Tabletten „auslüften“

(kib) „Chemisch, ranzig, cannabis- oder knoblauchartig“ sowie unspezifisch „unangenehm“ beschreiben manche Kunden den Geruch von Metoprololsuccinat Retardtabletten. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) rät zum "Auslüften" oder zur Einnahme der Tabletten zum Essen.

07.09.2021

Leerer Blister
© Foto: black_kira / stock.adobe.com
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Wie die AMK kürzlich berichtete, gibt es vermehrt Berichte aus Apotheken über einen unangenehmen Geruch von mehreren Chargen Metoprololsuccinat Retardtabletten, insbesondere der 95-mg-Wirkstärke der Firma Aliud Pharma.

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Bis Ende Juni 2021 erreichten die AMK insgesamt 18 Meldungen aus 17 Apotheken. 17 Meldungen betrafen die 95-mg-Stärke. Berichtet wird über einen unangenehmen Geruch der Retardtabletten, aber auch über damit im Zusammenhang beobachtete Nebenwirkungen bei Patienten. Der Geruch trat stets direkt nach Ausblistern einer Tablette auf.

Die Tabletten rochen „chemisch, ranzig, cannabis- oder knoblauchartig“ sowie unspezifisch „unangenehm“. Nebenwirkungen umfassten u. a. Übelkeit, Schwindel, eigenmächtiges Absetzen sowie erhöhten Blutdruck. Bis zum 30. August 2021 erhielt die AMK weitere 36 Meldungen zum Sachverhalt. Die Bearbeitung dieser Fälle ist nach eigener Mitteilung noch nicht abgeschlossen.

Im Auftrag der AMK untersuchte das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e. V. im genannten Zeitraum Muster aus drei der neun gemeldeten Chargen und konnte den Sachverhalt bestätigen. Die Geruchsprüfung nach Ph. Eur. 2.3.4 ergab in allen Fällen auch nach 15 Minuten einen deutlich wahrnehmbaren Geruch der Retardtabletten im Vergleich zum entleerten Aluminium/Aluminium-Blister.

Da der Geruch im Vergleich zu vormals eingenommenen Chargen auffiel und häufig nach einem Herstellerwechsel kein auffälliger Geruch mehr vorhanden war, scheint ein herstellerseitiges Problem als Ursache wahrscheinlich.

Der Hersteller prüfte betroffene Bulkchargen. Diese wiesen jedoch im Vergleich zu den verblisterten Tabletten noch keinen vergleichbaren Geruch auf. Als mögliche Ursache wird daher die Kunststoff-Aluminium-Formfolie für die Verblisterung genannt, da diese bei allen betroffenen Chargen des Fertigarzneimittels identisch ist.

Ein sensorischer Test des Folienherstellers ergab, dass der Geruch vom Kunststoffanteil der Folie ausgeht. Es wird vermutet, dass die aus der Folie freigesetzten Geruchsmoleküle von der mikrokristallinen Cellulose, einem Hauptbestandteil der Retardtabletten, angenommen wird. Dies könnte erklären, warum der Geruch auch nach der Entnahme von den Tabletten ausgeht. Die Untersuchungen des Herstellers hierzu dauern derzeit noch an. Der AMK liegen mit Stand 23. August 2021 noch keine weiteren Erkenntnisse vor.

Angemessen beraten

Die AMK bittet daher das pharmazeutische Personal Patienten, die einen unangenehmen Geruch bei Metoprololsuccinat 95 mg Retardtabletten der Firma AL beklagen, angemessen zu beraten und auf die Risiken, die von einem eigenmächtigen Absetzen ausgehen können, hinzuweisen.

Wenn ein „Auslüften“ der Tablette nach dem Ausblistern oder die Einnahme zum Essen nicht zur Besserung der Einnahmetreue beitragen, sollte eine engmaschige Blutduckkontrolle und ein Herstellerwechsel erwogen werden. Zu diesem Zweck sind gegebenenfalls pharmazeutische Bedenken mit dem Hinweis „Geruch/Non-Adhärenz“ geltend zu machen.

Quelle: AMK

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