Trendwende bei baulichen Maßnahmen bei Flüssen: Die künstlichen Regulierungen und Begradigungen werden entlang der Donau oft wieder entfernt.

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Altarme sollen wieder an das Flussnetz angebunden werden - ansonsten droht eine Verödung.

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Zudem sollen die künstlichen Steinufer wieder in ihren natürlichen Zustand gebracht werden, damit sich die Donau ihre Ufer selbst gestalten kann.

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Artenvielfalt in den Donauauen: Die Sumpfschildkröte ist zum Beispiel die einzige wild vorkommende Schildkrötenart in Österreich.

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Anfang September röhren die Hirsche.

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In den Donauauen röhren wieder die Rothirsche. Während der Brunftzeit streift aber nicht nur das Wild durch den "wilden Wasserwald". Auf einer Tschaike, einem historischen Holzschiff, fahren einige Menschen die Donau entlang und beobachten das Treiben. "Unsere Parkranger können bei geführten Touren Naturschauspiele sichtbar machen, die Laien vielleicht nicht entdecken können", berichtet Nationalpark-Direktor Carl Manzano. In den Donauauen gebe es noch viele natürliche Elemente, der Fluss sei aber nicht unberührt. Zurzeit wird intensiv daran gearbeitet, Regulierungen aus dem 19. und 20. Jahrhundert wieder auszugleichen.

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Wien ist eine der wenigen Millionenstädte, die über einen Nationalpark in der Stadt verfügen. Das beliebte Naherholungsgebiet zwischen Wien und Bratislava ist 9300 Hektar groß, 39 Kilometer lang und zählt mehr als eine Million Eintritte pro Jahr. Man müsse sich jedoch genügend Zeit nehmen und immer wieder kommen, um die Vielfalt der Donauauen zu entdecken, sagt Manzano: "Das sind nicht die Niagarafälle. Die Landschaft erschließt sich mit der Zeit." Je nach Jahreszeit und Wasserstand verändert sich die Natur vollkommen.

Im Frühling sind die blühenden Ulmen die ersten Boten des Frühlings und der Eisvogel brütet in den Steilufern. Die Sumpfschildkröte kann der Besucher schon öfters beim Sonnen auf Baumstämmen beobachten, sie ist übrigens die einzig wild lebende Art in Österreich. Im Sommer kann man zum Beispiel den Seeadler bei der Jagd beobachten. Die Altarme werden von Bibern besiedelt und im Unterholz ziehen Rothirsche ihre Jungen groß. Im Herbst bedeckt der Samen der Silberpappeln den Boden des Auwalds wie ein weicher Schneeteppich. "Es gibt fast unwirkliche Bereiche mit Lianen und meterhohen Brennnesseln", sagt Manzano.

Gebändigt und begradigt

Immer wieder gibt es Beschwerden über Müll, der im Wasser der Auen herumtreibt oder den Waldboden bedeckt. "Das liegt aber nicht an schlampigen Spaziergängern", so Manzano. "Die Donau selbst bringt Müll und Plastik mit - nach Überschwemmungen liegt besonders viel herum." Um die Artenvielfalt zu bewahren sei es aber vor allem notwendig, einige bauliche Maßnahmen wieder zu entfernen.

Der Mensch hat in den vergangenen 150 Jahren versucht, die Kraft und Dynamik der Flüsse zu bändigen, er hat sie verbaut, begradigt und dadurch die Gewässerdynamik zerstört. Auch die Donau wurde befestigt und viele Nebenarme wurden vom Strom abgeschnitten. Nun besteht die Gefahr, dass der Auwald austrocknet, die Altarme verlanden und die Au stirbt. Die Gewässerdynamik der Donau selbst ist jedoch erhalten geblieben - eine große Chance für das Schutzgebiet.

Wasserstand sinkt

Seit der Gründung des Nationalparks wurde versucht, die Au wieder stärker an die Donau anzubinden. Die Donauauen Nationalpark GmbH hat eine Reihe von Pilotprojekten initiiert, die nun von der Via Donau umgesetzt werden. Dabei sind vor allem zwei bauliche Maßnahmen wichtig: Gewässervernetzung und das Entfernen der harten Steinufer. Carl Manzano erklärt: "Die Altarme, die bei Regulierungen abgeschnitten wurden, werden wieder an die Donau angebunden. Und die harten Steinufer werden entfernt, sodass die Donau sich selbst ihre Flussufer gestalten kann."

Diese "Renaturierung" sei sinnvoll, sagt Manzano, aber nur, wenn auch das Problem der Soleintiefung gelöst werde: Denn wenn kein Schotter mehr nachgespült wird, gräbt sich die Donau immer tiefer ins Flussbett. "In den vergangenen 25 Jahren ist der Wasserstand um einen halben Meter gesunken", sagt er.

Dokumentation

Am Dienstag bietet sich die Möglichkeit, die Donauauen vom Fernseher aus zu erkunden: Mehr als zwei Jahre lang haben Regisseur Franz Hafner und das Universum-Team zu jeder Jahreszeit die Flussauenlandschaft des Nationalpark Donau-Auen dokumentiert. (jus, derStandard.at, 14. September 2010)