Panikattacken: Was tun als Partner? – Tipps für Angehörige & Co.

Was können bei Panikattacken Familie, Freunde & Partner tun, um zu helfen? Hier gebe ich Dir aus Betroffenen-Perspektive die wichtigsten Tipps:
1) Was bei Panikattacken passiert.
2) Wie Du bei Panikattacken helfen kannst.
3) Was Du generell über Angst- & Panikstörung wissen musst.

was-tun-bei-panikattacken.jpg

Die wichtigsten Hilfestellungen bei Panik

Und was Du über Angsterkrankungen wissen musst, um bei Panikattacken helfen zu können

 

Panikattacken sind brutal

Angst- und Panikstörungen sind ein wahr gewordener Horrorfilm. Nicht nur für uns Betroffene selbst, sondern auch für Dich als Partner*in, Familienmitglied oder Freund*in. Du bist als Bezugsperson immer und ohne Ausnahme direkt betroffen von den Auswirkungen der Krankheit.

Irgendwie gerät alles aus den Fugen. Gemeinsame Unternehmungen sind kaum möglich, wenn der geliebte Mensch unter Ängsten und Panik leidet. Es ist frustrierend und belastend.

Ich hoffe, dieser Blogbeitrag, der auf meinen persönlichen Erfahrungen mit Panik- und Angstattacken beruht, hilft Dir als Angehöriger, Partner oder Freund, leichter damit umzugehen. Vgl. Depressionen: Angehörige – Das unsichtbare Leid der Familie

 

Panikattacke – Was passiert im Körper? Und was im Kopf?

helfen-panikattacke-tipps-partner.jpg

Was da eigentlich geschieht, das wissen oft die Betroffenen selbst nicht.

Kommt die Panik über mich, beherrscht mich das schreckliche Gefühl, die Kontrolle über meinen Körper und meinen Verstand zu verlieren.

Der funktioniert in dem Moment auch nicht mehr. Die Angst lähmt mich komplett im Denken. Das einzige, das ich in diesem Moment todsicher weiß: Wenn ich nicht sofort fliehe, passiert etwas Schreckliches.

Bei einer Panikattacke, sind die Körperreaktionen unglaublich stark. In dem Moment bereitet sich der Körper auf Flucht oder Kampf vor – doch nichts davon passiert. Die Energie entlädt sich mit einem Paukenschlag, sie explodiert nicht, sondern implodiert.

 

In der Regel läuft es im Körper so ab:

  1. Engegefühl in der Brust (Dyspnoe) wird spürbar

  2. Schweiß bricht aus, die Hitze ist unerträglich

  3. Jetzt kommt die Atemnot

  4. In der Folge hyperventilieren Betroffene, verzweifelt um Luft ringend

  5. Dadurch entsteht das Gefühl, umzukippen oder weiche Beine zu haben

  6. Das Herz rast und verstärkt die Angst im Kopf, an einem Herzinfarkt zu sterben

  7. Übelkeit und Schwindel geben den Rest

  8. Der ganze Körper zittert und bebt

  9. Die Gliedmaßen kribbeln unangenehm oder sind taub

  10. Die Sicht wird unklar und die Angst noch größer

  11. Alles wirkt unwirklich und fremd, die Panik kommt zum Höhepunkt

 

Typische Symptome von Panikattacken sind:

(Mindestens 4 der folgenden Hauptsymptome müssen definitionsgemäß auftreten)

8-dinge-die-beim-umgang-mit-angstpatienten-helfen.jpg
  • Herzrasen

  • Atemnot, flache Atmung

  • Schwindel

  • weiche Knie

  • Gefühl zu ersticken

  • Augenflimmern

  • Taubheits- und Kribbelgefühle

  • Ohnmachtsgefühle

  • Übelkeit

  • Mundtrockenheit

  • Schweißausbrüche

  • Hitzewallungen

  • Engegefühl in Brust und Hals

  • Angst, verrückt zu werden

  • Angst, die Kontrolle zu verlieren

  • Angst zu sterben

  • Derealisation & Depersonalisation: Umwelt wirkt plötzlich fremd oder eigene Person wird als fremd empfunden

Evtl. auch interessant für Dich: Wie fühlt sich eine Panikattacke an?

 

Panikanfälle-Soforthilfe – So kannst Du akut helfen

Wichtig ist natürlich, dass Betroffene selbst die wichtigsten Soforthilfe-Maßnahmen kennen: Panikattacken Soforthilfe & Beruhigungsmethoden bei Angst


Greife nicht aktiv ein!

Ich weiß, das klingt jetzt erst mal total ungewöhnlich. Aber im Augenblick, in dem ich eine Panikattacke erleide, will ich auf keinen Fall angefasst werden oder durch lange Unterhaltungen gestresst. Ich bin komplett überfordert von den körperlichen Angstsymptomen. Unterhaltung ist kaum möglich, alles um mich dreht sich und ist mir zu viel.

Es reicht, wenn Du für denjenigen da bist, neben ihm bleibst und er/sie das weiß.


Mach Dir selbst bewusst, dass die Angst vorbei geht

Damit Du selbst die Sicherheit hast, um richtig zu reagieren, erinnere Dich daran: Die Angst geht vorbei. Sie hat einen Höhepunkt und flacht danach wieder ab.

Ja, es ist nicht schön, den anderen leiden zu sehen. Aber die Panik wird von selbst wieder schwächer – jedes Mal. So richtig aktive Maßnahmen gegen Panikattacken, die Du tun kannst, gibt es daher nicht.


Bleib ruhig & mach dem Panikler bewusst, dass er eine Angstattacke hat

Panik wirkt auf manche Personen ansteckend – dabei ist es so wichtig, dass Du die Ruhe bewahrst. Sonst wird alles nur noch schlimmer.

Eine Taktik bei Panikattacken ist es, selbst die Gefühle einzuordnen und die Panikattacke als solche zu erkennen. Das funktioniert aber leider nicht immer – bei schweren Attacken bin ich viel zu gefangen in der Angst.

Spiele die Angst des anderen nicht herunter, sondern vermittle ihm Verständnis und Sicherheit. Erinnere daran, dass die Panik nicht ewig anhält und keine Lebensgefahr besteht.


Leite zu einer ruhigen Atmung an

Wenn es der Panikler zulässt, kannst Du ihn ruhig ansprechen und anleiten, eine Atemübung durchzuführen. Lautes Zählen hilft sehr viel, es bündelt die Konzentration und lenkt mich von der Angst ab. Indem Du vorzählst, hilfst Du bei einer Panikattacke, sich auf die Atmung zu fixieren und schließlich ruhiger zu werden.


Wasser über die Handflächen fließen lassen

Hast Du eine Wasserflasche bei Dir oder ihr seid in der Nähe eines Waschbeckens, dann kannst Du helfen, in dem Du kaltes Wasser über die Handflächen gießt. Da lenkt den Körper von der Panik ab. Auch Wasser trinken, kann Betroffenen helfen.


Anleitung zur 5-Finger-Übung

Die Hand-Methode oder 5-Finger-Übung ist eine schnelle Methode, die man in einer Paniksituation normalerweise allein durchführt. Aber auch hier kannst Du unterstützend einwirken – solange der Betroffene damit einverstanden ist.

Und so funktioniert es:

  1. Daumen berühren (Wahrnehmung)
    Berühre mit einer Hand den Daumen der anderen Hand und nimm wahr, wie es Dir in diesem Moment geht. Du verspürst Atemnot und hast Angst. Darauf reagiert Dein Körper.

  2. Zeigefinger berühren (Seufzen)

    Berühre den Zeigefinger und atme 1 x hörbar seufzend aus. Dabei entspannen sich Deine Schultern und die Atemmuskulatur, sodass Du leichter atmen kannst.

  3. Mittelfinger berühren (Einatmen)

    Während Du den Mittelfinger berührst, atmest Du bewusst und langsam durch die Nase ein.

  4. Ringfinger berühren (Ausatmen)

    Berühre Deinen Ringfinger und atme langsam und sanft durch den Mund aus. Das Ausatmen sollte etwas länger dauern als das Einatmen. Vielleicht zählst Du bis 3 beim Einatmen und bis 5 beim Ausatmen.

  5. Kleiner Finger berühren (Dehnen)

    Nachdem Du den kleinen Finger berührt hast, streckst und dehnst Du kurz die Hand und entspannst Sie bewusst wieder.

 
 

Was tun bei Panikstörungen?

So kannst Du generell helfen

8-dinge-die-beim-umgang-mit-angstpatienten-helfen.jpg

1) Panikattacken als Krankheitssymptome verstehen

Basis für Dein Verständnis und richtige Einschätzung der Grundsituation: Du musst Dir immer wieder bewusst werden, dass der geliebte Mensch ernsthaft krank ist. Er verhält sich nicht auf diese Weise, weil er so ist oder damit Deine Aufmerksamkeit gewinnen will. Er verhält sich so, weil er krank ist.

Eine psychische Störung beeinflusst die ganze Person. Das Denken, das Fühlen und das Handeln. Und schränkt den Lebensradius der Betroffenen auf ein Minimum ein.

Denke bitte daran, dass in erster Linie der Patient selbst am meisten leidet – ständige Angstgedanken sind unglaublich anstrengend für Körper und Geist. Und führen ihrerseits zu weiteren körperlichen und psychischen Krankheiten.


2) Sich über Angst- und Panikstörungen informieren

Ist die logische Schlussfolgerung zum ersten Punkt: Du musst wissen, womit Du es da zu tun hast. Warum ist das so wichtig? Weil Du nur so Dich selbst auch schützen kannst.

Konflikte und Missverständnisse kommen gar nicht erst auf, wenn Du Dich grob mit Ursachen, Symptomen und Folgen auskennst.

Natürlich bist Du dadurch auch in der Lage, die nahestehende Person bei der Therapiearbeit zu unterstützen.

Beachte auch die 10 Regeln bei Angst, die jeder Angstpatient auswendig kennen sollte.


3) Leichte Unterstützung bieten

tipps-panikattacke-wie-helfen.jpg

Dein Verhalten ist nicht nur in akuten Paniksituationen wichtig für den Betroffenen. Es besitzt generell eine Bedeutung – für Dich und den anderen.

Zum Beispiel kommt es häufiger vor, dass wir Angstpatienten unterbewusst die angstauslösenden Situationen meiden. (vgl. Krankheitsgewinn) Das geschieht nicht mit Absicht. Wir sind schlichtweg von der Angst so überwältigt, dass wir automatisch mit Flucht reagieren.

Wenn Du ein Vermeidungsverhalten bemerkst, sprich es aus – mach denjenigen darauf aufmerksam und motiviere ihn sanft. Verständnis ist gut, aber lass den geliebten Menschen nicht in seiner Angst schmoren. Geh mit ihm durch die schlimme Situation, das hilft am Anfang unglaublich viel.


4) Verständnis zeigen & zur Therapie animieren

Apropos Verständnis: Ich weiß ja nicht, wie es bei Dir ist – aber ich hatte eine Wahnsinns-Angst davor, zum Arzt zu gehen und über meine Symptome zu sprechen. Ich dachte lange Zeit, alle würden mich für verrückt abstempeln und für schwach halten. Das sind Dinge, die einem die Krankheit einredet.

Vgl. auch: Wie spreche ich Depressionen beim Arzt an? Wie sage ich dem Hausarzt, dass ich psychische Probleme habe?

Aber leider auch stereotype Vorurteile (Stigmatisierung), die tatsächlich in unserer Gesellschaft vorherrschen. Darum ist Deine Unterstützung so wichtig für den Betroffenen.

Mach ihm klar, dass Du von diesen falschen Vorstellungen nichts hältst und sie nicht wahr sind. Ermuntere zu einer Psychotherapie, wie sie viele andere Menschen brauchen, die heute an dieser Krankheit leiden.


 

Hilfe für Angehörige & Partnern von Menschen mit Panikattacken

umgang-mit-angstpatienten.jpg

Panik- und Angststörungen sind unglaublich belastend für Angehörige, Partner und Freunde. Das kann jeder bestätigen, der das selbst mitmacht oder durchlebt hat.

Vgl. auch Depressionen beim Partner

Das Zusammenleben mit Menschen, die an Panik- und Angststörungen erkrankt sind, ist anstrengend, voller Sorgen und Zusatzbelastungen. Das sind Dinge, die Du Dir auch zugestehen darfst.

Warum ich das sage? Weil ein Großteil solcher Menschen wie Du sich selbstlos aufarbeitet, bis zum Schluss nichts mehr von Dir übrig ist. Darum lege ich Dir eine Angehörigen-Selbsthilfegruppe ans Herz. Zumindest ausprobieren kannst Du es, wenn Dir alles zu viel wird und Du nicht mehr weiter weißt.

 

Hier findest Du Selbsthilfegruppen


Quellen:
1) Julia Dobmeier & Dr. Med. Martin Aigner: Panikstörung (netdoktor.de)
2) Sandra Goal: Panikattacke – Soforthilfe: Was tun? (AOK Patienteninformationen)
3) Stiftung Gesundheitswissen – Dr. Jens Plag: Leben mit Angststörungen: Erfahrungsberichte
4) Diana Engelmann: In vier Schritten gegen Panikattacken (Apotheken Umschau)
5) mindtecstore.com: Panikattacke Sofrothilfe
6) Dr. Andrea Exler: Was tun bei Panikattacken? (Gesundheitsjournal BKK)
7) Dr. Hans Morschitzky: Hilfe bei Panikattacken – Allgemeine Ratschläge zur Panikbewältigung (Deutsche Angst-Hilfe e.V.)

Tamara Niebler (Inkognito-Philosophin)

Hey, ich bin Tamara, studierte Germanistin, Philosophin (M. A.) & freie Journalistin. Hier blogge ich über meine Erfahrungen mit Depressionen & Angst sowie über Philosophie & soziale Ungleichheit.

Zurück
Zurück

Kognitive Verzerrung – über Denkfehler, die wir alle machen

Weiter
Weiter

Warum trennen sich Depressive vom Partner? – Gründe & Tipps