Nilla Fischer
Nilla Fischer bei der Vorstellung ihrer Biografie in Linköping.
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London – Mitglieder des schwedischen Frauen-Fußballteams sollen bei der WM 2011 in Deutschland angewiesen worden sein, vor medizinischem Personal ihre Geschlechtsorgane zu zeigen. Die Untersuchung war offenbar notwendig geworden, um zu bestätigen, dass sie tatsächlich Frauen sind. Die ehemalige Teamverteidigerin Nilla Fischer enthüllt in ihrer Biografie, dass sich die Spielerinnen einem Geschlechtstest unterziehen mussten, den sie als "demütigend" in Erinnerung hat. Zuerst hatte der britische "Guardian" über die Enthüllungen der 38-Jährigen berichtet.

Im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2011 warfen die Teams aus Nigeria, Südafrika und Ghana der Mannschaft aus Äquatorialguinea vor, auch Männer in den Kader berufen zu haben. Daraufhin habe der Weltverband Fifa Kontrollen in sämtlichen Teams veranlasst, schreibt Fischer in ihrem Buch "Jag sa inte ens hälften" ("Ich habe nicht einmal die Hälfte gesagt"). Die Fifa veröffentlichte damals neue Richtlinien zur Anerkennung des Geschlechts. Sie verlangte eine unterzeichnete Erklärung, dass die nationalen Verbände ihre Spielerinnen auf ihr Geschlecht hin untersucht hätten. Es sollte jede "wahrgenommene Abweichung im sekundären Geschlechtsmerkmal aktiv untersucht" werden, hieß es in den Regularien.

Beim Prozedere im schwedischen Teamcamp musste sich Fischer vor einer Physiotherapeutin ausziehen. Ein Arzt stand mit dem Rücken zu Fischer gewandt im selben Raum und wartete auf die Bestätigung der Physiotherapeutin. Nach einem knappen "jap" gingen die beiden in das nächste Zimmer, um weitere Spielerinnen zu untersuchen.

Entblößung statt Abstrich

"Wir hatten ein sehr sicheres Umfeld im Team", sagt Fischer in einem Interview mit der schwedischen Zeitung "Aftonbladet". "Aber es war eine extrem komische Situation und alles in allem keine angenehme Art (der Untersuchung, Anm.)." Die Spielerinnen seien ein paar Tage vor dem Geschlechtstest angewiesen worden, sich "da unten" einige Tage nicht zu rasieren, schildert Fischer. "Keiner hat die Sache mit dem Rasieren verstanden, aber wir taten eben, was man uns sagte, und fragten uns: 'Wie konnte es dazu kommen?' Es muss doch einen besseren Weg geben."

Es ist unklar, warum Schwedens Team nicht einen Abstrich der Mundschleimhaut vornahm. Mit der gesammelten DNA hätte rasch das Geschlecht festgestellt werden können. Fischer sagt, man habe die Prozedur im Zweifel akzeptiert. "Niemand wollte die Möglichkeit, bei einer Weltmeisterschaft spielen zu können, in Gefahr bringen. Wir mussten den Scheiß hinter uns bringen, egal wie krank und erniedrigend es sich anfühlt."

Wie der "Guardian" berichtet, hat die Fifa in einem Statement mitgeteilt, dass sie "die jüngsten Kommentare von Fischer zu ihren Erfahrungen und den von der schwedischen Nationalmannschaft bei der Frauen-Weltmeisterschaft 2011 durchgeführten Geschlechtsüberprüfungstests zur Kenntnis genommen" habe. Der damalige schwedische Mannschaftsarzt Mats Börjesson bestätigte die Kontrollen. Er hielt den Zweck der Untersuchungen laut "Guardian" für vertretbar. Die Fifa tue so etwas nicht, um gemein gegen irgendjemanden sein zu wollen, sagte er. Man habe Fairness sicherstellen wollen. (Lukas Zahrer, 13.6.2023)