„Erfüllungsgehilfen einer Diktatur“: Aktive FC Bayern-Fans äußern sich

Nachdem das Regionalliga Bayern-Spiel zwischen Türkgücü München und dem FC Bayern München II abgebrochen wurde und es zu einem umstrittenen Polizeieinsatz gegen Gästefans kam, meldeten sich nun sowohl die aktiven FC Bayern-Fans, als auch die Polizei München zu Wort.

Der Club Nr. 12, in dem die aktiven Fans des deutschen Rekordmeisters organisiert sind, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Polizei, die „Pfefferspray wahllos mitten in den Block gesprüht“ habe: „Wir finden es äußerst fragwürdig, aber leider nicht überraschend, dass sich die bayerische Polizei zum Erfüllungsgehilfen einer Diktatur macht, deren langer Arm offensichtlich bis nach München reicht und sich bereits von dem Wort Kurdistan derart provozieren lässt. Wir sind von den Szenen von Polizeigewalt die sich in Heimstetten abgespielt haben, schockiert“, so das Statement des Club Nr. 12.

Die Polizei ging gewaltsam mit Pfefferspray und Schlagstock gegen FC Bayern-Fans vor und entferne die Fahne.
Die Polizei ging gewaltsam mit Pfefferspray und Schlagstock gegen FC Bayern-Fans vor und entferne die Fahne. Bild: grummelgru

Der FC Bayern erklärte zu dem Spielabbruch, dass die „FC Bayern Fan-Club Kurdistan“-Fahne nicht angemeldet gewesen sei. „Wir verwehren uns dagegen, dass auch durch unseren eigenen Verein eine Darstellung in den Medien verbreitet wird, das Problem der Eskalation sei gewesen, dass die Fahne nicht angemeldet war. Das Problem der Eskalation war ausschließlich die maßlose und unverhältnismäßige Polizeigewalt, sowie ein fragwürdiges Verständnis von Demokratie und Meinungsfreiheit bei den Verantwortlichen beider Vereine“, kritisiert der Club Nr. 12 diese Darstellung des FC Bayern.

Die Polizei meldete sich ebenfalls zu den Vorfällen zu Wort. Demnach habe Türkgücü München das Zeigen der „FC Bayern Fan-Club Kurdistan“-Fahne nicht geduldet. (Faszination Fankurve, 20.11.2022)

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme des Club Nr. 12:

Vorkommnisse beim Spiel Türkgücü München - Bayern Amateure

Die Bundesliga ist dieses Jahr wegen der WM in Katar sehr früh in die Winterpause gegangen, aber bei den Amateuren rollt der Ball weiterhin. Gestern Nachmittag waren die Bayern Amateure zu Gast in Heimstetten bei Türkgücü München.

Kurz vor Spielbeginn hingen die Bayernfans ihre Zaunfahnen auf, darunter befand sich eine Fahne mit der Aufschrift „FC Bayern Fanclub Kurdistan“ (die nicht zum ersten Mal bei einem Spiel der Bayern Amateure hing).

Die Bayernfans sind dafür bekannt, sich auch über den eigenen Tellerrand hinaus gesellschaftspolitisch zu äußern und zu engagieren, auch bei Themen, die kontrovers sind.

Die Fahne ist dabei als Statement von einigen Fans gegen von ihnen als Missstände in der Türkei wahrgenommenen Zustände zu verstehen, wie Rassismus gegen Kurden und Kurdinnen, eingeschränkte Meinungsfreiheit und politische Verfolgung.

Die entsprechende Fahne war aber weder beleidigend noch beinhaltete sie strafrechtlich relevante Symbolik.

Offensichtlich fühlten sich aber Vertreter von Türkgücü von der Fahne angegriffen. Spieler und Offizielle verließen den Rasen nach wenigen Minuten wieder und das Spiel wurde zunächst unterbrochen.

Ordner von Türkgücü forderten die Herausgabe der Fahne. Nach ihrer Aussage dürften bei einem Fußballspiel zwischen zwei Münchner Vereinen keine Fahne eines Fanclubs aus Kurdistan hängen. Nachdem die Bayernfans dieser Aufforderung nicht nachkamen, bauten sich ca. 30 behelmte Polizisten unmittelbar vor den Bayernfans auf. Zu diesem Zeitpunkt war die Fahne bereits nicht mehr sichtbar. Trotzdem forderten Verantwortliche von Türkgücü, dass die Fahne, auch wenn sie nicht gezeigt wird, nicht im Stadion sein darf.

Ca. 25 Minuten später entschied sich die Polizei, die Fahne durch Zwang sicherzustellen. Dabei kam es zu einem unverhältnismäßigen und extrem gewalttätigen Polizeieinsatz, obwohl eine Weiterführung des Spiels zu diesem Zeitpunkt bereits überhaupt nicht mehr in Aussicht stand und es keinerlei Provokation seitens der Bayernfans gab.

Von zwei Seiten drang Bereitschaftspolizei in den Fanblock ein, um die Fahne zu entfernen.

Pfefferspray wurde wahllos mitten in den Block gesprüht und anschließend wurde auf alle in den unteren Reihen stehenden Fans eingeprügelt. Auch auf bereits wehrlos am Boden liegende Personen wurde weiterhin eingeschlagen.

Bei dem Polizeieinsatz kamen durch Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray viele Bayernfans, darunter auch Kinder, zu Schaden. Ein 11-jähriger Junge musste mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gefahren werden. Dazu mussten noch weitere Fans vor Ort oder im Nachgang sogar ebenfalls im Krankenhaus medizinisch versorgt werden.

Wir wünschen an dieser Stelle allen Betroffenen gute Besserung.

Solltet ihr bei den Vorfällen verletzt worden sein, könnt ihr uns gerne schreiben. Soweit ihr juristische Schritte erwägt, könnt ihr auf unsere volle Unterstützung setzen. Falls ihr Film- und Fotomaterial zu den Vorfällen habt raten wir euch, dieses auch außerhalb eurer Mobiltelefone zu sichern.

Wir finden es äußerst fragwürdig, aber leider nicht überraschend, dass sich die bayerische Polizei zum Erfüllungsgehilfen einer Diktatur macht, deren langer Arm offensichtlich bis nach München reicht und sich bereits von dem Wort Kurdistan derart provozieren lässt. Wir sind von den Szenen von Polizeigewalt die sich in Heimstetten abgespielt haben, schockiert.

Wir verwehren uns dagegen, dass auch durch unseren eigenen Verein eine Darstellung in den Medien verbreitet wird, das Problem der Eskalation sei gewesen, dass die Fahne nicht angemeldet war. Das Problem der Eskalation war ausschließlich die maßlose und unverhältnismäßige Polizeigewalt, sowie ein fragwürdiges Verständnis von Demokratie und Meinungsfreiheit bei den Verantwortlichen beider Vereine.

Die Stellungnahme der bayrischen Polizei zu den Vorfällen in Heimstetten:

Polizeieinsatz bei Fußballspiel – Heimstetten

Am Samstag, 19.11.2022, um 14:00 Uhr, fand in der Regionalliga Bayern das Fußballspiel zwischen Türkgücü München und der zweiten Mannschaft des FC Bayern München im Stadion in Heimstetten statt.

Im Stadion waren zu Spielbeginn circa 500 Zuschauer, davon 150 Gast-Fans. Unmittelbar nach dem Anpfiff wurde an der Bande der Gegengerade im Fanblock des FC Bayern München ein etwa sieben Meter langes Banner mit der Aufschrift „FC Bayern Fan Club Kurdistan“ präsentiert.

Die Nutzung dieses Banners im Heimstettener Stadion wurde durch die Gastmannschaft Türkgücü München als Veranstalter bereits im Vorfeld ausdrücklich untersagt. Der Grund hierfür liegt in dem am Sonntag, 13.11.2022, stattgefundenen Anschlag in Istanbul, der laut türkischer Regierung einen kurdischen Hintergrund hat.

Aufgrund des Ausrollens des Banners kam es unmittelbar zu lautstarken und sehr emotionalen Reaktionen auf Seiten der Fans von Türkgücü München. Nun traten die eingesetzten Ordner an den Fanblock des FC Bayern München heran, um hier das Banner zu entfernen. Diese Ordner wurden daraufhin aus dem Fanblock heraus unmittelbar gewaltsam durch Schläge attackiert. Aufgrund dieses Übergriffes wurden nun Einsatzkräfte der Polizei an den dortigen Fanblock herangeführt.

Das Banner wurde in der Folge von den Fans zusammengerafft und von mehreren Personen festgehalten. Der Schiedsrichter unterbrach das Spiel und schickte schließlich auch die Spieler in die Kabinen.

Da der Veranstalter Türkgücü München das Banner während des Spiels auch weiterhin nicht dulden wollte, wurde von Seiten der Polizei entschieden, vor allem um eine weitere Eskalation zu vermeiden, dass das Banner aus dem Stadion gebracht werden muss. Im weiteren Verlauf wurde deshalb versucht, dieses Problem kommunikativ zu lösen. Diese Versuche blieben jedoch erfolglos, so dass letztendlich von Seiten der Polizei unmittelbarer Zwang angedroht wurde. Auch dies änderte aber nichts an der Einstellung des betreffenden Fanblockes.

Da eine weitere Eskalation zwischen den Fanlagern unvermeidbar gewesen wäre, wurde nun entschieden, das Banner mit einem polizeilichen Zugriff zu entfernen. Hier kam es dann in der Folge zu einer massiven Gegenwehr der betreffenden Fans des FC Bayern München, so dass von den polizeilichen Einsatzkräften sowohl Pfefferspray als auch der Schlagstock eingesetzt werden mussten.

Das Banner konnte schließlich sichergestellt werden. Nach dem bisherigen Erkenntnisstand wurden bei diesem Zugriff neun Personen aus dem Fanlager des FC Bayern München und zehn Polizeibeamte verletzt.

In der weiteren Folge wurde das Spiel nun durch den Schiedsrichter abgebrochen. Die Fans wurden anschließend getrennt aus dem Stadion durch polizeiliche Einsatzkräfte begleitet. Hier kam es dann im Anschluss zu keinen weiteren Eskalationen mehr.

Die weiteren polizeilichen Ermittlungen werden hier nun wegen Körperverletzung, Landfriedensbruch und Sachbeschädigung geführt. Hierzu wird die weitere Sachbearbeitung von der Münchner Kriminalpolizei übernommen.

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