Frauen um Stefan George :
Die Kasteiten und Eingeweihten

Von Ingeborg Harms
Lesezeit: 6 Min.
Pflegeschwester, Gesellschaftsdame, Stubengelehrte: Die Frauen um Stefan George hatten zahlreiche Rollen. Ein differenzierter Essayband porträtiert die Begleiterinnen des Dichters zwischen Selbstaufgabe und Revolte.

Die „Frauen um Stefan George“ überschriebene Aufsatzsammlung ist klug aufgebaut. Am Anfang steht Ernst Osterkamps Werkanalyse, die an der strukturellen Misogynie des Dichters nicht den Funken eines Zweifels lässt. Verpackt in den hohen Ton seiner Privatmythologie, wird die moderne, Ehe, Haushalt und Kinder scheuende Frau so erbarmungslos exekutiert, wie es Osterkamp mit Georges Versen tut. Am Schluss des Bandes jedoch steht Maik Bozzas Würdigung der Romanistin Clotilde Schlayer, die George am Ende seines Lebens nahestand und sich gemeinsam mit ihrem Mann neben dem Dichter begraben ließ. „Kommen Sie mal her - jetzt werden Sie eingeweiht - das dürfen sonst nur Männer“, habe der Dichter sie wissen lassen und ihr vorgeführt, wie man sein Bett herrichtet. Die Ironie wird beidseitig gepflegt. Schelmenhaft-spitzbübisch, wie Schlayer in Briefen fein notiert, „verhandelt George mit ihr ausdrücklich die untergeordnete Rolle der Frau im sozialen Denken und Handeln seines Kreises“ und lässt wissen, dass „man“, worin sich im gemeinsamen Sprachgebrauch er selbst verbirgt, „eine einzelne Frau manchmal sehr gern“ dabeihabe, „das ergäbe eine besondere Note“.

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