Dresden. Sein Geistesblitz kam in der Nachspielzeit. Ahmet Arslan führte in der 93. Minute von Dynamo Dresdens Partie gegen Lübeck einen Freistoß schnell aus und hob den Ball gefühlvoll zu Jakob Lemmer, der ihn nur noch zum 7:2-Endstand einschieben musste. Erstes Heimspiel nach Arslans Rückkehr aus Magdeburg – und gleich der erste Scorerpunkt, der „Ahmo“ auf Anhieb die beste Quote aller Dynamos beschert, denn er kommt bislang nur auf insgesamt 57 Minuten Einsatzzeit.

Ahmet Arslan: „Wollte unbedingt noch meinen Stempel aufdrücken“

„Ich wollte unbedingt noch meinen Stempel aufdrücken. Ich bin bekannt dafür, dass ich score, Tore und Vorlagen mache. Wenn du nur eine kurze Zeit hast und spielst, kannst du entweder den Kopf in den Sand stecken und meckern, dass man nur 15 Minuten spielt, oder du versuchst, noch was zu beeinflussen. Das ist mein Naturell und ich bin froh, dass es geklappt hat“, sagte der 29-Jährige gegenüber Dynamo-TV, kurz nachdem er für den Schlussakkord dieser verrückten Begegnung gesorgt hatte.

„Natürlich hätte ich gern auch noch ein Tor geschossen, aber ich bin froh, dass mir so ein schöner Pass gelungen ist. Der Jakob (Lemmer, d. Red.) hat mir den einen oder anderen Ball in der letzten Saison aufgelegt, deswegen habe ich mich auch mal ein bisschen revanchiert“, freute sich der Drittliga-Torschützenkönig der vergangenen Spielzeit. Damals waren ihm in 36 Spielen stolze 25 Treffer für Dynamo gelungen, allein drei beim 7:1-Sieg gegen den Halleschen FC vor fast genau einem Jahr, am 4. Februar 2023.

„Der Geburtstag meiner Mama. Sie hat mir letzte Woche schon geschrieben, sie will wieder ein Tor haben, aber es müssen nicht drei sein wie gegen Halle“, wurden auch bei Ahmet Arslan Erinnerungen an Dynamos höchsten Punktspielsieg der Nachwendezeit wach. „Es hat letzte Woche leider nicht geklappt, da ist der Ball knapp am Tor vorbeigegangen. Ich bin einfach froh, dass wir diesmal gewonnen haben. Vielleicht nachträglich für meine Mutter eine Vorlage“, zeigte er sich glücklich, dass er ihr dieses Geschenk machen konnte.

Seine Familie war im Stadion dabei – und erlebte ein Wechselbad der Gefühle. Einerseits waren da die vielen Dynamofans, die Arslan bei seiner Einwechslung in der 78. Minute mit warmem Applaus empfingen. „Das war Gänsehaut. Für jeden einzelnen, der da geklatscht und meinen Namen gerufen hat: Vielen Dank! Genau deswegen bin ich so froh, wieder hier zu sein. Auf der anderen Seite genau das Gegenteil, aber darauf will ich eigentlich gar nicht eingehen“, so Arslan.

SGD-Trainer Markus Anfang (l.) gibt Ahmet Arslan kurz vor dessen Einwechslung noch ein paar Tipps und Anweisungen.

Quelle: dpa/Robert Michael

Gemeint ist ein unterirdisches Schmähbanner, das Lübecker „Fans“ während der Schlussphase der Partie im Gästeblock präsentierten: „Nicht nur der Mensch, auch der Sportler Ahmet Arslan ist ein Hurensohn“, war darauf zu lesen. Arslan blieb dennoch cool. „Das ist mein Ex-Club. Ich wünsch denen, dass sie in der Liga bleiben“, gab er den Hansestädtern mit auf die Heimreise. Arslan wuchs in Lübeck auf, schoss den VfB erst in die Regional-, dann in die 3. Liga, wechselte 2020 aber zum Erzrivalen Holstein Kiel.

Der harte Kern der Lübecker Anhängerschaft nimmt ihm dies offenbar bis heute übel. Als Arslan dann kurz vor Abpfiff das Siegtor vorbereitete, wurde im Rudolf-Harbig-Stadion demonstrativ nicht nur Torschütze Lemmer, sondern auch der Vorlagengeber gefeiert. Der prägte kurz darauf obendrein zur Gegensätzlichkeit beider Fanlager einen – naturwissenschaftlich fragwürdigen – Satz, der wohl als klassische Fußballerweisheit enden wird: „Da sind komplett zwei Parallelen aufeinandergetroffen!“ Auch so ein Geistesblitz.

DNN