Iran: Zehn Tote bei regimekritischen Protesten

DPA
TEHERAN
Veröffentlicht 01.01.2018 00:00
Aktualisiert 01.01.2018 13:43
AP

Bei den regimekritischen Protesten im Iran sind nach Angaben des Staatsfernsehens bislang zehn Demonstranten ums Leben gekommen. Das Fernsehen gab zunächst keine weiteren Details dazu bekannt.

Zuvor hatte ein iranischer Abgeordneter von zwei weiteren Toten gesprochen. Sie seien in der Nacht zum Montag in der Stadt Iseh im Südwestiran getötet worden, sagte Hodschatollah Chademi der Nachrichtenagentur Ilna. Nach Angaben von Chademi gab es auch Verletzte und Festnahmen. Bei einigen der Festgenommenen seien auch Waffen, Munition und Sprengstoff entdeckt worden, sagte der Abgeordnete am Montag. Nach unbestätigten Berichten in sozialen Netzwerken soll Iseh kurzfristig sogar von Regimegegnern besetzt gewesen sein.

Schon am Samstag wurden zwei Demonstranten in Dorud in Westiran getötet. Angeblich soll es in Dorud am Sonntagabend zwei weitere Tote gegeben haben. Berichte und Videos auf den sozialen Netzwerken können jedoch unabhängig nicht verifiziert werden.

Die Proteste hatten am Donnerstag bekonnen. Die Kundgebungen richteten sich zunächst gegen die Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung, wurden aber zunehmend systemkritisch. Heftige Kritik gibt es vor allem an der iranischen Nahostpolitik. Am Neujahrstag war ein Krisentreffen im Parlament in Teheran geplant, an dem Medienangaben zufolge auch Präsident Hassan Ruhani teilnehmen soll.

Wie zuvor sein Innenminister, rief auch Ruhani die Regimekritiker dazu auf, ihre Proteste über legale Kanäle zu beantragen. Dann würde es nach seinen Worten auch nicht zu gewalttätigen Ausschreitungen und Polizeieinsätzen kommen.

Dieser Vorschlag wurde allerdings in den sozialen Netzwerken als Rhetorik zurückgewiesen. Das Innenministerium würde nach Meinung vieler Iraner niemals Anträge auf Protestversammlungen genehmigen, die nur ansatzweise Kritik am Establishment üben würden. In der Tat erlaubt das Innenministerium nur vom System genehmigte Proteste, die sich dann meistens gegen die politischen Erzfeinde USA oder Israel richten.

Am Montag funktionierte auch das Internet im Iran wieder normal. Auch der am Sonntag gesperrte Messenger-Dienst Telegram, über den die Demonstranten Videos und Nachrichten austauschen, lief wieder. Da die hiesigen Medien über die Proteste selbst kaum berichten, werden viele Berichte und Videos über soziale Netzwerke und unseriöse Nachrichtenportale verbreitet. Eine neutrale Verifizierung der Ereignisse ist daher fast unmöglich.

Diesen Berichten zufolge wurden landesweit zwischen 100 und 800 Demonstranten festgenommen. Es soll in der Stadt Dorud in Westiran sogar erneut zwei Tote gegeben haben. Auch von zahlreichen Verletzten - Demonstranten wie Polizisten - ist die Rede. Polizei und Justiz haben diese Berichte zwar nicht dementiert, aber auch keine Details - zum Beispiel zur genauen Zahl der Festnahmen - angegeben. Außerdem wurden nach Polizeiberichten auch einige Demonstranten sofort wieder freigelassen.

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