Gemeinnützigkeit bringt steuerliche Privilegien mit sich. Doch wie kommt es, dass Sportvereine wie Kitas gleichermaßen als gemeinnützig gelten? Und wie muss eine Satzung aufgebaut sein, damit sie im Einklang mit dem Gemeinnützigkeitsrecht steht?

Was haben der FC Bayern München und die Kita „Die kleinen Strolche“ gemeinsam? Nicht viel, bis auf den Status der Gemeinnützigkeit. Dieser bringt für große wie kleine Organisationen Privilegien mit sich. Was genau eine gemeinnützige Stiftung ausmacht, was Stiftungsvorstände beachten müssen und inwiefern gemeinnützige Organisationen Geld verdienen dürfen, erklärt der folgende Artikel.

Gemeinnützige Stiftung vs. privatnützige Stiftung

Zunächst: Was als gemeinnützig gilt, ist in den Paragraphen 51 bis 68 der Abgabenordnung (AO) festgelegt. Dieser Gesetzestext definiert Gemeinnützigkeit anhand eines Katalogs von Zwecken, die dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Paragraph 52 listet 28 solcher Zwecke, darunter die Förderung von Kunst und Kultur, Umweltschutz oder Wissenschaft. Auch ein paar Exoten finden sich hier, wie die Förderung der Fürsorge für Strafgefangene, der Kleingärtnerei oder „des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals“. Verfolgt eine Organisation einen oder mehrere der 28 Zwecke, so kann sie Gemeinnützigkeit beantragen.

Gemeinnützigkeit setzt voraus, dass die Allgemeinheit profitiert. Hier gilt es, in privatnützige und gemeinnützige Einrichtung zu unterscheiden: „Eine privatnützige Stiftung fördert einen abgegrenzten Kreis an Personen, etwa Schüler einer Schule oder eine Familie“, sagt Reinhard Berndt, Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO. „Oder einen Golfverein, der Auflagen macht, wer in den Verein aufgenommen wird.“ Allgemeinnützigkeit liegt erst dann vor, wenn eine breite Öffentlichkeit die Förderung erhalten kann.

Ist Bridge gemeinnützig?

gemeinützig

Reinhard Berndt ist Partner bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO. Foto: BDO

Neben der AO gibt es den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO), der im Grunde eine Kommentierung ist. In diesem hat die Finanzverwaltung die Paragraphen der AO ausgelegt. Teilweise nennt der AEAO auch konkrete Urteile und Beispiele. So ist etwa die Förderung des Sports in der AO als gemeinnützig festgelegt, mit der Anmerkung, dass Schach auch als Sport gilt. „Auch für Bridge ist entschieden worden, dass es gemeinnützig ist“, sagt Berndt. Diese Information finde sich in der AEAO. Eine ähnliche Debatte gebe es zum E-Sport, dem Wettkampf in Computerspielen.

Welche Rechtsformen können überhaupt gemeinnützig sein? „Juristische Personen können gemeinnützig sein. Klassisch sind das Vereine, Stiftungen oder gemeinnützige GmbHs“, sagt Berndt. „Wer nicht gemeinnützig sein kann, sind natürliche Personen und Personengesellschaften.“

Steuervorteile für gemeinnützige Stiftungen

Mit der Gemeinnützigkeit verbunden sind Steuervorteile: So sind gemeinnützige Einrichtungen von Gewerbe-, Grund- und Körperschaftssteuer befreit. Stephanie Berger vom Deutschen Stiftungszentrum weist auch auf die mit der Gemeinnützigkeit verbundenen Pflichten hin: „Die steuerliche Privilegierung geht einher mit erhöhten Auflagen – die Gemeinnützigkeit legt auch Fußfesseln an. Etwa dadurch, dass nur satzungsgemäße Zwecke erfüllt werden dürfen.“ Dass es zu Grauzonen der Zweckauslegung kommen kann, zeigt der Fall Attac (DIE STIFTUNG berichtete in Heft 3/2019).

Gewinne erlaubt?

Zwar können sich gemeinnützige Organisationen grundsätzlich wirtschaftlich betätigen. Dabei müssen sie aber alle Einnahmen und Kosten strikt vier Tätigkeitsbereichen zuordnen. Diese heißen im Fachjargon „Sphären“.

  1. Der ideelle Bereich ist der hauptsächliche Tätigkeitsbereich der Organisation. In diese Sphäre fallen alle Handlungen, die der Umsetzung der Stiftungszwecke dienen. Hierzu zählen zum Beispiel Ausgaben für Projekte, Personalkosten oder Einnahmen durch Spenden. Einnahmen in diesem Bereich sind steuerbegünstigt.
  2. Ein Zweckbetrieb ist eine Geschäftstätigkeit, die in engem Zusammenhang mit dem Stiftungszweck steht. Ein Beispiel hierfür ist ein Museum, das Eintritt verlangt. Weitere Beispiele sind Kitas und Pflegeheime. Zweckbetriebe sind steuerbegünstigt.
  3. Die Sphäre der Vermögensverwaltung umfasst Einnahmen durch Kapitalanlage, Vermietung und Verpachtung. Sie ist zunächst nicht steuerbefreit. „Es gibt aber hier wieder eine Reihe an Möglichkeiten, wie man steuerbefreit sein kann – gemeinnützige Einrichtungen zahlen in der Vermögensverwaltung meist keine Steuern“, sagt Berndt.
  4. Unterhält eine gemeinnützige Organisation einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, so werden dessen Gewinne so versteuert wie bei jeder anderen gewerblichen Gesellschaft auch. Das heißt: „Vollständige Körperschaft- und Gewerbesteuer“, sagt Berndt. „Diese partielle steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit ist gemeinnützigkeitsrechtlich ausdrücklich zulässig.“ Ein Beispiel für einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist ein Museum, das zusätzlich einen Shop oder ein Café betreibt: Die Museumstätigkeit ist steuerbefreit, aber der Shop unterliegt der Steuer.

„Wenn die Einnahmen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs wiederum im Wesentlichen in diesen investiert werden, ist dies kritisch“, sagt Berndt. So ist es auch bei den Fußballvereinen der Bundesliga, die oft über den Stiftungszweck „Förderung des Breitensports“ als gemeinnützig anerkannt sind. „Ein Bundesligaverein dürfte nicht beliebig neue Spieler kaufen, sondern müsste hauptsächlich die Jugend oder andere Sportarten fördern.“ Die Bundesligavereine behelfen sich aber meist damit, dass sie die kommerziellen Aktivitäten auslagern – die gemeinnützigen Ziele verfolgt der Verein.

Gemeinnützigkeit in Theorie und Praxis

Dem Anspruch der Gemeinnützigkeit muss eine Stiftung auf zwei Ebenen genügen: In der Satzung und auch in den tatsächlichen Aktivitäten der Stiftung.

Gemeinnützigkeit

Stephanie Berger ist Rechtsanwältin im Bereich „Recht, Steuern & Consulting“ im Deutschen Stiftungszentrum. Foto: Deutsches Stiftungszentrum

Für die Satzung einer gemeinnützigen Stiftung gilt: Die Finanzverwaltung muss diese genehmigen. Ein Muster findet sich unter Anlage 1 zu Paragraph 60 der AO. Dieses nennt Formulierungen, die in jeder Satzung zwingend enthalten sein müssen. Dazu zählen Stiftungszweck und Satzungstätigkeiten. Letztere konkretisieren, durch welche Aktivitäten der Zweck verwirklicht werden soll. Ist der Stiftungszweck Umweltschutz oder Jugendhilfe, so könnte als Satzungstätigkeit genannt sein, Naturschutzgebiete einzurichten oder Kindergärten zu fördern. „Es muss für jeden Zweck eine Zweckverwirklichungsmaßnahme angegeben sein“, sagt Berger. „Es handelt sich dabei nicht um eine abschließende Aufzählung von Maßnahmen – es können weitere hinzukommen oder andere vernachlässigt werden.“ Grundsätzlich sei eine gewisse Flexibilität in der Satzung wichtig, um einer engen Auslegung des Stiftungszweckes entgegenzuwirken. In die Satzung gehört auch eine Anfallklausel: „Wenn der Verein oder die Stiftung aufgelöst wird, muss klar geregelt sein, an wen das Vermögen einer Stiftung geht“, sagt Berndt.

Wird die Satzung durch das Finanzamt als gemeinnützig anerkannt, so verfolgt die Organisation von der Satzung her gemeinnützige Zwecke. Nun gilt es aber, auch die konkreten Tätigkeiten in Einklang mit dem Gemeinnützigkeitsrecht auszugestalten. „Eine große Stiftung muss einmal im Jahr, eine kleine Organisation alle drei Jahre mit einem Bericht belegen, dass das Geschäft der Satzung entspricht“, sagt Berndt. „Auch eine Betriebsprüfung ist möglich.“

Drei Prinzipien

Drei Grundprinzipien müssen zudem sowohl in jeder Satzung stehen, als auch erkennbar die praktische Stiftungsarbeit gemeinnütziger Stiftungen prägen: Selbstlosigkeit, Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit.

Das Prinzip der Unmittelbarkeit besagt, dass die gemeinnützige Stiftung ihre Satzungszwecke selbst erfüllen muss. „Sie kann aber bis zur Hälfte ihres frei verwendbaren Vermögens an andere Einrichtungen geben“, sagt Berndt.

Das Prinzip der Ausschließlichkeit erfordert, dass gemeinnützige Organisationen nur die in der Satzung genannten Zwecke verfolgen. Eine Ausnahme ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb.

Zudem gilt das Prinzip der Selbstlosigkeit: Gemeinnützige Einrichtungen sollten primär ihren gemeinnützigen Zweck verfolgen, kommerzielle oder gewerbliche Zwecke müssen eindeutig nachrangig sein. Dazu zählt, dass unentgeltliche Zuwendungen an Mitglieder oder an Dienstleister verboten sind. Außerdem gilt das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung: ­„Die Gelder müssen innerhalb von zwei Jahren ausgeben werden“, sagt Berndt. „Es gibt auch hier Ausnahmen. Aber eine gemeinnützige Stiftung ist keine Spardose – sie muss immer auch ihre Satzungszwecke ­verfolgen und das grundsätzlich auch zeitnah.“

Dieser Beitrag erschien in DIE STIFTUNG 4/2019.

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