Immer sooo erschöpft und überreizt!

Immer sooo erschöpft und überreizt!
Menschen mit der Krankheit CFS sind oft schon von Kleinigkeiten stark erschöpft. Foto: Mariana Friedrich/dpa

Seit Corona ist häufiger die Rede vom Chronischen Fatigue Syndrom

Zähneputzen, ein Gespräch führen oder einer Schulstunde folgen: Das sind Dinge, die wir normalerweise locker schaffen. Für manche Menschen ist sowas aber superanstrengend. Sie sind danach völlig erschöpft!

Dahinter steckt eine geheimnisvolle Krankheit mit einem langen Namen: Myalgische Enzephalomyelitis oder auch Chronisches Fatigue Syndrom. Chronisch bedeutet lange andauernd. Das Wort Fatigue steht für Müdigkeit.

Der Akku ist schnell leer

Allein in Deutschland leben etwa 40 000 Kinder und Jugendliche mit dieser Krankheit, die abgekürzt ME/CFS genannt wird. Sie ist also nicht so selten.

Die Krankheit wird auch oft Müdigkeitssyndrom genannt. Foto: Lea Aring/mecfs/dpa

Um die Krankheit besser zu verstehen, kannst du dir das Ganze vorstellen wie bei einem Akku. Der Energievorrat der Menschen, die am CFS erkranken, ist extrem schnell leer. Ihr Akku kann auch nur sehr, sehr langsam wieder aufgeladen werden. Deshalb wird die Krankheit auch oft Müdigkeitssyndrom genannt. „Aber müde zu sein, trifft die Situation der Betroffenen gar nicht“, erklärt Herbert Renz-Polster. Er ist Kinderarzt und Wissenschaftler und selbst an CFS erkrankt. „Müdigkeit ist etwas Normales. Die Fatigue bei CFS fühlt sich so an, als sei man gleichzeitig sehr erschöpft und komplett überreizt. Wie ein Tier auf der Flucht, das aber keine Energie mehr zum Laufen hat.“

Herr Renz-Polster erklärt: „Normalerweise funktioniert die Steuerung unseres Körpers wie eine Wippe: Entweder wir bringen Leistung, rennen und tun Dinge. Oder aber wir ruhen aus. Beim CFS funktioniert diese Wippe nicht.“ Das ist dann so anstrengend, dass der Körper kaum Energie übrig hat.

Reize werden zur Qual

Für die Patientinnen und Patienten bedeutet das: Sie können oft tagelang nicht aufstehen, haben Schmerzen und sind erschöpft. „Reize, die uns gar nicht stören, werden für diese Menschen zur Qual“, sagt Herbert Renz-Polster. Geräusche, Licht und Gerüche überfordern bei ihnen das Gehirn. Die Erkrankung entsteht häufig nach einer Infektion. Das kann etwa eine Grippe sein oder möglicherweise Covid-19, also Corona.

„Bei Kindern ist es wahrscheinlicher, dass die Krankheit nach und nach verschwindet“, sagt Herbert Renz-Polster. Das kann allerdings bis zu 15 Jahre dauern. „Kinder verpassen dann einen großen Teil ihrer Entwicklung.“

Der Arzt Herbert Renz-Polster kennt sich aus mit der Krankheit, die Menschen wahnsinnig erschöpft macht. Foto: Kösel Verlag/dpa

Deshalb ist sei so wichtig, dass besser erforscht wird, woher die Krankheit kommt und wie man sie behandeln oder sogar heilen kann. Bisher hilft den Betroffenen nur: dass sie lernen, wie viel Energie sie haben und dass sie ihren Akku nicht zu sehr entladen.

Schwer zu erkennen

Diese Krankheit ist schwer zu erkennen. Denn die Anzeichen dafür sind nicht so eindeutig wie bei vielen anderen Erkrankungen.

Deshalb wurde das Chronische Fatigue Syndrom lange Zeit von Ärzten und Ärztinnen nicht als eigene Krankheit anerkannt. Die Beschwerden der Betroffenen wie Erschöpfung, Kraftlosigkeit, Schmerzen können auf verschiedene Erkrankungen hinweisen.

„Deshalb müssen Ärzte zuerst andere Krankheiten ausschließen, die ähnliche Symptome verursachen“, erklärt der Arzt Herbert Renz-Polster. Es soll also geklärt werden, dass nicht zum Beispiel eine Erkrankung eines bestimmten Organs die Ursache der Probleme ist. Weil das so schwierig ist, bekommen Menschen mit Erschöpfungssyndrom nicht immer schnell die richtige Hilfe. Manchen wurde sogar erst mal gesagt, sie würden sich nur einbilden, krank zu sein.

Von Mariana Friedrich, dpa