"Kontra-Pro-Reihe" im Parlament: Eva Glawischnig konterte, dann lobten Doris Bures und Andrea Kdolsky (v. li.) ihre rot-schwarze Reform des schwarz-blauen Kindergeldes.

Foto: Cremer
Grafik: Der Standard
Die Kindergeldreform, an der bis zur letzten Minute gefeilt wurde, passierte den Nationalrat. Die Regierungsparteien lobten ihr Werk. Die ÖVP voll und ganz. Die SPÖ fast ganz, ihr fehlt die Arbeitszeitreduktion. Die Opposition rieb sich vor allem an der Zuverdienstgrenze.

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Wien – Stell dir vor, es ist Kindergeld-Debatte im Parlament und nur ein Minister geht hin: Verteidigungsminister Norbert Darabos brachte das am Mittwoch sogar Szenenapplaus ein. Es saßen überhaupt nur die zwei zuständigen Ressortchefinnen – Familienministerin Andrea Kdolsky (VP) und Frauenministerin Doris Bures (SP) – auf der Regierungsbank, aber das verstärkte nur noch die Symbolkraft dieser Inszenierung.

Kinder, Kinderbetreuung und die Kindergeldreform (siehe Grafik) wurden vor einer Regierungsbank ohne Regierung (Wirtschaftsminister Martin Bartenstein gab Parteifreundin Kdolsky ganze fünf Minuten die Ehre der Anwesenheit), fast leeren Abgeordnetenrängen und hauptsächlich von Frauen abgehandelt.

"Kontra-Pro-Reihenfolge"

Knapp nach elf Uhr verlas Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SP) die Formalitäten für die Sitzung und ließ wissen, dass für das bevorstehende Rede-Ritual die „Kontra-Pro-Reihenfolge“ vereinbart worden sei. Es war also an Grünen-Vizechefin Eva Glawischnig, die erste Vorlage für die Pro-Fraktion hinzulegen, auf dass diese das erste Kontra durch ein überzeugtes Pro in eigener Sache parieren könne.

Die Berufstätigkeit der Frauen werde durch das neue Kindergeld – „das kleine Reförmchen der großen Koalition“ und „die schwere Eisenkugel am Fuß der gut ausgebildeten Mütter“ – erschwert, kritisierte Glawischnig. Immerhin, die „Flexibilisierung“, vermutlich das meistgepriesene Wort des Tages, sei ein positiver Punkt.

Dann das erste schwarze Pro. VP-Familiensprecherin Ridi Steibl lobte Kdolskys Reformwerk, ÖVP-Mandatarinnen hielten die fast schon obligaten Taferln im Parlament mit den drei Kindergeld-Modellen stolz ins Plenum.

Anti-Familien-Koalition

Das nächste Kontra kam – von einem Mann. Für die FPÖ forderte Parteichef Heinz-Christian Strache von der „Anti-Familien-Koalition“ die Abschaffung der „unsinnigen Bevormundungsregel“ namens Zuverdienstgrenze und ein Steuer-Familiensplitting. Auch das BZÖ schickte einen Mann als Erstredner ans Pult. Parteichef Peter Westenthaler geißelte die Zuverdienstgrenze als „eine der größten Ungerechtigkeiten“ und forderte umgehend 1000 Euro „Müttergehalt“.

Die politischen Mütter der Reform, Kdolsky und Bures, freuten sich über eine „schöne Lösung“ und „ein wirklich gutes Ergebnis“. Mit einem roten Wermutstropfen: Bures hätte gern eine Arbeitszeitgrenze erreicht. Aber: „Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“ Sprach’s, sprach noch ein paar Worte mit Darabos – und dann waren die zwei Ministerinnen wieder ganz unter sich. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Printausgabe 18.10.2007)