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Wussten die Briten vom drohenden Massaker am Tiananmen-Platz?

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Niedergewalzt: Panzerkolonnen sollen am Tag nach dem Massaker in Peking für Ruhe sorgen und weitere Proteste im Keim ersticken.
Die britische Regierung war schon Tage vor dem brutalen Vorgehen der chinesischen Armee über die Niederschlagung der Studentenproteste in Peking informiert. Die Parteiführung sei zum Äußersten bereit, schrieb der Botschafter nach London.

Die britische Regierung wusste offenbar schon zehn Tage vor dem Tiananmen-Massaker vom geplanten Vorgehen der chinesischen Führung gegen protestierende Studenten. Wie ein jetzt ein veröffentlichtes Telegramm des damaligen britischen Botschafters Alan Ewen Donald in Peking zeigt, erhielt die britische Regierung am 20. Mai 1989 relativ genaue Kenntnis von den Plänen der Staats- und Parteiführung, die Demonstrationen gewaltsam durch den Einsatz von Militär zu beenden.

In seinem an Downing St. Number 10 adressierten Telegramm, dem Sitz der damaligen konservativen Premierministerin Margaret Thatcher, warnte Donald davor, dass es zu einer gewaltsamen Zerschlagung der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens kommen könnte. Das Telegramm wurde nun veröffentlicht und von der Margaret Thatcher Foundation online zugänglich gemacht.

Donald nimmt in dem Telegramm Bezug auf ein Gespräch, dass er mit einem Professor geführt hatte. Dieser habe den damaligen chinesischen Führer Deng Xiaoping mit dem Satz zitiert: „Zweihundert Tote könnten China 20 Jahre Frieden bringen.“ Der damalige britische Botschafter schrieb an seine Regierung, diese Aussage beziehe sich ohne Zweifel auf die Studentenproteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Die chinesische Regierung könne sich durch ein hartes Vorgehen gegen die Demonstranten die nötige Zeit für Reformen verschaffen wollen.

Donald schrieb weiter, er habe von den Amerikanern die Information erhalten, dass für China feststehe, „dass es keinen Weg gibt, ein Blutvergießen zu vermeiden“. Das Militär sei angewiesen worden, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, „um die Situation niederzuschlagen“. Außerdem habe die chinesische Führung das Personal in den Krankenhäusern verstärken lassen. Donald erklärte, die Regierung und die Partei seien so frustriert über ihren Gesichtsverlust durch die Proteste, dass die Lage eskalieren könnte – auch wenn einzelne Stimmen in der Führung noch für eine moderate Lösung plädierten.

Am 4. Juni 1989 wurde der Platz des Himmlischen Friedens tatsächlich zum Schauplatz einer Tragödie. Die chinesische Volksbefreiungsarmee ging brutal gegen die protestierenden Studenten vor, Hunderte Menschen wurden getötet. Premierministerin Margaret Thatcher –­ die Empfängerin des Schreibens von Botschafter Donald und somit wohl vorab über die drohende Eskalation in Peking informiert – zeigte sich nach dem Massaker entsetzt über das Vorgehen der chinesischen Führung.