiber veranlasst. Steuerlich findet eine Balkon-PV keine Beachtung, zumal man in der Regel keine Einspeisevergütung erhält.
Ein Balkonkraftwerk zusätzlich zur PV-Anlage: Was jetzt gilt
Wer bereits eine Solaranlage auf dem Dach hat, stellt sich die Fragen: Gelten die vereinfachten Regelungen für Installation und Anmeldung trotz der bestehenden Anlage? Wird das Balkonkraftwerk getrennt von der PV-Anlage betrachtet? Die Bundesnetzagentur teilte auf unsere Nachfrage mit, dass es "keine Einschränkung der Anzahl von PV-Anlagen auf, an und in einem Gebäude" gebe. Auch der VDE sagte COMPUTER BILD gegenüber, dass ein Balkonkraftwerk zusätzlich angeschlossen werden dürfe. Zu beachten sei jedoch, dass "die mit dem Netzbetreiber vereinbarte Anschlussleistung für den Hausanschluss nicht überschritten werden" dürfe. Auch bei einer bestehenden PV-Anlage gilt, dass Laien das Balkonkraftwerk theoretisch ohne Elektrofachkraft nach den geltenden VDE-Regeln in Betrieb nehmen können. Insbesondere ist darauf zu achten, dass das Balkonkraftwerk an einem separaten Stromkreis angeschlossen wird.
Zusammen oder getrennt? Regelung im Wandel
Aktuell ist unklar, ob und wann die Leistung eines Balkonkraftwerks zur Solaranlage dazugerechnet wird. Der VDE sagte uns, dass "der Bezug zu Schwellenwerten beim Zusammenspiel von steckerfertigen PV-Anlagen und anderen PV-Anlagen auf einem Grundstück im geltenden Regelwerk noch nicht klar formuliert" sei.
Das ändert sich voraussichtlich mit dem Solarpaket der Bundesregierung. In dem Gesetzentwurf (Stand: 9. Oktober 2023) heißt es: "Auch bei der Anlagenzusammenfassung werden Sonderregelungen für Steckersolargeräte getroffen, um die Nutzung so einfach wie möglich zu gestalten und unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Balkon-PV-Anlagen oder Dachanlagen auszuschließen."
Was das für die Einspeisevergütung bedeutet
Eine PV-Anlage wird meist für die Einspeisevergütung angemeldet. Das heißt: Überschüssigen (oder den gesamten) erzeugten Strom verkauft der Haushalt an den Netzbetreiber, erhält dafür im Gegenzug eine Einspeisevergütung. Die Höhe dieser Vergütung richtet sich nach dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Insbesondere für ältere Anlagen gilt noch ein höherer Satz als aktuell bis zu 8,2 Cent pro Kilowattstunde. Zählt ein (später installiertes) Balkonkraftwerk nun zur PV-Anlage dazu und erhält die Einspeisevergütung? Die Bundesnetzagentur antwortete COMPUTER BILD, dass es hier auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme ankomme. Wird eine zweite Anlage nämlich innerhalb von zwölf Monaten nach der ersten in Betrieb genommen, werden beide als eine Anlage betrachtet. Bei einer späteren Inbetriebnahme wird die zweite Anlage separat von der ersten betrachtet, es gilt hier also nicht der Vergütungssatz der ersten Anlage. Weil der Stromüberschuss bei einem Balkonkraftwerk in der Regel zu gering ist, um den bürokratischen Aufwand einer separaten Einspeisevergütung in Kauf zu nehmen, vereinbaren Netzbetreiber häufig einen Vergütungsverzicht mit dem Betreiber oder der Betreiberin.
Problem in der Praxis bei Erweiterung einer PV
Wie realitätsfern die aktuell schwammige Regelung sein kann, zeigt ein Beispielfall, über den der "Hellweger Anzeiger" berichtete. Demnach wollte ein Betreiber, der bereits seit drei Jahren eine 6-Kilowatt-Peak-Anlage betreibt, sein zusätzliches Balkonkraftwerk beim Stromnetzbetreiber anmelden. Das Balkonkraftwerk komme für die Einspeisevergütung nicht infrage, teilte der Netzbetreiber mit Verweis auf die Regelungen zur vereinfachten Anmeldung mit. Einen Betrieb des Balkonkraftwerks für den Eigenverbrauch am gleichen Stromzähler verwehrten ihm die Gemeinschaftsstadtwerke. Als technische Lösung wäre ein separater Zähler denkbar, doch Kosten und Aufwand dafür wären zu hoch. Alternativ bot man dem Betreiber einen Verzicht auf die Einspeisevergütung seiner bestehenden PV-Anlage an, doch damit würde er den hohen Stromüberschuss an seinen Netzbetreiber verschenken.