Großbritannien :
Gepanschtes Benzin

Von Claudia Bröll, London
Lesezeit: 2 Min.
Gepanschter Sprit? Viele Briten gehen derzeit nicht gerne tanken
Die Wagen stotterten, wurden langsamer oder blieben ganz stehen. Im Benzin britischer Supermärkte soll Silikon enthalten sein, das den Motoren zu schaffen macht. Verbraucherschützer versuchen, gegen die Supermarktketten vorzugehen.

Das „Känguru-Benzin-Syndrom“ ist bisher allenfalls Automechanikern ein Begriff gewesen. In Großbritannien kennt es mittlerweile jeder. Tausende Autofahrer mussten in den vergangenen Wochen die Werkstätten des Landes ansteuern, weil ihre Wagen stotterten, langsamer wurden oder gleich ganz stehen blieben. Besonders betroffen waren Autobesitzer im Südosten der Insel, die an Zapfsäulen von Supermärkten getankt hatten.

Beim Automobilklub AA standen die Telefone nicht mehr still. Als die Probleme bekannt wurden, berichteten sogar Autofahrer aus dem Norden des Landes und aus Nordirland von Pannen. Angeblich soll das gepanschte Benzin aus dem Süden auch dafür verantwortlich gewesen sein.

„Eine Woche lang spuckte und ruckelte er“

„Als ich nach dem Tanken nach Hause fuhr, lief der Motor nicht mehr rund. Eine ganze Woche lang spuckte er und ruckelte“, erzählte Renault-Clio-Fahrerin Sanjay Mistry, die ungeduldig auf die Reparatur wartet. Doch in den britischen Autowerkstätten herrscht derzeit Betrieb wie in Arztpraxen während einer Grippe-Epidemie. Vielerorts standen mehrere Dutzend kaputte Fahrzeuge auf dem Hof. Ersatzteile wurden knapp. Einige Werkstätten mussten aus dem Ausland Teile bestellen.

Fachleute schätzen, dass sich womöglich während des Transports zum Supermarkt oder durch einen defekten Tank flüssiges Silikon in den Treibstoff gemischt hat. Dieses setzt den Sauerstoffsensoren im Auspuff zu. Der erste Verdacht, dass Wasser oder Äthanol in das Benzin geraten sei, hat sich als falsch erwiesen. Derzeit werden 30 Benzintanks des Supermarktlieferanten Greenergy in Essex untersucht.

Supermärkte weisen Schuld von sich

Die Autofahrer reagierten entrüstet. Zwischen 300 und 1500 Euro kosten die Reparaturen. „Ich musste 220 Pfund bezahlen, mein Auto ist immer noch in der Werkstatt, weil sie auf Ersatzteile warten, und ich muss meinen Sohn in die Kindertagesstätte bringen. Wenn es die Schuld des Supermarkts war, will ich mein Geld zurück“, beschwerte sich eine Autofahrerin in der BBC.

Verbraucherschützer rieten, Benzinrechnungen aufzubewahren, um das Geld von den Supermarktketten zurückzufordern. Diese haben bisher alle Schuld von sich gewiesen. Fachleute hätten bisher keine Anzeichen für Verschmutzung gefunden. Tesco-Supermärkte bieten derweil weiter Benzin an - allerdings interessiert sich dafür kaum jemand mehr.