Russland hält seine Rubel im Land. Das trifft vor allem Anleiheninvestoren, die russische Staatsanleihen in der Landeswährung halten. Ihre Investments werden bis auf weiteres keine Einnahmen mehr lukrieren.

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Die russische Börse hat seit Montag geschlossen. Wie lange der Börsenplatz ausfällt, lässt sich nicht abschätzen. Für die Finanzmarktteilnehmer ergibt sich damit eine komplexe Situation. Ein Handel mit russischen Wertpapieren ist über gesicherte Kanäle nicht möglich. Auch außerbörsliche Plattformen haben den Handel mit russischen Titeln massiv eingeschränkt bzw. gestoppt – was wiederum mit den getroffenen Sanktionen gegen Russland zusammenhängt.

Der russische Finanzmarkt ist de facto nicht mehr zugänglich. Fondsmanager und Investoren, die im Vorfeld der Sanktionen bereits ihre Russland-Positionen abbauen wollten, konnten auch das nicht mehr tun. Ihre Aufträge hängen in diversen Clearingstellen. Jeder Trade muss quasi von Hand geprüft werden, ob er durchführbar ist und in diesem Fall nicht gegen Sanktionen verstößt. Die Aussichten auf Abwicklung gehen wegen der umfangreichen Maßnahmen aber gegen null.

Keine Auszahlung in Rubel

Russland hat diese Sanktionen nicht still hingenommen und bereits angekündigt, Auszahlungen in Rubel zu stoppen. Das wird zu neuen Turbulenzen am Anleihenmarkt führen. Für in Rubel denominierte Anleihen soll es vorübergehend keine Zinszahlungen mehr geben. Per Ende Jänner hatten ausländische Investoren 38 Milliarden Dollar in Rubel denominierten Staatsanleihen ausstehen. Für diese Investitionen fallen die Einnahmen vorerst aus. "Wohin diese Reise geht, ist völlig offen", sagt Anton Hauser, Osteuropa-Experte und Manager des Erste-Bond-Danubia-Fonds bei der Erste Asset Management.

Die russische Zentralbank hat diesen "vorübergehenden Schritt zur Stützung der Märkte" mit den internationalen Sanktionen begründet. Das Land braucht seine Rubel, weil auch im Währungssektor de facto kein Handel mehr stattfindet. Die Sicherheiten der russischen Zentralbank werden nahezu weltweit nicht mehr anerkannt, das schränkt den Spielraum des Instituts massiv ein. Zu Wochenbeginn stürzte der Rubel ab, selbst eine Anhebung der Leitzinsen auf 20 Prozent konnte den Verfall der Währung nicht voll auffangen. Am Donnerstag fiel der Rubel auf ein neues Rekordtief, der Dollar wertete im Gegenzug um 11,6 Prozent auf 118,35 Rubel auf. Um die Notenbank liquid zu halten, müssen Exporteure 80 Prozent ihrer Einnahmen an das Institut abgeben. Geplant ist scheinbar auch, den Nationalen Wohlstandsfonds anzuzapfen.

Druck steigt

Der Druck auf Russland steigt. Die Ratingagenturen Fitch und Moody’s haben die Kreditwürdigkeit des Landes auf "Ramsch"-Niveau herabgestuft. Fitch stufte das Land um sechs Stufen von BBB auf B zurück. Eine so starke Abwertung eines einzelnen Staates hat es zuletzt 1997 bei Südkorea gegeben. Moody’s nahm das Rating am Donnerstag ebenfalls um sechs Stufen zurück – von Baa3 auf B3. Begründet wurden dies damit, dass die westlichen Sanktionen die Fähigkeit des Landes zur Bedienung der Schulden infrage stellen und die Wirtschaft erheblich schwächen. S&P hatte das Land am Wochenende bereits heruntergestuft.

Spannend wird laut Hauser, ob Russland jene Staatsanleihen bedient, die in Euro und Dollar denominiert sind. Für 16. März steht eine Zinszahlung für einen Staatsbond (in Dollar) an, am 4. April wird eine Staatsanleihe fällig. Laut einer Analyse von JP Morgan sind allein im März Zahlungen in der Höhe von mehr als 627 Millionen Euro fällig.

Ausgesetzt ist auch der Handel mit der ukrainischen Währung Hrywnja. "Für den internationalen Handel spielt die Hrywnja aufgrund der Kleinheit des Währungsmarktes keine Rolle", sagt Hauser. Den letzten offiziellen Kurs gab es am 28. Februar. Damals kostete ein Euro 33,70 Hrywnja. Nicht abschätzen lässt sich, wie sich die Hrywnja seither am Schwarzmarkt entwickelt hat. (Bettina Pfluger, 4.3.2022)