Arsenbelastung :
Wie gefährlich sind Reiswaffeln?

Von Tamara Worzewski
Lesezeit: 3 Min.
Belasteter Snack: Über die mögliche Gesundheitsschädlichkeit von Reiswaffeln wird schon länger diskutiert.
Der Gehalt an anorganischem Arsen in Reiswaffeln ist durch die EU reguliert. Wissenschaftler warnen nun, dass auch organisches Arsen schädlich sein kann.

Warnungen vor Arsen in Reis oder Reiswaffeln kursieren bereits seit längerer Zeit. Seit 2016 hat die EU Grenzwerte dafür vorgegeben. Diese beziehen sich auf anorganisches Arsen (iAs), das zuverlässig analysiert werden, und in ausreichenden Dosen toxisch wirken kann: Es wird etwa für eine Erhöhung des Krebsrisikos verantwortlich ge­macht. Forscher der Universität Bayreuth haben in einem weltweiten Screening von Reis und Reiswaffeln nun aber auch die organische Arsen-Verbindung Dimethyl­mono­thio­arsenat (DMMTA) entdeckt.

Die Ergebnisse erschienen im vergangenen Jahr im „Journal of Agricultural and Food Chemistry“ und in „Environmental Science & Technology“. DMMTA gehört zur Gruppe der schwefelhaltigen Arsen-Verbindungen, den sogenannten Thioarsenaten, und erwies sich in Studien an verschiedenen Zelllinien als toxischer als die anorganischen Arsen-Verbindungen. Um das Gefährdungspotential von DMMTA abschätzen zu können, fordern die Autoren weitere toxikologische Untersuchungen und plädieren vorsichtshalber für eine Regulierung des Gesamtgehalts von Arsen.

Arsen ist ein natürlicher Bestandteil der Erdkruste und taucht somit in Gesteinen sowie durch Auswaschung im Boden und im Grundwasser auf. So kann Arsen von Nutzpflanzen wie Reis aufgenommen werden. Die Europäische Kommission verkündete Anfang März im Zuge des „europäischen Plans zur Krebsbekämpfung“ eine weitere Verschärfung der zulässigen iAs-Konzentration in Lebensmitteln. So soll etwa der Grenzwert für iAs in weißem, poliertem Reis von 0,20 auf 0,15 Milligramm pro Kilogramm gesenkt werden.

Auf organische Arsenspezies, speziell DMMTA, werde aber weiterhin nicht geprüft, wie die Autoren der DMMTA-Studien Britta Planer-Friedrich und Stephan Clemens hervorheben. Die Relevanz von organischem Arsen sei lange Zeit verkannt worden, so Planer-Friedrich, weil in der Natur bisher vor allem Dimethylarsenat (DMA) gefunden worden sei. Das sei aber nur als „potentiell kanzerogen“ eingestuft und daher nicht reguliert worden.

Höhere Arsen-Konzentrationen als Reis selbst

Lange blieb demnach unbeachtet, dass sich in Anwesenheit von reduziertem Schwefel in Reisböden aus DMA aber DMMTA bilden kann, da Standard-Messverfahren DMMTA fälschlicherweise als DMA mitbestimmen. Erst nach Entwicklung geeigneter Stabilisierungs- und Analyseverfahren gelang Planer-Friedrich 2007 der Nachweis von Thioarsenaten in stark schwefelhaltigen geothermalen Gewässern des Yellowstone National Parks. 2020 kam die Erkenntnis hinzu, dass sogar geringe Schwefelkonzentrationen reichen, um Thioarsenate in Mooren, Grundwasser und Reisböden zu bilden. Zwei Jahre später gelang den Wissenschaftlern dann der Nachweis der Substanz in Reiskörnern und Reisprodukten.

Mit einer Methode, die die Verdauung von Reis im Magen-Darm-Trakt simuliert, wiesen die Bayreuther nun nach, dass DMMTA aus dem Reis nach Verzehr freigesetzt werden kann und damit eine potentielle Gesundheitsgefahr darstellt. Zudem beobachteten sie, zunächst an einer kleinen Menge an Proben, dass Reiswaffeln höhere DMMTA-Konzentrationen aufweisen als Reis selbst.

„In Reiswaffeln scheint es bei der Produktion Bedingungen zu geben, die dazu führen, dass geringe Gehalte von DMMTA im Reis sich in der Waffel stärker anreichern oder sogar aus DMA mehr DMMTA gebildet wird“, vermutet Planer-Friedrich. Dies scheint für ein breites Spektrum von Reiswaffeln zu gelten, sagt Stephan Clemens: „Seit den ersten Befunden haben wir mehr als 70 kommerziell erhältliche Reiswaffelprodukte un­ter­sucht und dabei DMMTA-Kon­zentrationen gefunden, die allein schon den gültigen iAs-Grenzwert von 0,30 Milligramm pro Kilo überschreiten.“

Die Autorin hat zu dem Thema auch eine Filmreportage erstellt.