Vergessene Orte
Zwischen Jetzendorf und Alberzell sind viele Flurnamen heute nicht mehr geläufig

Unsere Serie: Vergangene Höfe, vergessene Fluren, alte Mühlen

22.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:42 Uhr

Die Gegend um Alberzell und weiter Richtung Jetzendorf ist eine anmutige Gegend: idyllische Bäche, die der Ilm zufließen, Waldabteilungen, die kleinen, grünen Tupfern gleichen und so dem weiten Feld-und Ackerland wohltuende Farbtöne schenken. Foto: Schalk

Von vielen Höfen im Landkreis Pfaffenhofen kennt man nur noch den Namen. Manche von ihnen wurden schon im 14. und 15. Jahrhundert aufgegeben, andere nach dem Dreißigjährige Krieg, wieder andere erst in jüngerer Zeit.

In einer Serie soll an abgegangene Höfe und ausgewählte alte Mühlen erinnert werden. Vor allem an solche, die Geschichten erzählen. Dabei wird auch auf Namen von Fluren eingegangen, die, weil sie nur noch auf historischen Karten verzeichnet sind, heute niemand mehr kennt. Die Gründe für das Verschwinden vieler Höfe sind vielfältig. Urkunden und Gerichtsakten, aber auch Wald- und Flurnamen künden noch von ihrer früheren Existenz. In der jüngsten Folge stand die Gegend von Steinkirchen und Lampertshausen im Mittelpunkt. Heute geht es weiter nach nach Jetzendorf und die Region um Gerolsbach.

Wer von Jetzendorf nach Petershausen gelangen will, muss durch das Kammerberger Holz. Vor seinen südlichen Ausläufern lag der „Pechberg“. Auf ihm lag das „Pecherlehen“, das Lehen eines Pechlers, der wie auf dem gleichnamigen Hof im Schindelhauser Forst Pech gewann, in dem er Harz von den Bäumen kratzte. Das Jetzendorfer Pecherlehen gehörte dem Kloster Indersdorf. Seit dem 16.Jahrhundert lesen wir nichts mehr von ihm. „Pech und Schwefel“ – da denkt man an die Hölle. Mag es da verwundern, dass die beim Pechberg liegende Waldabteilung „Höllholz“ genannt wird?

Den „Windhof“ gibt es schon lange nicht mehr



Ganz nahe bei Sollern trägt eine Flur den Namen „Schwöllgraben“. Der Namen deutet auf mittelhochdeutsch swellen (aufstauen) hin. Man staute Wasser, um Wiesen zu bewässern. Zwischen dem „Höllholz“ und dem „Schwöllgraben“ liegt die „Windlage“. Der Flurname ist heute ganz vergessen – so wie der „Windhof“, der mitten darin lag. 1746 wird er zum letzten Mal in einer Urkunde des Klosters Indersdorf genannt. Hof und Flur, eine sumpfige Wiese, waren kalten Winden besonders arg ausgesetzt.

Der einstige Gutshof Thalern im Süden von Jetzendorf blieb lange selbstständig. Er lag in einem Tal unterhalb des Schlosses. Bis ins 18.Jahrhundert hinein war er eine berühmte Schäferei. Auf alten Karten finden wir die Siedlung noch verzeichnet; nun ist sie schon lange in Jetzendorf aufgegangen. Der Flurname „Taler“ ist geblieben.

Die ganz in der Nähe liegende Einöde „Kräckelberg“ ist schon im 16.Jahrhundert aufgegeben worden, denn von da an finden wir keine Hinweise mehr auf sie. Der Name klingt originell. Er könnte auf einen Berg deuten, auf dem sich gerne Krähen aufhielten. Aber auch der Personenname „Crakilo“ wurde zur Erklärung heran gezogen. Als Flurname hat sich „Kräckelberg“ noch lange gehalten.

In einer Karte aus dem Jahre 1809 ist bei Jetzendorf, jenseits der Ilm, eine Flur mit dem Namen „Pottaschenofen“ vermerkt. Aus Pottasche gewinnt man ausgelaugtes alkalisches Salz, das in Eisentöpfen und Kupferkannen gesotten wird. Seifensieder und Tuchfärber nutzten es gerne. Nicht ganz auszuschließen ist, dass der Schreiber, bayerischer Mundart nicht kundig, „Potacken meinte. „Potacken“ ist ein altbairisches Wort für „Kartoffel“.

Die Flur „Bründling“ im Süden von Jetzendorf reicht schon nahe an Volkersdorf heran. Sie lässt uns an einen Brunnen oder eine sprudelnde Quelle denken. Vielleicht verbirgt sich in „Bründling“ aber auch ein Haus- oder Familienname.

In dieser Flur könnte der „Birnbaumhof“ gestanden sein. Als Besitzer werden genannt: Jakob Kramer (1451), Linhart Schuster (1474) und ein „Liendl zu Pirpawm“. 1783 gehört der Hof dem Jetzendorfer Schloss – aber da liegt er schon „völlig öde“. Sicher geht der Hofname auf einen prächtigen Birnbaum zurück.

Folgen wir nun zwei besonders schönen Straßenzügen des Landkreises: sie führen von Volkersdorf nach Alberzell und von Jetzendorf nach Gerolsbach. Es ist eine anmutige Gegend, die wir hier durchqueren: idyllische Bäche, die der Ilm zufließen, Waldabteilungen, die kleinen, grünen Tupfern gleichen und so dem weiten Feld- und Ackerland wohltuende Farbtöne schenken, Weiler und Einöden, die sich zwischen Hügeln verbergen oder – schon von weitem sichtbar – auf sie gesetzt sind. Verschwundene Höfe finden wir hier kaum, dafür aber Flurnamen, die auf neueren Karten nicht mehr verzeichnet sind.

Angenehmes Plätschern eines kleinen Bachs



Südlich von Hirschenhausen liegt die „Große Breite“(der Name ist heute noch geläufig). Darunter verstand man großes Ackerland, das dem reichsten Bauern im Dorf gehörte oder Teil von herrschaftlichem Grundbesitz war. Die „Große Breite“ endet beim kleinen „Gänshölzl“ – ein Wald, vor dem Gänse weideten: Vielleicht zeigten sich hier auch viele Wildgänse; vielleicht verweist der Name auf Abgaben, die für den Grundherr zu leisten waren. Im Süden der „Breite“ liegt das „Klingholz“. „Kling“ bedeutet „Talschlucht“. Man mag aber auch an einen Bach denken, dessen Plätschern angenehm „klingt“.

Zwischen Einsassen und Alberzell tragen Fluren Namen, an die sich heute kaum noch jemand erinnert: „Schmeissellauchfeld“, „Lichtgrund“ und „Wolfsgrund“. Beim „Schmeissellauchfeld“ könnte man an das „geschwollene“ (üppige) Feld eines „Schmeissel“ denken. „Lauch“ kann nach Schmeller auch „geschwollen“ bedeuten. Der „Lichtgrund“ kann eine Bodensenke sein, die nach Rodung „licht“ (kahl) wurde oder einem hell entgegen leuchtete; im „Wolfsgrund“ zeigten sich früher Wölfe, wenn er denn nicht auf einen Familien- oder Hausnamen verweist.