Allein sein – Warum Allein sein gesund ist (Zeit für dich)

Allein sein hat nichts mit Egoismus oder Seltsamkeit zu tun. Ganz im Gegenteil: Jeder – ob hochsensibel, krank oder gesund – sollte öfter mal Ruhe & Raum für sich finden. Denn erst, wenn Du allein bist und die Stille wahrnimmst, findest Du einen Freiraum für Dich.

Allein sein – Warum Allein sein gesund ist

Zeit für Dich allein

Gerne allein zu sein hat nichts mit Einsamkeit zu tun. Im Gegenteil: Zeit für Dich tut Deiner Psyche & Gesundheit gut.

Denn das Verlassen Deiner täglichen Routine hält viel Wohltuendes für Dich bereit.


Inhaltsverzeichnis: Allein sein


Allein sein, tut vielen Menschen gut

Wie wohltuend das Allein sein für die meisten Menschen ist, zeigt eine wissenschaftliche Umfrage (bekannt als REST-Test). Dazu wurden 18.000 Menschen aus 134 Ländern befragt, welche Aktivitäten ihnen besonders gut täten. Die Ergebnisse (3):

  1. Lesen

  2. in der Natur sein

  3. Allein sein

  4. Musik hören

  5. Nichts tun (Muße)

  6. Spazieren

  7. Duschen und Baden

8. Tagträumen

9. Fernsehen

10. Meditieren & Reflektieren

11. Zeit mit Tieren

12. Freunde & Familie treffen

13. Kaffee & Tee trinken

 

Das lustige ist: Alle Freizeitaktivitäten auf den ersten Plätzen sind Dinge, die wir in den meisten Fällen alleine verbringen.

Die Ergebnisse zeigen also, dass die meisten Menschen sich am besten alleine erholen, ausruhen oder entspannen.

Und noch eine Studie, die zeigt, wie gut das Allein sein Deiner Seele tut:

Psychologen der Universität Dresden ­untersuchten vor einigen Jahren die Work-Life-Balance von knapp 500 Studenten und fanden heraus: Am wenigsten litten diejenigen unter seelischen und körperlichen Beeinträchtigungen, die ausreichend Zeit hatten, um "über sich selbst nachdenken zu können".

Die Forscher schlossen daraus, dass sich eine gewisse Zeit des Alleinseins positiv auf die eigene Gesundheitsfürsorge auswirke. (2)

 
Wenn dich alles verlassen hat, kommt das Alleinsein. Wenn du alles verlassen hast, kommt die Einsamkeit.
— Alfred Polgar
 

Allein sein & Einsamkeit – Unterschiede

Leider stellen viele Menschen allein sein mit Einsamkeit auf die gleiche Stufe. Tatsächlich bestehen aber große Bedeutungsunterschiede zwischen beiden Begriffen.

 

Was ist Allein sein?

Allein sein bedeutet lediglich, das sich eine Person alleine in einem Raum aufhält, alleine Zeit verbringt oder lebt.

Was ist Einsamkeit?

Einsamkeit beinhaltet eine Sehnsucht nach anderen Menschen. Eine schmerzende und quälende Sehnsucht, die in der Realität nicht erfüllt wird.


Merkmale des Allein-seins

  • Allein sein ist ein physischer Zustand, kein Gefühl

  • Allein sein tut gut

  • Allein sein geschieht freiwillig

  • Allein sein stärkt die Gesundheit positiv

  • Das Allein sein kann relativ einfach aufgehoben werden

Merkmale des Einsam-seins

  • Einsamkeit ist ein Gefühl, keine objektive Gegebenheit

  • Einsam sein schmerzt

  • Einsamkeit ist unfreiwillig

  • Einsamkeit wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus

  • Einsamkeit ist nicht ans Allein sein gebunden


Auch hierzu gibt es Hinweise. So fand Karl-Heinz Ladwig, Professor für Psychosomatische Medizin am Helmholtz-Zentrum München, in einer großen Untersuchung heraus (2): "Es gibt viele Menschen, die alleine leben, sich aber nicht einsam fühlen. Es gibt aber auch viele, die sich einsam fühlen, obwohl sie in einer Partnerschaft leben."

 

Warum wird Allein sein negativ interpretiert?

Warum empfinden viele Menschen Allein sein als etwas Negatives? Wieso brauchen so viele Personen ständig Gesellschaft?

Hierzu eine Aussage des Soziologen Rolf Haubl: Wir haben es schlichtweg so gelernt. Er beschreibt beispielhaft folgende Situation:

Ein Kleinkind spielt mit Bauklötzen, wirft sie immer wieder in einen Becher. Die Mutter greift ein. Sie will ihm zeigen, was man noch alles mit den Klötzen anstellen kann.

Die Mutter tut so, als würde ihrem Kind nichts einfallen, als würde es sich langweilen, und konfrontiert es mit ihrer Vorstellung davon, wie man richtig spielt"

Das Kind hingegen war einfach nur bei sich und hat ausprobiert, was es selbst mit den Klötzen alles anfangen könnte. Genau das müsse man lernen, um ­Alleinsein genießen zu können.“ (2)

 

Das aktive, produktive Individuum im Neoliberalismus

Ich denke aber, auch die Medien und das allgemeine Idealbild eines aktiven, sozialen Menschen spielen hier eine große Rolle. Oft zeigen mediale Darstellungen, dass eine Person nur in Gesellschaft, mit vielen Freunden, der Familie oder dem perfekten Partner glücklich sein kann.

Allein sein bedeutet hingegen Ausgeschlossenheit, Langeweile und Passivität, so wird es zumindest m. E. suggeriert. Allein ist, wer nicht dazugehört. Das lernen wir spätestens in der Schule.

Jedenfalls in unserer Kultur.

vgl. auch: Digitale Medien & Gehirn – Was macht das Internet mit uns?

 
 

“Wer sich allein langweilt, ist auch zu zweit nicht sehr unterhaltend.”

- Ben Kingsley, Schauspieler

 
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Allein sein ist gesund

Allein sein wollen

Allein sein zu können, zeugt von mentaler Stärke.

Und schafft für Deine Psyche den notwendigen Raum, um gesund zu bleiben oder zu werden. Das gehört übrigens zur Selbstfürsorge & Psychohygiene.

Bereits vor etlichen Jahrhunderten galt soziale Isolation als der Weg zur mehr Klarheit, Schaffenskraft und persönlichem Glück.

Vgl. Innere Zufriedenheit als Glück in der Philosopohie

Dazu müssen wir uns nur mal die Stifter der 3 Buchreligionen vor Augen führen: Ob Jesus, Buddha oder Mohammed – für jeden Geschmack was dabei 😉

Sie alle brauchten das Allein sein, um in sich zu gehen und „Wahres zu erkennen“ (Was davon wahr ist, sei jetzt mal dahingestellt). Auch von genialen Geistern wie Kafka, Schopenhauer und Kant ist bekannt, dass sie sich regelmäßig zurückzogen, um in der Abgeschiedenheit zu schreiben und zu philosophieren.

 

Es existiert sogar eine Harvard Studie, die den Zusammenhang von besserer geistiger Leistung und Allein sein nachweisen will (3).

 

1) Allein sein beruhigt Gedanken

Dein Gehirn produziert unentwegt Gedanken: über 70.000 am Tag. Mal mehr, mal weniger sinnvoll. Das ist an sich schon eine Meisterleistung der Psyche. Allerdings fehleranfällig.

In der heutigen, modernen Umgebung bist Du einer permanenten Reizüberflutung ausgesetzt (Natureindrücke sind übrigens etwas anderes, sie tun gut, weil natürlich 😉). Dein Geist wird dann müde, erschöpft und unklar.

Gerade deswegen lohnt es sich, sich an einen ruhigen Ort zurückzuziehen, alles Elektronische zu ignorieren und sich nur mit einer einzigen Sache zu beschäftigen.

Damit meine ich nicht, Du sollst den ganzen Tag lang Stricken oder Zeichnen und alles andere ausblenden. Es geht vielmehr darum, dass Du mit Deiner Aufmerksamkeit in dem Moment bist.

Ich liebe es zum Beispiel, bevor ich lese, eine Duftkerze anzumachen. Erstens als Ritual, um die Zeit für mich visuell und emotional einzuleiten. Dabei finde ich es faszinierend, wie die Flamme auflodert und tanzt. Wie der behagliche Duft aufsteigt und in meine Nase dringt. Wie sich das glatte und kühle Glas der Kerze langsam erwärmt. Wie sich das Licht im Zimmer atmosphärisch verändert und in mir Wohlgefühle auslöst.

 

2) Allein sein fördert Kreativität

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Stress, Hektik & Routine sind der Todesstoß für Deine kreativen Fähigkeiten.

Ganz einfach, weil kreativ sein Zeit braucht. Zeit und Raum, um sich entfalten zu können.

Das ist jetzt kein esoterisches Gelaber, sondern ein psychologischer Fakt.

Das bestätigt zum Beispiel Sonia Lippke, Gesundheitspsychologin, gegenüber der dpa:

"Man hat mehr Zeit, sich mit sich selbst und Dingen auseinanderzusetzen und kann so neue Ideen entwickeln. Es ist also eine Art Selbstreflexion." (4)

 

3) Allein sein stärkt Geist & Körper

Ruhe & Zeit ohne Ablenkung (vgl. Die Stille - Warum Du sie brauchst) ist für manche Menschen unangenehm. Klar, umso stiller es um Dich herum wird, umso lauter werden Deine Gedanken. Und oft sind die voller Angst, Sorgen und Probleme. Gerade jetzt ist es aber wichtig, hinzuhören und hinzusehen, um Stress abzubauen, Möglichkeiten zu bemerken und Lösungen zu finden.

Darum geht’s aber im Grunde nicht.

Es muss nicht immer gleich eine Lösung her, Du musst nicht hochproduktiv und kreativ sein, wenn Du Dir Zeit für Dich nimmst.

Du musst gar nichts! Philosophische Muße ist hier das Stichwort.

Es geht nur darum, Deine Gedanken und Gefühle einmal bewusst wahrzunehmen und ihnen Freiraum zu gönnen. Das kannst Du nämlich im Alltag nicht.

Es ist sogar erwiesen, dass eine regelmäßige Zeit des Allein seins positiv auf Deine Gesundheit wirkt. Zum Beispiel ergab eine Studie: Die Teilnehmer, die regelmäßig für sich waren, waren körperlich fitter und seelisch ausgeglichener als die Vergleichsgruppe. (4)

 

Allein sein & Intelligenz

Sind Menschen, die gerne allein sind, intelligenter?

Wäre schön, oder? Darauf lässt eine weitere Untersuchung schließen. In der Studie wurde gezeigt, dass Gesellschaft die meisten Menschen zwar glücklicher macht – aber nicht jeden!

Gerade Personen mit hoher Intelligenz verspürten mehr Unzufriedenheit, je sozialer sie sich betätigten.

Wie lässt sich das jetzt deuten? Die Forscher der Studie meinen, intelligente Menschen hätten oft große und langfristige Ziele.

Je mehr Zeit man in Gesellschaft ist, desto weniger können sie an diesen Zielen arbeiten. Und das macht eben unglücklich.

 
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Fazit: Allein sein

Sehr wichtig: Deine eigene Wahrnehmung spielt beim Allein sein eine große Rolle. Fühlst Du Dich ausgeruht und erholt, dann fühlst Du dich auch automatisch besser.

Und anscheinend gibt es auch einen Bezug zwischen der Dauer der sozialen Auszeit und ihrem gesundheitlichen Effekt.

Der REST-Test in der Einleitung offenbarte nämlich: Wer 5-6 Stunden pro Tag eine Auszeit findet, gab am Folgetag das meiste Wohlbefinden an. Alles darüber senkte das subjektive Erholungsempfinden wieder.

Das ist lediglich ein Richtwert. Schließlich kann sich keiner von uns mal 5-6 Stunden jeden Tag ausklinken. Aber es zeigt, wie wichtig Allein sein für unsere Psyche ist.

Genau darum darf ich, darfst Du, darf jeder sich ohne schlechtes Gewissen regelmäßig zurückziehen und allein Zeit für sich genießen.


Quellen:

1) Steffi Adam, Coach & Mentorin
2) Apotheken Umschau: Diana Engelmann: Zeit für sich
3) Nils Warkentin: Alleine sein: Das beste Mittel gegen Erschöpfung?
4) Birgit Guth: Warum es gut tut, mal alleine zu sein
5) Christo Förster: Wie alleine Sein stark macht
6) PSYLEX.de: Universität Rochester: „Personality & Social Psychology Bulletin“ Okt. 2017

Tamara Niebler (Inkognito-Philosophin)

Hey, ich bin Tamara, studierte Germanistin, Philosophin (M. A.) & freie Journalistin. Hier blogge ich über meine Erfahrungen mit Depressionen & Angst sowie über Philosophie & soziale Ungleichheit.

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