Dienstag, 14. Mai 2024

Eisschnelllauf
Toptalent Finn Sonnekalb gibt deutschem Verband Hoffnung

Das deutsche Eisschnelllaufen war durch Topläuferinnen bis vor 15 Jahren sehr erfolgsverwöhnt, erlebt seitdem aber eine medaillenarme Epoche. Der 16 Jahre alte Finn Sonnekalb weckt die Hoffnung auf Besserung.

Von Wolf-Sören Treusch | 20.01.2024
Eisschnelläufer Finn Sonnekalb bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Inzell 2023
Eisschnelläufer Finn Sonnekalb (IMAGO / sportworld / IMAGO)
„Finn ist halt einfach ein begnadetes schlittschuhläuferisches Talent“, sagt Trainer Harald Harnisch. „Ich bin halt in meiner Altersklasse überall auf Platz 1“, ergänzt der 16-Jährige Finn Sonnekalb selbst.
„Jeder Trainer, der ihn bisher betreuen durfte, hat ja an Finn sehr viel Spaß gehabt, weil: er war halt einfach immer der Beste.“ Der Trainer und sein Musterschüler. Harald Harnisch freut sich, ein Ausnahmetalent wie Finn Sonnekalb in seinen Reihen zu haben.

Trainer Sauerteig: "Auf dem Eis macht er es toll"

Wenn Finn mit seiner Trainingsgruppe in Windschattenformation über das Eis-Oval am Olympiastützpunkt in Erfurt gleitet, läuft er oft ganz vorne, im Wind. Finn Sonnekalb ist 16, 1 Meter 93 groß, Modellathlet. Mit sechs fing er an, Schlittschuh zu laufen. Seitdem läuft er Jahr für Jahr Bestzeiten in seiner jeweiligen Altersklasse. Seine Spezialstrecken: 1.000 und 1.500 Meter. Heute ist Finn Sonnekalb Deutschlands größte Medaillen-Hoffnung im Eisschnelllauf. Viel fehle nicht mehr, findet Co-Trainer Uwe Sauerteig:
„Ja, der Finn hat schon noch seine Schwächen. Das wäre schlimm, wenn es nicht so wäre in dem Alter. Manchmal die Pünktlichkeit, manchmal lässt er sich gerne ablenken von anderen Sportlern, da macht er lieber mal ein bissel Unfug als das, was er eigentlich richtig machen sollte, aber im Großen und Ganzen ist er schon sehr konzentriert und wo es auf dem Eis drauf ankommt, das macht er schon toll.“
Selbstbewusst tritt der Jungstar bei den Wettkämpfen auf. Wie beispielsweise beim Deutschlandcup letzten November in Berlin. Auf seiner Lieblingsstrecke über 1.500 Meter läuft Finn allen davon, auch mehreren Startern aus dem Seniorenbereich. Kraftvoll und elegant, technisch sauber und ohne Hektik. Bis zum Schluss genauso schnell wie am Anfang. Gute Voraussetzungen für die internationalen Wettkämpfe, die anstehen:
„Mein Trainer und ich wussten ja im Endeffekt, dass ich mich qualifiziere, durch die ganzen Trainingsergebnisse und die Wettkämpfe auch davor, deswegen stecke ich eigentlich noch voll im Training drin und habe mich, schon bevor die Quali war, auf die Weltcups in Italien vorbereitet, und laufe das jetzt alles aus dem Training raus.“

Junioren-Weltcup: Zwei Siege, ein dritter Platze

Eine Woche später unterstreicht der 16-Jährige sein außergewöhnliches Talent. Beim ersten Junioren-Weltcup der Saison – hier starten 15- bis 19-Jährige – im italienischen Baselga di Piné schafft es Finn dreimal aufs Podium: einmal Dritter und zweimal Erster.
„It’s very simple. Train hard, skate fast, if you’re good enough, you skate with the best, and then you get results. Und Finn hat so ein Talent. Ich glaube, Finn kann alles laufen: von 500 bis 10 Kilometer.“
Auch Sprint-Bundestrainer Peter Müller, US-Amerikaner, mit 21 Olympiasieger über 1.000 Meter 1976 in Innsbruck, ist begeistert vom Erfurter Jungen. Deutschland brauche Typen wie ihn, sagt er, deshalb habe er Finn schon vor zwei Jahren aufgefordert, bei den Erwachsenen mitzutrainieren.

Bundestrainer: "Entweder stärker werden, oder aufhören"

Müller: „Das ist Deutschlands größtes Talent. In vielen Jahren. Er soll mit den besten Läufern trainieren. Könnte gleich Weltcup laufen.“
Autor: „Er ist noch ein bisschen jung dafür?“
Müller: „Macht nix. Wie alt ist der Jordan Stolz? Dreimal Weltmeister mit 18. Das ist das Problem hier in Deutschland. Die halten die Leute zurück, und in Amerika, die laufen gleich mit den Besten, klar, bekommt man ein paar Ohrfeigen, und entweder sie werden stärker oder hören auf.“
Große Erfolge im deutschen Eisschnelllauf liegen lange zurück. 2010 holten die Frauen das letzte Mal Gold bei Olympia, 1992 die Männer. Finn Sonnekalb gilt als Hoffnungsträger, doch er will nichts überstürzen. Sich der Erwachsenen-Trainingsgruppe des Bundestrainers anzuschließen, ist bis heute kein Thema für ihn:
„Ich meine, wir sehen ja selbst auch bei den Großen, dass manchmal wirklich Leute während der Saison am Anfang gut sind, aber am Ende dann gar nicht mehr, weil sie einfach das nicht mehr schaffen. Weil: es ist wirklich sehr hartes Training da oben, und das glaube ich nicht, dass es damals noch mein 14-jähriger Körper ausgehalten hätte. Obwohl auch immer alle sagen, dass ich vom Körper älter bin, aber trotzdem: das glaube ich nicht.“

Konzentration auf Jugendolympia

Der 16-Jährige konzentriert sich auf die Rennen gegen Gleichaltrige. In Gangwon, Südkorea, nimmt er jetzt an den Winter Youth Olympic Games teil – den Olympischen Jugendspielen für Athletinnen und Athleten im Alter von 15 bis 18 Jahren:
„Das ist sozusagen für mich das Highlight der Saison, weil: Es ist nur alle vier Jahre, da versuche ich natürlich nochmal anzugreifen. Bei 1500 erhoffe ich mir den ersten Platz. Es klingt abgehoben, aber ich erhoffe mir Platz 1 bei Tausendfünf.“

Station auf der Weg von Topathleten

Für den deutschen Nachwuchs waren die Winter Youth Olympic Games schon öfter Sprungbrett für späteres olympisches Edelmetall. So holten Skispringer Andreas Wellinger, Ski-Langläuferin Victoria Carl und Bobfahrerin Laura Nolte zunächst Gold bei den Jugendspielen, bevor sie im Erwachsenenbereich erfolgreich waren. Finn Sonnekalb würde gern den gleichen Weg gehen, Vater Gerrit Schädler findet das toll:
„Finn hat schon ein paar Mal gesagt: Er würde gern bei den Olympischen Spielen teilnehmen, und jeder, der an Olympischen Spielen teilnimmt, der würde dann natürlich auch gern oben irgendwo stehen. Und dem ordnet er auch alles unter. Deswegen geht er jetzt zum Beispiel früher ins Bett. Und daran sieht man schon: ein Mensch von 16 Jahren, der bald 17 wird: Der will was. Und da kann ich als Elternteil ja nichts dagegen haben. Das finde ich nur gut.“
Finn Sonnekalb sagt selbst: „Es ist halt ein Traum, und wenn ich es halt nicht schaffe, ist es okay, aber: werden wir sehen.“