Fidel Castro: Der alte Mann der Revolution

Seinen 75. Geburtstag feiert Fidel Castro am Montag bei einem Freund und Kollegen: Venezuelas linkspopulistischer Präsident Hugo Chavez macht keinen Hehl aus seiner Bewunderung für den „máximo líder“. Er empfing den Jubilar von der Zuckerinsel schon zwei Tage vor dem Festtag mit einem Geburtstagsständchen. Castro und Chavez eint die Ablehnung des „US-amerikanischen Imperialismus“. Besonders durch die geplante gesamtamerikanische Freihandelszone sehen sie die Gefahr, dass Lateinamerika zum Spielplatz für die nordamerikanische Wirtschaft werden könnte. Viele Verbündete, die solche Ansichten teilen, findet Castro nicht mehr unter seinen Kollegen Staatschefs. Mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Ostblocks verlor Kuba gleich reihenweise politische und wirtschaftliche Partner. Viele sahen schon das baldige Ende des kubanischen Sozialismus gekommen - und damit das Ende Castros als Staatsmann. Zehn amerikanische Präsidenten überdauert Doch anders als die einstmals Mächtigen der osteuropäischen Nomenklatura konnte Castro immer auf seinen eigenen Mythos bauen, der ihm einen festen Rückhalt in der kubanischen Bevölkerung sichert. Der Guerillakampf in den fünfziger Jahren, dem der Sturz des Diktators Batista 1959 folgte. Dann die harten Auseinandersetzungen mit den Vereinigten Staaten: Von der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht bis zur jahrzehntelangen Wirtschaftsblockade. Gerne verweist Castro darauf, dass er zehn amerikanische Präsidenten überdauert hat: Viel Feind, viel Ehr. Seit nunmehr 42 Jahren steht der einstige Revolutionsführer an der Spitze des Staates - unangefochten und mit harter Hand. Kritiker werden drangsaliert, aus dem Land getrieben oder eingesperrt. Presse- und Meinungsfreiheit gibt es nicht. Selbst langjährige Weggefährten, die es wagten den obersten Revolutionär zu kritisieren, mussten sich als Deserteure beschimpfen lassen. Bruder Raul als Wunsch-Nachfolger Die in vielen Bereichen katastrophale Versorgungslage lässt die Kubaner zwar murren. Doch eine ernste Protestbewegung verbietet der Respekt vor der Lebensleistung des „Comandante“. Und die Angst vor den krakenhaften Armen seines Geheimdienstes. Tief greifende Reformen wären für Castro das Eingeständnis eines Irrwegs. Aber wenn nötig, wird hier und da vorsichtig an Prinzipien geschraubt: 1993 ließ Castro den Dollar als zweites Zahlungsmittel zu. Die klassenlose karibische Gesellschaft, deren Bildungs- und Gesundheitssysteme nach wie vor Vorbildcharakter für viele Entwicklungsländer hat, begann sich zu spalten: In Dollarbesitzer und Peso-Verdiener. Castro ist Kuba und Kuba ist Castro. Ein Schwächeanfall bei einer Rede im Juni gab erneut Anlass zu Spekulationen über die Zukunft der Insel. Bisher besteht kein Zweifel, dass Castro erst mit seinem Tod die Staatsführung aus der Hand geben wird. Nach seinem erklärten Wunsch soll sein fünf Jahre jüngerer Brüder Raul, bisher Verteidigungsminister, das Land weiterführen. Ob die Kubaner dem Bruder ebenso bedingungslos folgen werden wie Fidel ist zweifelhaft: Revolutionäres Heldentum ist nicht übertragbar.