Rupe

Seuchenkolumne. Nachrichten aus der vervirten Welt 1093

Armin Thurnher
am 25.09.2023

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Rupert Murdoch Foto © Youtube via Financial Times

Falls Sie heute ein Striezel-Rezept erwarten, muss ich Sie enttäuschen. Es kommt aber irgendwann, ganz sicher, ich habe es ja im Falter-Maily angekündigt. Zuvor aber zu etwas Unappetitlichem, zu Rupert Murdoch.

Rupe, so nennt ihn die englischsprachige Publizistik, zumindest jener bessere Teil von ihr, der sich noch schnoddrige Respektlosigkeit gegen den Machthaber aller publizistischen Preisklassen erlauben kann; Rupert Murdoch, Unglücksfigur der Mediengeschichte des späten 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts;  Rupert Murdoch, Sargnagel der angelsächsischen Demokratien, Ermöglicher von Thatcher, Blair, Cameron, Johnson und Trump; Rupert Murdoch, Verbreiter von Lügen und Schändlichkeiten im größten Maßstab, ist abgetreten. Oder tat zumindest so, als wechsle er in die Rolle des emeritierten Vorsitzenden der Unglückskonzerne Fox und News.

Dieser Rollenwechsel des 92-jährigen Rupe wurde auch hierzulande berichtet. Die Rolle seiner Medien beim Hacken von Handys von Politikern und Opfern der eigenen Berichterstattung ist gerichtsnotorisch. Den Brexit förderte er und fand ihn „wonderful“. Der Irakkrieg gehört zu jenen Wahrheitsunternehmen, die er unterstützte.

Viele seiner neueren und älteren Schandtaten wurden publiziert; eine vollständige Liste ist unmöglich. Die US-amerikanische demokratische Öffentlichkeit hat Murdoch jedenfalls durch die aggressiven Wahrheitsverdreher von Fox News unterminiert. Fox unterstützte und propagierte die Lüge von der angeblich Trump gestohlenen Wahl und von den manipulierten Wahlmaschinen, bis die Klage einer Wahlmaschinenfirma Murdoch zwang, davon abzurücken und 800 Millionen Dollar in einem außergerichtlichen Vergleich zu bezahlen.

Murdoch ist ein Wegbereiter jener politischen Rechten, die mittlerweile in ganz Europa ihr Haupt erhebt. Naturgemäß war er kommerziell äußerst erfolgreich und wurde Multimilliardär. Sein ihm nachfolgender Sohn Lachlan gilt übrigens als noch reaktionärer als sein Vater.

Rupes Abschiedsmemo an seine Belegschaft ist in seiner kaltschnäuzigen Verlogenheit ein Dokument jener selbstbewussten Verlogenheit, die wir zähneknirschend jeden Tag an Boden gewinnen sehen. Anbiedernd und bedrohlich zugleich – hier ist es (Hervorhebungen – fett – von mir, Übersetzung von Deepl).

»Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ich schreibe Ihnen allen, um Ihnen mitzuteilen, dass ich mich entschlossen habe, in die Rolle des emeritierten Vorsitzenden von Fox and News zu wechseln.

In meinem gesamten Berufsleben habe ich mich täglich mit Neuigkeiten und Ideen beschäftigt, und das wird sich auch nicht ändern. Aber es ist an der Zeit, dass ich andere Aufgaben übernehme, weil ich weiß, dass wir wirklich talentierte Teams und mit Lachlan eine leidenschaftliche, prinzipientreue Führungspersönlichkeit haben, die alleiniger Vorsitzender beider Unternehmen werden wird.

Weder übermäßiger Stolz noch falsche Bescheidenheit sind bewundernswerte Eigenschaften. Aber ich bin wirklich stolz auf das, was wir im Laufe der Jahrzehnte gemeinsam erreicht haben, und ich verdanke viel meinen Kollegen, deren Beiträge zu unserem Erfolg außerhalb des Unternehmens nicht immer sichtbar waren, aber von mir sehr geschätzt werden. Ob die LKW-Fahrer, die unsere Zeitungen verteilen, die Reinigungskräfte, die sich abmühen, wenn wir das Büro verlassen haben, die Assistenten, die uns unterstützen, oder die Fachkräfte hinter den Kameras und den Computerprogrammen – ohne Ihr tägliches Engagement wären wir weniger erfolgreich und hätten weniger positive Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Unsere Unternehmen sind gesund, und ich bin es auch. Unsere Chancen übersteigen bei weitem unsere wirtschaftlichen Herausforderungen. Wir haben allen Grund, für die kommenden Jahre optimistisch zu sein – ich bin es auf jeden Fall und werde es auch bleiben, um an ihnen teilzunehmen. Aber der Kampf um die Meinungsfreiheit und letztlich um die Freiheit der Gedanken war noch nie so intensiv wie heute.

Mein Vater hat fest an die Freiheit geglaubt, und Lachlan ist dieser Sache absolut verpflichtet. Selbstsüchtige Bürokratien versuchen, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die ihre Herkunft und ihren Zweck in Frage stellen wollen.

Die Eliten verachten offen diejenigen, die nicht zu ihnen gehören.

Der größte Teil der Medien steckt mit diesen Eliten unter einer Decke und geht mit politischen Narrativen hausieren, anstatt der Wahrheit nachzugehen.

Unsere Unternehmen sind Gemeinschaften, und ich werde ein aktives Mitglied unserer Gemeinschaft sein. Ich werde unsere Sendungen mit einem kritischen Auge verfolgen, unsere Zeitungen, Websites und Bücher mit großem Interesse lesen und mich mit Gedanken, Ideen und Ratschlägen an Sie wenden. Wenn ich Ihre Länder und Unternehmen besuche, können Sie damit rechnen, mich am späten Freitagnachmittag im Büro anzutreffen.

Ich freue mich darauf, Sie zu sehen, wo auch immer Sie arbeiten und welche Verantwortung Sie tragen. Und ich fordere Sie auf, das Beste aus dieser großartigen Gelegenheit zu machen, die Welt, in der wir leben, zu verbessern.«

Ja, der Kampf um die Meinungsfreiheit und letztlich um die Freiheit der Gedanken war noch nie so intensiv wie heute. Und die Machthaber sind so zynisch und verlogen, wie sie immer waren. Nur vielleicht einen Hauch unverschämter. Passen Sie auf, dass Sie Freitagnachmittag noch im Büro sind! Das ist die Wahrheit.


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Was wir aus der Pandemie gelernt haben könnten: Distanz kann nicht schaden, halten Sie Ihre Impfungen up to date, Händewaschen ist nie falsch, benützen Sie Masken, wenn es sich empfiehlt, wenn Sie Symptome haben, versuchen sie Kontakte mit anderen zu vermeiden. Und bleiben Sie rücksichtsvoll.

Ihr Armin Thurnher   

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