Tool Management perfektionieren: Die Produktion muss laufen

Verantwortlicher Redakteur:in: Rainer Trummer 7 min Lesedauer

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Als im Jahr 2013 der Automobilzulieferer Schabmüller einen Großauftrag mit knapp einer Million zu fertigender Bauteile pro Jahr erhielt, wurde für die vielen eingesetzten Werkzeuge ein Tool Management erforderlich. Der Hersteller hat sich für den Service von Mapal entschieden und hat seitdem eine ganze Reihe von Projekten gemeinsam mit dem Werkzeughersteller umgesetzt.

(Quelle: Mapal)

Tool Management in der Praxis: Unter dem Namen Schabmüller Automobiltechnik GmbH (SMI) firmiert das in Großmehring bei Ingolstadt angesiedelte Unternehmen seit 2003. Zuvor war das 1978 durch Franz Schabmüller gegründete Unternehmen im Bereich Sonderfahrzeugbau tätig. 1988 erfolgte der Einstieg in die Automobilzulieferindustrie. Mit der Zerspanung und Montage von kubischen Motoren- und Fahrwerksteilen wurde Schabmüller zum Dienstleister für die Automobilindustrie.

Hohe Stückzahlen beim Premium-Lieferanten

Heute ist Schabmüller mit rund 150 Mitarbeitern Premium-Lieferant vor allem für Automobilhersteller mit hohen Stückzahlen. Auf der Referenzliste der Schabmüller Automobiltechnik stehen Daimler, Audi/Porsche und Jaguar/Landrover. Wichtigster Kunde ist aber der VW-Konzern, für den SMI zur Produktion von Zylinderkopfhauben seine bislang größte Anlage in Betrieb genommen hat. In der Anlage sind 16 Bearbeitungszentren, 26 Roboter und eine Reihe von Peripheriemaschinen für nachgelagerte Bearbeitungsschritte verbaut. SMI liefert die ZSB-Zylinderkopfhauben, die aus einer linken und rechten Zylinderkopfhaube für den VW 3,0 Liter V-Motor bestehen, komplett montiert mit Nockenwellenlagerdeckel an Volkswagen aus. Die jährliche Stückzahl liegt bei über 320.000 Stück.

SMI agiert überwiegend als Tier-2-Zulieferer, der für große Gießereiunternehmen Teile bearbeitet. Inzwischen ist auch eine Aluminiumschmiede zu den Auftraggebern dazugekommen. Geschäftsführer Helmut Häckl misst dieser Erweiterung große Bedeutung bei: „Die Schmiede trägt vor allem Aufträge für Fahrwerksteile an uns heran. Das ist für uns eine Chance, uns in diese Richtung zu diversifizieren.“

Fokussierung auf die Großserie erfordert Umstellung beim Tool Management

Bevor es mit der Großserienproduktion richtig los ging, hat SMI ausschließlich mit Stand-alone-Maschinen produziert. So wurde auf einem Bearbeitungszentrum mit einem Werker jeweils ein Auftrag händisch abgearbeitet. Als SMI dann 2013 einen Auftrag zur Fertigung von Lagerrahmen für den VW-Konzern erhielt, der in einer Stückzahl von 970.000 Bauteilen produziert werden sollte, musste dafür die Fertigung umgestellt werden. Häckl erläutert die Situation: „Uns war klar, dass das Werkzeugvolumen für uns nicht mehr zu händeln ist, wenn wir sieben oder acht Maschinen für den gleichen Auftrag ausrüsten. Es wäre für die Produktionsleitung schwierig geworden, die Qualität der Werkzeuge im Auge zu behalten und deren Aufbereitung terminlich zu verfolgen. Die Produktion muss laufen und darf nicht stehen bleiben, weil irgendwo ein Werkzeug fehlt.“

Doch genau das war in der Vergangenheit passiert. So wurden zum Beispiel in einer Nacht fünf Bohrer verbraucht. Die Frühschicht startete dann mit einem letzten verbliebenen Werkzeug in den Tag. Was passiert war, ließ sich kaum nachvollziehen. An anderer Stelle führte fehlende Systematik bei der Werkzeugentnahme dazu, dass abgenutzte Werkzeuge zusammen mit neuen in der Schublade landeten und es zu Engpässen kam, weil das nicht rechtzeitig erkannt worden war. „Aufgrund dieser mangelnden Verifizierbarkeit der Werkzeugentnahmen hatten wir immer wieder enorme Probleme in der Produktion“, berichtet Häckl.

(Der Anwendungstechniker Michael Stockbauer stellt einen 100-Millimeter-Fräskopf mit PKD-Fräseinsätzen ein. Bild: Mapal)

SMI benötigte einen Lieferanten, der die Werkzeuge bereitstellt, verwaltet und laufend optimiert. „Tiefgreifendes Wissen um die Werkzeugschneide ist bei uns natürlich vorhanden. Das ist wichtig, damit die Spezialisten beider Häuser die optimale Werkzeugauslegung auf Augenhöhe diskutieren können“, sagt Häckl. Dass Mapal mit dem Tool Management betraut wurde, war naheliegend, denn der Werkzeughersteller ist ein wichtiger Lieferant für Schabmüllers Produktion, in der viele PKD- und Vollhartmetallwerkzeuge zum Einsatz kommen.

Auf Kunden zugeschnittenes Tool Management

Dienstleistungen rund um das Tool Management sind maßgeschneidert auf die Bedürfnisse des Kunden. Bei Schabmüller umfasst das Komplettpaket die Disposition der Werkzeuge, ihre Voreinstellung, Ausgabe und Wiederaufbereitung, technischen Support der Serienfertigung, Werkzeug- und Taktzeitoptimierungen sowie Standzeitoptimierungen. Die Werkzeugausgabe ist zentral in der Fertigung platziert. Neben einer Reihe von horizontalen Schubladenschränken aus dem Unibase-Programm hat Mapal bei Schabmüller auch Vertikalschränke installiert. Deren hohen Schübe bieten sich vor allem für große Komplettwerkzeuge an.

Rund 90 Prozent der von SMI benutzten Werkzeuge sind projektbezogene Sonderwerkzeuge. „Diese Sonderwerkzeuge setzen wir ein, um möglichst kurze Taktzeiten zu erreichen. Mit Standardwerkzeugen würde man diese Zeiten nicht schaffen“, erläutert Michael Stockbauer, Anwendungstechniker und Toolmanager bei Mapal. Zusammen mit Kollegen ist er drei bis vier Mal pro Woche vor Ort in Großmehring. Wenn ein neues Projekt gestartet werden soll, ist Mapal sogar täglich vor Ort.

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Rundum-Service für den Kunden

Die Werkzeugspezialisten kümmern sich um Werkzeuge, die repariert oder zum Nachschleifen geschickt werden müssen. Bei Bedarf werden neue Werkzeuge bestellt. Komplettwerkzeuge rüsten die Techniker in unmittelbarer Nähe zur Werkzeugausgabe auf und lagern sie mit den passenden Maßen ein, damit der Werker sie dem Automaten entnehmen kann. In einem separaten Regal werden stumpfe Werkzeuge abgestellt, die das Ende ihrer Standzeit erreicht haben.

Im Service der Werkzeugvoreinstellung sieht Matthias Hahn, Project Manager Tool Management bei Mapal, einen großen Vorteil für den Kunden: „Müsste der Werker das Werkzeug selbst bestücken und einstellen, wäre er damit etwa eine halbe Stunde beschäftigt, während die Maschine steht. Bei mehreren Maschinen summiert sich das sehr schnell.“ Auch die Qualität sei besser gewährleistet, wenn immer die gleichen Fachkräfte die Voreinstellung übernehmen.

„Aufgrund der guten Erfahrungen ist Mapal regelmäßig bei der Werkzeugauslegung für neue Projekte einer der ersten Ansprechpartner“, bestätigt Helmut Häckl. Er schätzt auch die kurzen Reaktionszeiten: „Wenn wir ein CAD-Modell zu Mapal schicken, bekommen wir von Stephan Streck sehr schnell eine Rückmeldung. Wenn es eilt, haben wir bereits nach drei bis vier Tagen ein Richtpreisangebot oder eine Rückmeldung über mögliche Lösungsansätze bei kritischen Werkzeugen.“ Als technischer Berater war Streck bereits bei der Einführung des Tool Managements federführend mit dabei – eine Kontinuität, die beim Kunden gut ankommt.

(Die voreingestellten Werkzeuge stehen zum Einlagern in das Ausgabesystem Unibase bereit. Bild: Mapal)

Tool Management: Mithilfe von Digital Logistics alles im Blick

Schabmüller war eines der ersten Unternehmen, bei dem das Werkzeugdatenmanagement auf c-Com umgestellt wurde. Die Software ermöglicht eine durchgängige digitale Logistik und ist mit dem vorhandenen SAP-System verbunden. Die große Plattform erleichtert die Arbeit für alle Projektbeteiligten. Für jede einzelne Materialnummer sind hier alle wichtigen Daten wie Meldebestände, Mindest- und Maximalbestände sowie Losgrößen hinterlegt. Wird dem Automaten ein Werkzeug entnommen, aktualisiert sich der Bestand im Dispocockpit binnen Sekunden. Eine praktische Hilfe ist die Visualisierung der Bestände mit einem Ampelsystem, mit dem kritische Werte auf einen Blick zu erkennen sind.

Seit Einführung des Tool Managements hat SMI einen vollständigen Überblick über den tatsächlichen Werkzeugverbrauch. „Früher wussten wir nie so richtig, wie hoch unsere Werkzeugkosten sind“, sagt Häckl. In einer gemeinsamen monatlichen Besprechung analysieren SMI und Mapal, was in der Produktion gelaufen ist. Die Daten decken Schwachstellen mit Werkzeugen auf, lassen aber auch Rückschlüsse auf Probleme mit der Maschine oder einzelnen Spindeln zu. Bei den Meetings werden die anstehenden Stückzahlen kommuniziert, um Werkzeuglieferungen vorausplanen zu können.

Neue Werkzeuge mit vorgegebenen Schnittdaten

In enger Zusammenarbeit werden dabei die Prozesse verbessert. Neue Werkzeuge fährt SMI zunächst mit den von Mapal vorgegebenen Schnittdaten ein, die dann Schritt für Schritt optimiert werden. Albert Neumeier erklärt dazu: „Wenn wir dabei nicht weiterkommen, holen wir Mapal hinzu. In jedem Projekt gibt es Werkzeuge, die etwas knifflig sind und bei denen man die Frässtrategie etwas anpassen muss, um ans Ziel zu kommen.“ Matthias Hahn schätzt dieses Vorgehen: „Die Firma Schabmüller fordert uns und das ist auch gut so, denn das führt zu guten Ergebnissen.“

Um noch mehr Hintergrundwissen über die Werkzeuge zu bekommen, nahmen drei Mitarbeiter der SMI an einer viertägigen Schulung der Mapal Academy in Aalen und Altenstadt statt. Neben dem erworbenen Wissen über Vollhartmetall-, PKD- und Feinbohrwerkzeuge sowie Schneiden lobten die Teilnehmer vor allem den hohen Praxisbezug der Schulungseinheiten. „Daher möchten wir gern Schulungen für weitere Mitarbeiter durchführen lassen“, erklärt Produktionsleiter Albert Neumeier.

(Schabmüller setzt neben horizontalen Schubladenschränken auch Vertikalschränke (rechts) für auskragende Werkzeuge ein. Bild: Mapal)

Bestätigung durch externes Audit

Wie jeder Zulieferer muss sich auch SMI regelmäßigen Audits unterziehen. Dieses Jahr wurden auch die externen Firmen auditiert, die im Unternehmen tätig sind. Das Tool Management erfuhr dabei eine Bestätigung von unabhängiger Seite und erreichte auf Anhieb 98,5 von 100 möglichen Punkten. Die Auditoren würdigten die geprüften Prozesse als durchdacht und effizient.

Schabmüller wächst in hohem Tempo weiter. Derzeit laufen die Vorbereitungen für ein neues Projekt auf Hochtouren. Neben den beiden vorhandenen Produktionshallen wird eine dritte gebaut, in der ab 2025 ausschließlich Zylinderkopfhauben für einen 1,5-Liter-Motor des VW-Konzerns gefertigt werden sollen. Das Jahresvolumen liegt bei über 910.000 Stück, die Investitionen für Maschinen und Anlagen belaufen sich auf 24,5 Millionen Euro. Auch dieses Projekt wird Mapal über ein Tool Management mit Werkzeugausgabesystem betreuen. Bislang setzt SMI rund 750 verschiedene Werkzeuge von Mapal ein, mit dem neuen Projekt dürften an die 150 dazukommen.

Die Autorin Kathrin Rehor ist PR Project Managerin bei Mapal.

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