Die Qualität von Prüfergebnissen sicherstellen

Die Österreichische Gesellschaft für Umweltsimulation (ÖGUS) versteht sich als österreichische Plattform für Erfahrungs- und Wissensaustausch auf dem Gebiet der anwendungsbedingten Alterung von Produkten und Materialien. Was sind die Ziele?

Interview: Die Qualität von Prüfergebnissen sicherstellen. Quelle:Sebastian Duda - Fotolia -

Bitte beschreiben Sie die Ziele und Strategie der ÖGUS.

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Dr. Stefan Daiser

Geschäftsführer ÖGUS

Dr. Stefan Daiser: Unsere Ziele sind einfach zu formulieren. Wir helfen unseren bestehenden und neuen ÖGUS Mitgliedern, ihr Fachwissen im Bereich Umweltsimulation zu erweitern. Wir bieten konkrete Auskünfte auf wissenschaftlichen und technischen Gebieten durch Nutzung unseres ÖGUS Netzwerkes an. Innerhalb der ÖGUS pflegen wir den offenen Erfahrungsaustausch und knüpfen wichtige Geschäftsbeziehungen für die Zukunft. Wir verstehen uns innerhalb der ÖGUS auch als Kollegenkreis, nicht als Verband, in dem das Vertrauen zum offenen Gespräch Vorrang hat. Dies bedingt natürlich persönliche Integrität sowie individuelles und fachliches Engagement, welche den Weg für unseren gemeinsamen Erfolg ebnen.

Die ÖGUS verfolgt eine klare Wachstumsstrategie. Durch unser organisches Wachstum wollen wir der wichtigste Ansprechpartner in Österreich für alle Fragen rund um das Thema Umweltsimulation werden.

Inwiefern profitiert die Lackbranche durch die ÖGUS?

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Christian Breitwieser

Präsident ÖGUS

Christian Breitwieser: Die ÖGUS stellt für die Branche eine interessante Plattform zum fachlichen Meinungs- und Erfahrungsaustausch dar. Insbesondere im Arbeitskreis ´Lackierungen und Beschichtungen´ werden Fragen zu prüftechnischen Methoden – von der eigentlichen Durchführung bis hin zur Interpretation der Prüfergebnisse – sowie zur Vergleichbarkeit und Wiederholbarkeit von Prüfverfahren und zur Eignung von Prüfeinrichtungen (herstellerunabhängig) diskutiert. Die regelmäßigen ÖGUS-Fachtagungen bieten Vertretern der Farben- und Lackbranche auch die Möglichkeit, eigene Erfahrungen einem breiteren Fachpublikum vorzustellen und an Erkenntnissen anerkannter Fachleute teil zu haben. Die bisherigen Veranstaltungen waren durchwegs gut besucht, sodass ein erfolgreiches „Networking“ möglich war. Die Kombination mit Gerätepräsentationen teilnehmender Firmen ermöglichst zudem einen raschen und kompakten Überblick über Neuentwicklungen im Bereich der Prüftechnik.

Sehr interessant sind im Übrigen auch die im Rahmen der ÖGUS angebotenen Firmenschulungen zur Durchführung von Bewitterungsprüfungen, deren Auswertung und damit zusammenhängende Mess- und Prüfverfahren: Für Branchenmitglieder eine gute Möglichkeit, ihre Mitarbeiter kompetent und kostengünstig in diesem Bereich aus- bzw. weiterzubilden. Last but not least erlauben die ´Technical meetings´ der ÖGUS auch einen ´Blick hinter die Kulissen´ in Unternehmen anderer Branchen, eröffnen auf diese Weise die Möglichkeit branchenübergreifender Zusammenarbeit und können Ideen für die eigene Arbeit liefern.

Wo identifizieren Sie derzeit die größten Herausforderungen in der Umweltsimulation bezogen auf die Farben- und Lackindustrie?

Breitwieser: Bewitterungs-, Salzsprühnebel- oder Kondenswassertests sind vom Prinzip her relativ einfach durchzuführen – zahlreiche zuverlässige Prüfeinrichtungen befinden sich am Markt. Die Ergebnis-Interpretation ist dagegen nicht immer einfach: Viele Details im Prüfungsablauf haben großen Einfluss auf die Vergleichbarkeit von Prüfergebnissen. Nach wie vor stellt es daher eine große Herausforderung dar, entsprechendes fachliches Problembewusstsein in der Branche zu verankern.

Ein weiterer Aspekt: Moderne Beschichtungsstoffe zeigen in den üblichen Alterungstests sehr gute Beständigkeiten – eine Differenzierung erfordert meist sehr lange Prüfzeiten. Weil aber einer weiteren Zeitraffung durch schärfere Prüfbedingungen oft Grenzen gesetzt sind, kommt der Früherkennung von Alterungserscheinungen steigende Bedeutung zu. Ansätze hierfür (z.B. zerstörungsfreie Charakterisierungsverfahren) sind zwar vorhanden, bedürfen aber in Bezug auf Aussagekraft und Praxistauglichkeit noch entsprechender Optimierung.

Nicht zuletzt wäre es in Zusammenhang mit Umweltsimulation auch interessant, der Frage nachzugehen, ob und ggf. wie die Auswirkungen von Materialien auf die Umwelt in bestehende Umweltssimulationsverfahren integriert werden können. Speziell im Umfeld der Diskussion rund um den Einsatz von Nanopartikeln bzw. deren Freisetzung wäre dies eine durchaus interessante Aufgabenstellung.

Wo besteht aus Ihrer Sicht akuter Handlungsbedarf?

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Tanja Helmling

Leiterin des ÖGUS Arbeitskreises „Lackierungen und Beschichtungen“

Tanja Helmling: Immer wieder wird der Wunsch nach schnelleren und präziseren Prüfungen geäußert. Trotz der bereits erwähnten möglichen Einschränkungen stehen dafür im Bereich der Bewitterung neue Technologien zur Anwendung höherer Bestrahlungsstärken – sowohl im Labor als auch in der Freibewitterung – zur Verfügung. Deren Nutzung führt zu erheblicher Zeit- und Kostenersparnis und erhöht den Probendurchsatz signifikant. Selbstverständlich ist hierbei die technische Validität, insbesondere die Gültigkeit der Reziprozität, im Einzelfall zu prüfen.

Anwender fordern außerdem seit Langem die technische Möglichkeit, alle Prüfparameter – also neben Bestrahlungsstärke und Schwarztemperatur z.B. auch die relative Feuchte und Lufttemperatur – auf Probenebene zu messen und zu regeln. Dies würde die Qualität der Prüfungen auf lange Sicht deutlich verbessern, zumal speziell im Lack- und Beschichtungsbereich dem Feuchteeinfluss oft viel zu wenig Bedeutung beigemessen wird.

Handlungsbedarf besteht auch in vielen Fällen bei der Weiterbildung der Anwender im Bereich Materialprüfung. Weiterbildungsangebote existieren bereits in verschiedener Form – ob technische Seminare, praxisorientierte Workshops, maßgeschneiderte In-House-Schulungen oder auch Webinare. Im Dienste einer verbesserten Prüfpraxis wäre es hilfreich, wenn diese Weiterbildungsangebote tatsächlich auch verstärkt genutzt würden.

ÖGUS und GUS, das Pendant in Deutschland, wollen künftig stärker zusammenarbeiten. Um welche Projekte kann es sich hierbei handeln?

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Dr. Dietmar Loidl

ÖGUS Geschäftsführer

Dr. Dietmar Loidl: Ein Aspekt, der unsere beiden Gesellschaften verbindet, sind die regelmäßig stattfindenden European Weathering Symposien (EWS), die seit dem Jahre 2003 von unserer deutschen Schwestergesellschaft GUS veranstaltet werden. Diese Symposien stellen eine Fortsetzung der sogen. ´Donauländergespräche´ dar, welche bis zum Jahre 1999 vom ÖGUS Gründungsmitglied OFI organisiert wurden.

Im Herbst 2017 (20.-22.9.2017) wird das 8. EWS anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Donauländergespräche in Wien stattfinden – die Themenbereiche sind künstliche Bewitterung von polymeren Materialien (inbes. Kunststoffen und Beschichtungen), Einfluss / Auswirkung von klimatischen Bedingungen auf Produkte und Materialien, neue Testmethoden und Prüfeinrichtungen, neue Analysemethoden für Ermittlung von Produkt-bzw. Materialalterung sowie Lebensdauervorhersage für Produkte und Materialien

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Dr. Leopold Kranner

ÖGUS Geschäftsführer

Dr. Leopold Kranner: Ein weiterer Aspekt: Der ÖGUS Arbeitskreis ´Lackierungen & Beschichtungen´ hat vor kurzem das Thema „Prüfdesign“ in sein Arbeitsprogramm aufgenommen – also die Umsetzung einer Fragestellung bezüglich anwendungsspezifischer Produktalterung in ein konkretes Prüfprogramm, welches möglichst rasch eine Antwort auf diese Fragestellung geben kann. Eine entsprechende Fachtagung ist derzeit für Frühjahr 2018 geplant – die konkrete Programmgestaltung mit Einbindung von Referenten aus ÖGUS Schwestergesellschaften wird Aufgabe der nächsten (wenigen) Monate sein.

Last but not least streben die innerhalb der CEEES tätigen Organisationen – also auch ÖGUS und GUS – die Einreichung gemeinsamer europäischer Forschungsprojekte im Bereich der Umweltsimulation an: Kein leichtes Unterfangen, müssen die Themenstellungen doch mit bestehenden Inhalten europäischer Forschungsprogramme (z.B. H2020) korrelieren und interessierte Firmenpartner zur (Co-)Finanzierung der nicht geförderten Eigenmittel gefunden werden.

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