Amtseinführung in Buenos Aires :
Milei vergleicht seine Wahl mit dem Fall der Berliner Mauer

Von Tjerk Brühwiller, São Paulo
Lesezeit: 3 Min.
Der Präsident und seine Schwester: Javier und Karina Milei in den Straßen von Buenos Aires
Am Tag seiner Amtseinführung sucht der neue argentinische Präsident die Nähe seiner Anhänger – und zu Rechtspopulisten wie Viktor Orbán und Jair Bolsonaro.

Der libertäre Ökonom Javier Milei ist am Sonntag zum Präsidenten Argentiniens erklärt worden. Kurz vor Mittag schwor Milei den Eid im Kongress in der Hauptstadt Buenos Aires. „Libertad! Libertad!“ hallte es durch den völlig überfüllten Saal, als der scheidende Präsident Alberto Fernández seinem Nachfolger die Präsidentenschärpe umhängte und ihm den Präsidentenstab übergab.

Die Vereidigung Mileis stellt einen radikalen politischen Richtungswechsel dar. Milei hat ein drastisches Sparprogramm und eine weitreichende Öffnung der Wirtschaft angekündigt, mit der er das krisengeschüttelte Land aus einer tiefen Krise mit mehr als 140 Prozent Jahresinflation und einer Armutsquote von gut 40 Prozent führen will.

Entgegen der Tradition hielt Milei seine Antrittsrede nicht im Kongress, sondern vor dem Gebäude, wo zahlreiche Anhänger auf ihn warteten. „Heute beenden wir eine lange und traurige Ära des Niedergangs und beginnen den langen Weg des Wiederaufbaus unseres Landes", sagte er. Argentinien habe sich für die Ideen der Freiheit entschieden und wolle eine Veränderung. Seine Rede war voller Verweise auf die Geschichte des Landes, das einst zu den reichsten Nationen der Welt zählte. Milei beschrieb seine Wahl als einen Bruchpunkt in der Geschichte Argentiniens, vergleichbar mit dem Fall der Berliner Mauer.

„Es lebe die Freiheit, verdammt!

Argentinien stehe vor einer großen Herausforderung, sagte Milei. Die scheidende Regierung habe das Land mit einer Hyperinflation zurückgelassen, und es sei seine oberste Priorität, alles zu tun, um eine Katastrophe zu vermeiden. Es gebe keine Alternative zu Sparmaßnahmen. Dies sei die letzte bittere Pille, die zu schlucken sei, bevor mit dem Wiederaufbau Argentiniens begonnen werden könne. „Gott segne die Argentinier, und mögen die Mächte des Himmels uns bei dieser Herausforderung begleiten“, schloss er. „Es wird schwierig sein, aber wir können es tun. Es lebe die Freiheit, verdammt!“, schrie er der Menschenmenge noch einmal seinen Slogan zu, der ihn durch die Kampagne begleitet hatte.

Nach der Vereidigung begab sich Milei in den Regierungspalast, die Casa Rosada. Entlang der Straßen von Buenos Aires jubelten dem neuen Präsidenten unzählige Anhänger mit argentinischen Flaggen und Bannern mit Mileis Löwensymbol zu. Später traf sich Milei mit den angereisten Staatsoberhäuptern, Regierungsvertretern und Ex-Präsidenten, die ihm die Ehre erweisen. Unter den Gästen waren auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der ungarische Premierminister Viktor Orbán sowie der frühere brasilianische Präsident Jair Bolsonaro, mit dem sich Milei blendend versteht. Bereits am Samstag hatte sich Milei mit Orbán getroffen. Dabei sollen die beiden über eine politische Zusammenarbeit diskutiert haben, um „den Kampf gegen die internationale Linke effektiver zu machen“, wie ein Berater Orbáns sagte.

Brasiliens amtierender Präsident Luiz Inácio Lula da Silva war nicht nach Buenos Aires gereist, sondern schickte seinen Außenminister. Milei hatte Lula während des Wahlkampfs wiederholt beschimpft, ihn dann nach gewonnener Wahl trotzdem eingeladen. Brasilien zählt zu den wichtigsten Handelspartnern Argentiniens. Anwesend waren überdies die Präsidenten Chiles, Uruguays, Paraguay und Ecuadors.

Später schwor Milei sein Kabinett ein. Mit dem neuen Wirtschaftsminister Luis Caputo und der Sicherheitsministerin Patricia Bullrich berief er zwei Minister, die bereits unter dem früheren Präsidenten Mauricio Macri Ministerposten innehatten. Die Nominierungen zeigen, dass Macri in der neuen Regierung im Hintergrund ein gewichtiges Wort mitreden und möglicherweise für eine gewisse Mäßigung sorgen wird.

Mileis Bündnis „Die Freiheit schreitet voran“ hat im Kongress nur eine geringe Anzahl Sitze. Um regieren zu können, ist der neue Präsident auf die Unterstützung des bisherigen konservativen Oppositionsbündnisses um Macri angewiesen, das nach der Wahl jedoch bröcklig geworden ist.