Feuergefährdete Betriebsstätten: Einstufungskriterien

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Lagerräume wie Silos gehören zu den feuergefährdeten Betriebsstätten
Lagerräume wie Silos gehören zu den feuergefährdeten Betriebsstätten (Bildquelle: Meinzahn/iStock/Thinkstock)

Kann der mögliche Kontakt von leicht entzündlichen Stoffen, Stäuben, Gasen oder Flüssigkeiten in gefahrdrohender Menge mit elektrischen Betriebsmitteln nicht sicher ausgeschlossen werden, so sind die drei wichtigsten Kriterien für die Einstufung als feuergefährdete Betriebsstätte erfüllt. In diesem Fall sollte die Elektrofachkraft mit dem Auftraggeber bzw. Betreiber den Status des Raums oder Bereichs abklären, damit die Anforderungen für Elektroinstallationsarbeiten in feuergefährdeten Bereichen erfüllt werden können und einem potenziellen Brandereignis vorgebeugt werden kann.

Die feuergefährdete Betriebsstätte

Bei einer feuergefährdeten Betriebsstätte handelt es sich um Bereiche im Freien oder innerhalb von Räumen, in denen eine Brandgefahr durch die Verarbeitung oder Lagerung der Materialien entstehen kann. Diese Brandgefahr kann sowohl durch die Materialien selbst (z.B. brennbare Materialien wie Papier oder Holz) als auch durch die Ansammlung von Staub oder Ähnlichem entstehen (z.B. Kohle-, Textil- oder Holzstaub). Eine besondere Brandgefahr besteht immer dann, wenn diese Materialien leicht entzündlich sind. Aber nicht nur die Stoffe selbst, sondern auch deren Stäube oder Fasern sowie brennbare Gase und entzündliche Flüssigkeiten bergen besondere Feuergefahren.

Leicht entzündliche Stoffe

Als leicht entzündlich gelten brennbare Stoffe, die selbstständig weiterbrennen oder -glimmen nachdem sie maximal zehn Sekunden der Flamme eines Zündholzes ausgesetzt waren.

Lacke und Lösemittel sind leicht entzündliche Materialien
Abb. 1: Lacke und Lösemittel sind leicht entzündliche Materialien (Bildquelle: Don Stevenson/Hemera/Thinkstock)

Typische Beispiele für diese leicht entzündlichen Materialien sind:

  • Heu
  • Stroh
  • lose Holzwolle
  • Mehl
  • Hobelspäne
  • loses Papier
  • Kunststoffe
  • Lacke
  • Lösungsmittel
  • Öle

Gefahrdrohende Mengen

Nicht nur das Vorhandensein der Stoffe selbst, sondern auch deren Mengen bergen Risiken. Je mehr leicht entzündliche Stoffe vorhanden sind, desto schneller kann sich ein Brandereignis ausbreiten. Dieser Zusammenhang wird auch als "gefahrdrohende Menge" bezeichnet. Anders ausgedrückt: sind leicht entzündliche Materialien in so großer Anzahl oder Menge vorhanden, dass diese für eine schnelle Brandausbreitung sorgen würden, so wird dies als gefahrdrohende Menge von leicht entzündlichen Stoffen bezeichnet. Für die Einstufung als gefahrdrohende Menge spielen auch Aspekte wie die Verteilung innerhalb des Raums oder des Bereichs sowie die zu erwartende Brandausbreitungsgeschwindigkeit eine nicht zu vernachlässigende Rolle.

Leicht entzündliche Stoffe und Kontakt zu elektrischen Betriebsmitteln

Nähern sich leicht entzündliche Stoffe in einer gefahrdrohenden Menge den elektrischen Betriebsmitteln, so können diese Materialien aufgrund von erhöhten Temperaturen, wie sie z.B. beim Betrieb oder Fehlerfall an elektrischen Betriebsmitteln auftreten können, entzünden. Diese Annäherung kann z.B. durch das ungewollte Eindringen von Staub oder Fasern in die elektrischen Betriebsmittel oder die Lagerung von Materialien in der Nähe oder unterhalb von elektrischen Betriebsmitteln gegeben sein. Ein typisches Beispiel für eine ungewollte Annäherung ist das Platzen eines heißen Leuchtmittels (z.B. Leuchtstofflampe oder HQL-Leuchte), welches auf darunter gelagertes leicht entzündliches Material fällt. Aber auch die Wärmeabstrahlung von elektrischen Betriebsmitteln in der Nähe von leicht entzündlichen Werkstoffen ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen.

Gleichzustellende Risiken

Im Zusammenhang mit feuergefährdeten Betriebsstätten taucht oft auch der Begriff "gleichzustellende Risiken" auf. Ein Blick in die Richtlinien des Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) zeigt, dass dies z.B. Gebäude, Räume, Orte sowie Stellen in Räumen oder im Freien mit unwiderbringlichen Kulturgütern sind (vgl. VdS 2033).

Schlösser und Denkmäler gelten als unwiderbringliche Kulturgüter
Abb. 2: Schlösser und Denkmäler gelten als unwiderbringliche Kulturgüter (Bildquelle: Alexander Hassenstein/DigitalVision/Thinkstock)

Typische Beispiele für unwiderbringliche Kulturgüter sind:

  • Museen, Burgen und Schlösser
  • Galerien, Ausstellungen und Kunsthallen
  • Archive und Bibliotheken
  • Baudenkmäler

Außerdem gehören Bereiche mit einer erhöhten Sachwertgefährdung ebenso dazu, wie Bereiche mit einem erhöhtem Risiko aufgrund von Betriebsunterbrechung infolge eines Feuers.

Als Beispiele können hier angeführt werden:

  • Leitwarten von Industriebetrieben
  • Kauf- und Versandhäuser
  • Lager- und Kühlhäuser
  • große Bahnhöfe und Flughäfen
  • Rechenzentren und Serverfarmen
  • Steril- und Reinsträume

Ob es sich um ein gleichzustellendes Risiko aufgrund von erhöhter Sachwertgefährdung oder Betriebsunterbrechung handelt, wird im Allgemeinen durch eine fallbezogene Risikobetrachtung zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer festgelegt.

Einstufung als feuergefährdete Betriebsstätte

Bei der Einstufung als feuergefährdete Betriebsstätte kann die VdS-Richtlinie 2033 der Elektrofachkraft ebenfalls weiterhelfen. Sie enthält zur Grobeinstufung im Anhang eine Tabelle (Tabelle 1) mit Beispielen für feuergefährdete Betriebsstätten und den darin vorkommenden brennbaren Materialien. Sollte die Elektrofachkraft in einem der dort beispielhaft aufgeführten Bereiche Elektroinstallationsarbeiten ausführen, so ist es dringend angeraten mit dem Betreiber vor Beginn der Arbeiten abzuklären, ob es sich um eine feuergefährdete Betriebsstätte handelt. Dazu kann der Leitfaden im Anhang B der VdS 2033 genutzt werden. Dieser Leitfaden dient zur Abklärung der drei Kriterien

  • Vorhandensein von leicht entzündlichen Stoffen
  • Vorhandensein von gefahrdrohenden, nicht unerheblichen Mengen 
  • möglicher Kontakt mit elektrischen Betriebsmitteln
Kriterien für die Einstufung als feuergefährdete Betriebsstätte
Abb. 3: Kriterien für die Einstufung als feuergefährdete Betriebsstätte

Quellenangaben:

VdS 2033: Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. -GDV-, Berlin (Hrsg.); VdS Schadenverhütung GmbH, Köln (Hrsg.), VdS 2033: 2007-09 (06). Elektrische Anlagen in feuergefährdeten Betriebstätten und diesen gleichzustellende Risiken, Richtlinien zur Schadenverhütung

  • Autor:

    Dipl.-Ing. (FH) Christoph Schneppe, B.A.

    geschäftsführender Gesellschafter im Sachverständigenbüro Bluhm + Schneppe

    Christoph Schneppe

    Christoph Schneppe betreut als freiberuflicher Sachverständiger für Elektrotechnik den Schwerpunkt baurechtliche Prüfungen. Er ist VdS-anerkannter Sachverständiger zum Prüfen elektrischer Anlagen und staatlich anerkannter Sachverständiger (Prüfsachverständiger) für Sicherheitsbeleuchtungs-, Sicherheitsstromversorgungs-, Brandmelde- und Alarmierungsanlagen.

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Kommentare

Kommentar von Matthias Diesch |

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte in einer Kfz-Werkstatt, in dem Raum, in dem auch 4 Hebebühnen platziert sind, kein Lackierbetrieb, einen Schaltschrank mit Messeinrichtung installieren. Nun sagt mein Energieversorger, ich soll ausfindig machen, ob dieser Raum als explosionsgefährdet oder feuergefährdet eingestuft wird.
Können Sie mir hier weiterhelfen?

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