Emotionen, Schminke und weibliche Verbissenheit

18.02.2008 | Stand 03.12.2020, 6:08 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Wie ein Gummiball hüpft Yvonne Semmler drei Mal in die Höhe, stemmt dabei drei Mal die Fäuste nach unten, reißt sie dann in die Höhe und stürzt in die Arme ihre Mannschaftskameradinnen. Die Stürmerin des ERC Ingolstadt ist völlig aus dem Häuschen, als sie nach 36 Sekunden das 1:0 für ihr Team erzielt, und noch mehr, als sie die Führung gut dreieinhalb Minuten später sogar auf 2:0 ausbaut. Es ist viel Emotion im Spiel, das ist bereits nach den ersten Szenen der Partie der Damen-Landesliga zwischen den Panthern und dem ESC Höchstadt zu spüren. Es geht in diesem Eishockeyspiel nicht nur darum, den Tabellenführer zu schlagen, was am Ende mit 6:4 auch gelingt, sondern nach einer eher mäßigen Spielzeit auch darum, an diesem Sonntag einen würdigen Saisonabschluss zu schaffen.

Zwar sind die Zeiten längst vorbei, als das Ingolstädter Damenteam zweistellige Niederlagen kassierte, doch mit Platz fünf sind die Wild Panthers auch nicht so recht zufrieden. Zumal die endgültige Platzierung von einem noch ausstehenden Spiel der Königsbrunner abhängt und sie einen weiteren Rang nach unten rutschen könnten. Schuld ist "wie immer in so einem Fall die Trainerin", sagt Christina Maier (Foto) und schmunzelt etwas gequält. Die 40-Jährige Trainerin der Ingolstädter weiß, dass ihr Team vor allem in den Schlussdritteln abbaut, eine Konditionssache. Und ein Blick auf die Trefferbilanz spricht ohnehin Bände. 31 Tore haben die Ingolstädterinnen erzielt, das sind nicht einmal halb so viele wie die 77 Treffer der Höchstädterinnen. Auch deshalb war die Freude über den Sieg so groß. An der Abwehr ist dagegen nichts zu mäkeln. Sie ist mit 39 Gegentreffern die viertbeste der Achterliga.

Zwei Spielklassen gibt es in Deutschland. Neben der übergreifenden Bundesliga gibt es in den jeweiligen Landesverbänden Landesligen. Dabei kommt, so Maier, der Aufstieg für ein Team wie Ingolstadt nicht in Frage. "Der zeitliche und finanzielle Aufwand wäre zu groß", sagt die ehemalige Bundesligaspielerin, die für Spiel und Training von Landshut aus nach Ingolstadt fährt: "Wir haben auch einige Schülerinnen dabei, die lernen müssen. Die können nicht das ganze Wochenende für das Eishockey unterwegs sein." Also kann die Motivation für die Ingolstädterinnen nur sein, in der Landesliga einen möglichst guten Platz einzunehmen.

Pässe ins Nirgendwo

Es ist allen klar, dass Dameneishockey reiner Hobbysport ist. Die Ausrüstung muss selbst bezahlt werden, teilweise sogar die Fahrten zu den Auswärts-spielen. Und auch auf dem Eis geht es eher gemütlich zu. Erst im sehenswerten zweiten Drittel haben die knapp 40 Zuschauer in der kleinen Eishalle in Ingolstadt das Gefühl, dass die Teams so richtig warm sind, und trotzdem landet so mancher wohlgemeinte Pass im Nirgendwo.

In der Panther-Sportsbar sitzen einige Fans des Profi-Teams, nebenher schauen ein paar durch die großen Glasflächen dem Spiel zu, nach dem ersten Drittel verlassen die meisten aber die Gaststätte.

Es ist ganz offensichtlich. Damen-Eishockey ist nichts für die große Öffentlichkeit, sondern ein Sport, den die Frauen, die zwischen 14 und 35 Jahre alt sind, ausüben, um Spaß zu haben. Was aber fasziniert Frauen daran, selbst zu spielen? Christina Maier braucht nicht lang überlegen. "Zum einen die Schwierigkeit, alles unter einen Hut zu bekommen. Die Koordination zwischen Schlittschuhlaufen, den Schläger zu beherrschen und zu schießen. Und außerdem kann man sich so richtig austoben"

Früher, erzählt sie, hat es noch mehr Spaß gemacht. Vor Jahren waren Checks noch erlaubt. Die wurden inzwischen aufgrund der großen Alters- und Gewichtsunterschiede zwischen den Spielerinnen verboten. Ein weiterer Unterschied, analysiert Maier, ist der, "dass Frauen verbissener spielen. Die geben nicht so schnell auf, wenn sie sich irgendwas in den Kopf setzen." Auch wenn sie, wie Mannschaftskapitänin Susanne Groma, geschminkt aufs Eis gehen. "Das ist heute Zufall, ich hatte eine VIP-Karte für die Profis", sagt sie etwas verlegen.

Ein neuer Coach

In der neuen Saison werden die ERC-Damen einen neuen Trainer bekommen. Christina Maier hört aus beruflichen Gründen auf, der Wunschkandidat als Nachfolger ist, so Susanne Groma, der Schwede Stef Jonson. Die ERC-Damen setzen große Hoffnungen auf ihn. So richtig Spaß macht Eishockey halt doch nur, wenn auch die Ergebnisse stimmen.