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Flöße weg, Stege gesperrt: Die Stadt hat jetzt wirklich ernst gemacht

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Da hielt das Verbot noch: Als der Bauhof am Huber See die Sperre anbrachte, war der Tag noch jung, ein paar Stunden später hatte die Jugend dann den Steg erobert und allen Versicherungen dieser Welt eine lange Nase gedreht.
Da hielt das Verbot noch: Als der Bauhof am Huber See die Sperre anbrachte, war der Tag noch jung, ein paar Stunden später hatte die Jugend dann den Steg erobert und allen Versicherungen dieser Welt eine lange Nase gedreht. © Bauhof Stadt Penzberg

Penzberg – Mit den Stegen ist im Grunde genommen alles in Ordnung, und auch der Zustand der Flöße lässt sich nicht beklagen. Dennoch finden sich nun vor den Wegen ins Wasser Absperrungen und die Inseln sind gänzlich verschwunden, am Kirnbergsee und am Eitzenberger Weiher.

Am Freitag wurde, ausgerechnet bei idealem Badewetter, in Penzberg ein Stück Freizeitkultur und Lebensqualität zu Grabe getragen, oder besser: an Land gezogen. An diesen Tag werden sich Kinder noch in Jahrzehnten erinnern, wenn sie dereinst ihren Enkeln berichten, dass sie die ersten waren, die im Kirnbergsee und im Eitzenberger Weiher nicht mehr auf das Floß durften, weil es diese Flöße nicht mehr gab. Und auch die Badestege sind ab sofort zu No-go-Areas ernannt worden, schlimmer als Duisburg-Marxloh und Berlin-Neukölln. „Betreten strengstens verboten“ prangt auf den Schildern, die an der Sperre hängen – seit dem Fall der Mauer kannte man solche Verbotszonen ja gar nicht mehr.

Im Rathaus gibt man sich zerknirscht und verärgert zugleich: „Das ist ein spürbarer Verlust der Lebensqualität, den wir nicht widerspruchslos hinnehmen wollen“, sagt Bürgermeisterin Elke Zehetner. Zugleich aber betont sie, dass die Stadtverwaltung keine andere Möglichkeit gehabt habe, als die Nutzung der Flöße am Kirnbergsee und Eizenberger Weiher sowie der Badestege mit sofortiger Wirkung einzustellen. Der Bauhof rückte am Freitag deshalb aus, entfernte die Flöße und ernannte die Badestege zum Sperrgebiet. 

Laut Zehetner ist diese Vorgehensweise erforderlich, „nachdem das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil für den Betrieb von Flößen und Badestegen in öffentlichen Freibädern eine durchgehende Pflicht zur Beaufsichtigung fordert“. Sollte es zu einem Badeunfall an einem Floß oder einem Steg kommen und diese Vorgabe nicht eingehalten worden sein, haftet der Betreiber des Freibades, in diesem Fall wäre das die Stadt Penzberg. Die ist aber nicht alleine: Auch die Stadt Weilheim sowie die umliegenden Gemeinden mit öffentlichen Freibädern an Seen verfahren identisch. 

Die Bürgermeisterin macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube: „Ich bin verärgert“, sagt sie, nachdem eine neuerliche rechtliche Prüfung ergeben hat, dass es in der Haftungsfrage keinen Spielraum für die Kommunen gibt. „Die Verrechtlichung unserer Gesellschaft und zunehmende Verlagerung der Eigenverantwortung auf die Allgemeinheit führt zu einem spürbaren Verlust von Lebensqualität“, schnaubt sie. Und sie erklärt: „Diese Entwicklung wollen wir so nicht hinnehmen.“ 

Die Stadt Penzberg wird deshalb in Abstimmung mit Weilheim und den anderen betroffenen Gemeinden eine Anfrage beim bayerischen Gemeindetag und beim bayerischen Städtetag stellen. Zusätzlich werden sich ein zweiter Anwalt und der Versicherer nochmals mit dem Vorgang befassen, um eine rechtliche Klärung herbeizuführen und um Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Nachdem der Stadtrat bei einer nichtöffentlichen Sondersitzung am vergangenen Donnerstag diese kritische Haltung geteilt hat, wird sich das Gremium mit dem Vorgang noch einmal in der nächsten Sitzung am 25. Juni beschäftigen. 

Derweil zeigt Penzbergs Jugend, was sie von den Verboten hält: nullkommanix. Als es am Freitag richtig heiß war, setzte der Run auf die Stege an. Kein Handtuch hätte mehr dahin gepasst, so voll war es da – ein klares Zeichen von sonnenbadendem Protest. la

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