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Abschiebung am Flughafen Leipzig/Halle: Ist neues Prüfgremium zu unkritisch?

Polizeibeamte warten mit mehreren Personen, die mit einem Sonderflug abgeschoben werden sollen, auf dem Flughafen Leipzig/Halle in einer Wartehalle. Ein neues Beobachterforum soll die Abschiebepraxis  aufarbeiten. Doch an dessen Arbeit gibt es Kritik.

Polizeibeamte warten mit mehreren Personen, die mit einem Sonderflug abgeschoben werden sollen, auf dem Flughafen Leipzig/Halle in einer Wartehalle. Ein neues Beobachterforum soll die Abschiebepraxis aufarbeiten. Doch an dessen Arbeit gibt es Kritik.

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Dresden. Was ist ein Bericht wert, der sich mit der Abschiebepraxis am Flughafen Leipzig/Halle befasst? Zum ersten Mal hat das „Forum Abschiebungsmonitoring am Flughafen Leipzig/Halle“, das seit Sommer 2022 existiert, einen Jahresbericht vorgelegt. Die schwarz-grün-rote Koalition hat das Gremium eingerichtet, um die Abschiebepraxis in Sachsen aufzuarbeiten. Doch nicht nur aus der Opposition gibt es jetzt Kritik an dessen Arbeit.

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Der 19-seitige Jahresbericht kommt für 2022 zu einem positiven Fazit: „Die überwiegende Mehrzahl der beobachteten Abschiebungen verlief ohne außergewöhnliche Vorkommnisse.“ Die Beamtinnen und Beamten führten „ihren Auftrag mit großem Respekt und der nötigen Distanz gegenüber den Rückzuführenden durch“. Allerdings fällt auf, dass der Bericht sich zurückhält. Er nennt Kritikwürdiges, fällt aber kein explizites Urteil: „Diese Sachverhalte wurden im Forum diskutiert.“

Flüchtlingsvertreter fehlen im Gremium

Für Beobachter ist das keine Überraschung: Vier der neun Gründungsmitglieder des Beobachtungsforums stellen staatliche Stellen, die direkt oder indirekt mit den Abschiebungen befasst sind: die Bundespolizeidirektion Pirna, die sächsische Polizei, die Landesdirektion und das Innenministerium. Der Sächsische Ausländerbeauftragte ist Teil des Kreises, Geflüchtetenorganisationen wie der Flüchtlingsrat finden sich nicht darin. Die Runde wird von der Evangelischen Landeskirche, der Diakonie Leipzig, dem Bistum Dresden-Meißen und der Freien Wohlfahrtspflege komplettiert.

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„Angesichts ihrer Zusammensetzung bezweifeln wir die Unabhängigkeit der Abschiebebeobachtung“, sagt Juliane Nagel (Linke). „Die Behörden verteidigen selbst Verstöße gegen den Leitfaden Rückführungspraxis, darunter die Verweigerung von Telefonaten, Familientrennungen oder den Verzicht auf das Dolmetschen.“

Auch in der Koalition ist man nicht glücklich

Auch in der Koalition ist man wenig glücklich über die Konstellationen. Der Bericht bleibe deswegen „leider hinter unseren Erwartungen zurück“, sagt Petra Čagalj Sejdi (Grüne): „Kritische Situationen mit Grundrechtsbezug werden zwar angesprochen, aber weder in Zahlen noch anderweitig kritisch aufgearbeitet.“ Für Albrecht Pallas (SPD) zeigt der erste Bericht, „dass es einige problematische Vorfälle gibt, die in dem Forum besprochen wurden“. Solche Sachverhalte müssten zukünftig verhindert werden.

An der Zusammensetzung des Forums wird sich so schnell nichts ändern – auch wenn an diesem Donnerstag der Innenausschuss über den Jahresbericht diskutiert. Vermutlich werde man erst nach der Landtagswahl 2024 das Thema angehen können, heißt es aus der Koalition.

DNN

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