Venedig stirbt am Tourismus :
Die Sache mit der Zwangsheirat

Von Petra Reski
Lesezeit: 13 Min.
Man zieht nicht ungestraft in einen Mythos, und Indifferenz lässt Venedig nicht zu: Alle reagieren gleich mit Thomas-Mann-Schwärmerei oder angestrengter Kulturkritik.
Arztpraxen werden zu Ferienwohnungen, Läden zu Luxushotels – der Tourismus hat in Venedig Vorrang. Aber was, wenn man da leben will? Und wie überlebt das die Stadt?

Ich lebe in Venedig. Wobei ich hinzufügen möchte, dass ich mir das nicht ausgesucht habe. Venedig ist mir passiert. Ich habe mich nicht in Venedig verliebt, sondern in einen Venezianer. Diese Erklärung ist notwendig, weil die Stadt keine Indifferenz zulässt. Sobald man das Wort Venedig ausspricht, wird entweder mit Thomas Mann um sich geworfen („die unwahrscheinlichste aller Städte“), vom letzten Brunetti-Film geschwärmt oder angestrengt Kulturkritik geübt. Als ich mich einmal mit einem Architekten zum Abendessen am Canal Grande traf, setzte er sich mit dem Rücken zur Rialtobrücke, weil er fand, dass die Rialtobrücke ein Klischee sei. Da wollte ich ihn erschlagen.

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