So ganz rund ist es in der Kathrein Privatbank AG zuletzt offenbar nicht gelaufen. Die Bank gehört zu hundert Prozent der Raiffeisen Bank International (RBI) und zählt sich zu den "führenden Privatbanken im deutschsprachigen Raum". Das Institut bietet laut Website maßgeschneiderte Lösungen in der Anlage- und Vermögensverwaltung an, bei Finanzierungen und Beratung von Familien, Unternehmerinnen und Stiftungen. Bei alledem sei man vor allem eines: "Ungewöhnlich persönlich!"

Der Unternehmenssitz der Kathrein Bank in der Wipplingerstraße in Wien. 
Ein Mitarbeiter soll Kundengelder veruntreut haben, im Sommer ging die Bank von sechs Millionen Euro Schaden aus.
MAYR Elke / WirtschaftsBlatt / p

Allerdings dürfte in den vergangenen Jahren ein erklecklicher Betrag von Kundengeldern und Anlagevermögen verschwunden sein. Ein langjähriger Mitarbeiter aus dem Bereich des Privatbanking soll mehrere Millionen Euro an Kundengeldern verjankert haben. Er wurde im Mai entlassen.

Tatsache ist, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auf Basis einer Strafanzeige seit Sommer gegen eine Person ermittelt, es soll um den Verdacht der Veruntreuung gehen. Die WKStA bestätigt nur, dass sie Ermittlungen führe, laut Informationen des STANDARD haben auch bereits Hausdurchsuchungen und/ oder Kontoöffnungen stattgefunden.

Forensiker prüfen

Die Bank räumt auf Anfrage des STANDARD nur ein, dass man "Unregelmäßigkeiten bei Tätigkeiten eines Mitarbeiters" festgestellt und selbigen umgehend entlassen und Strafanzeige erstattet habe. Zudem untersuche eine Wirtschaftsprüfungskanzlei die Angelegenheit (es handelt sich um die KPMG), und "für potenzielle Schäden der Bank wurde vorgesorgt", schreibt ein Unternehmenssprecher. Weitere Auskünfte dürfe man nicht erteilen.

Geschädigte Anleger sehen es etwas aufgeregter, sie sprechen von einem "Skandal" beträchtlicher Dimension, und auch sie sollen bereits etliche Strafanzeigen erstattet haben.

Ein Blick in den im Juli eingereichten Jahresabschluss für das Jahr 2022 bringt eine Spur mehr Erhellung. Im Mai 2023, also nach dem Bilanzstichtag, sei ein "potenzieller Schadensfall" entdeckt worden, die bisherigen "Zwischenergebnisse" zeigten einen potenziellen Schaden von rund 6,1 Millionen Euro für die Bank. Für diese sechs Millionen Euro wurde eine Rückstellung gebildet, ist im Jahresabschluss-Kapitel "Sonstige Rückstellungen" nachzulesen.

Schaden könnte steigen

Und aus den sechs Millionen Euro könnte noch mehr werden. Denn die Aufarbeitung sei noch nicht abgeschlossen, weswegen noch keine endgültige Schadenssumme bestimmt werden könne. "Es besteht Ungewissheit über Risiken aus neu hervorkommenden Erkenntnissen", heißt es im Jahresabschluss der Bank, die von Wilhelm Celeda geführt wird. Aufsichtsratschef der Privatbank ist Andrii Stepanenko, Vorstandsmitglied der RBI.

Der knapp 60-jährige Mitarbeiter, der im Mai hinausgeworfen wurde und unter Verdacht steht, hatte in diversen Banken gearbeitet, bevor er zur Kathrein Privatbank gewechselt ist. Jetzt sei er bereit für Tätigkeiten in neuen herausfordernden Bereichen, wirbt der nunmehrige "unabhängige Berater" im Internet für sich. DER STANDARD betont, dass für ihn die Unschuldsvermutung gilt.

Die Kathrein Privatbank ist ein alteingesessenes Haus am Bankplatz Wien. Gegründet hat es 1924 Bankier Carl Kathrein, 1977 stieg das damalige Raiffeisen-Spitzeninstitut Genossenschaftliche Zentralbank (wurde später zur Raiffeisen Zentralbank, RZB) ein, zehn Jahre später wanderte das Institut zur Gänze in den Raiffeisensektor.

Im Jahr 2022 lag das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Privatbank mit Sitz in der Wiener Innenstadt bei rund 12,4 Millionen Euro. Das Institut beschäftigte zum Ende des Vorjahres knapp hundert Leute und hatte damals knapp 2000 Kundinnen und Kunden.

Das verwaltete Fondsvermögen lag 2022 bei ungefähr 3,4 Milliarden Euro. (Renate Graber, 1.12.2023)