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Warum unter 40-Jährige gar keinen Alkohol trinken sollten

Männer vertragen mehr als Frauen, zwei Bier am Tag sind kein Problem, heißt es oft. Eine neue Studie räumt mit den Klischees auf und fordert radikale Veränderungen.

von Deutsche Presse-Agentur (dpa)
Frauen und Männer stoßen mit Bier an
GettyImages

Wie viel Alkohol am Tag noch gesund ist, ist wahrscheinlich eine der am häufigsten untersuchten Fragestellungen. Ähnlich häufig wird analysiert, inwiefern Alkohol gesundheitsfördernd wirkt.

„Jeder nur einen winzigen Schluck!“ Geht es nach einer neuen Studie, sollten sich Menschen unter 40 Jahren strikt an das legendäre Zitat aus dem Filmklassiker „Die Feuerzangenbowle“ halten.

Genauer: Jüngere Frauen sollten höchstens zwei Esslöffel Wein oder 100 Milliliter Bier pro Tag trinken, wie ein internationales Forscherteam in der Fachzeitschrift „The Lancet“ schreibt.

Noch drastischer lautet die Empfehlung für jüngere Männer – höchstens ein Schnapsglas (40 ml) voll Bier oder zwei Teelöffel Wein.
 

Wie viel Alkohol ist wirklich gesund?

Die renommierte Mayo Clinic in den USA hält fest: „Moderater Alkoholkonsum für gesunde Erwachsene bedeutet normalerweise bis zu einen Drink pro Tag für Frauen und bis zu zwei Drinks pro Tag für Männer.“ Als ein Drink gelten demnach 355 Milliliter Bier oder 148 Milliliter Wein – zwei 0,33-Liter-Flaschen Bier täglich wären für Männer also vollkommen im Rahmen.

Der britische Gesundheitsdienst NHS empfiehlt maximal 14 Einheiten Alkohol pro Woche – umgerechnet 6 Pints Bier (rund 3,4 Liter Bier) oder 10 kleine Gläser Wein.

Und das Robert-Koch-Institut schreibt: „Die Grenzwerte für riskante Alkoholtrinkmengen liegen bei mehr als 10 Gramm pro Tag für Frauen und 20 Gramm für Männer.“ 10 Gramm reiner Alkohol entsprechen einem kleinen Glas Bier, einem Glas Sekt oder einem doppelten Schnaps.
 

Neue Studie: Männer vertragen nicht mehr Alkohol als Frauen

Die „Lancet“-Studie widerspricht nun nicht nur diesen Angaben, sondern auch der Annahme, dass Männer mehr Alkohol unbeschadet vertragen als Frauen.

Anders sehe es bei über 40-Jährigen aus, schreiben die Forschenden. In dieser Altersgruppe könnten ein oder zwei Drinks sogar helfen, Herzkrankheiten, Infarkten und Diabetes vorzubeugen. Die Auswertung habe ergeben, dass die Menge an Alkohol, die konsumiert werden kann, ohne die Gesundheitsrisiken zu erhöhen, im Laufe des Lebens ansteigt.

„Unsere Botschaft ist einfach: Junge Leute sollten nicht trinken, aber ältere Menschen könnten von kleinen Mengen profitieren“, sagte Co-Autorin Emmanuela Gakidou von der University of Washington. „Auch wenn es unrealistisch sein dürfte, dass junge Erwachsene auf das Trinken verzichten, halten wir es für wichtig, die neuesten Erkenntnisse zu kommunizieren, damit jeder fundierte Entscheidungen über seine Gesundheit treffen kann.“

Das Team fordert strengere Leitlinien, um jüngere Erwachsene vor den Gesundheitsgefahren des Alkoholkonsums zu warnen sowie eine maßgeschneiderte Beratung, abhängig von Alter und Wohnort.
 

Trotz Gesundheitsrisiko: Warum trinken wir noch immer (zu) viel Alkohol?

Die Forschenden hatten das Risiko von Alkoholkonsum für 22 verschiedene Gesundheitsfolgen untersucht, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs, aber auch Verletzungen, etwa im Verkehr oder bei Streitigkeiten.

Grundlage war das Großprojekt Global Burden of Disease (übersetzt: Globale Krankheitslast), das weltweit systematisch Daten zu Gesundheit erfasst.

Ihre Schlussfolgerung: Selbst ein konservativer Ansatz für das niedrigste Maß an vermeintlich sicherem Alkoholkonsum sei als Empfehlung für jüngere Bevölkerungsgruppen immer noch zu hoch, sagte Co-Autorin Dana Bryazka, ebenfalls von der University of Washington.

Organisationen fordern nun einen Wandel im Denken. Die Wissenschaft habe in den vergangenen Jahren in Hunderten Studien deutlich bewiesen, dass Alkohol den menschlichen Körper vielfach schädigt, sagte Richard Piper, Chef von Alcohol Change UK.

„Wir waren uns dessen vorher nicht bewusst, und zu viele von uns trinken weiterhin, als ob diese Revolution unseres Wissens nicht stattgefunden hätte.“

Quellen ausblenden
Autor
Deutsche Presse-Agentur (dpa)
Quellen
Studie in "The Lancet" https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(22)00847-9/fulltext?utm_campaign=gbd22&utm_content=214856340&utm_medium=social&utm_source=twitter&hss_channel=tw-27013292
Angaben der Mayo Clinic https://www.mayoclinic.org/healthy-lifestyle/nutrition-and-healthy-eating/in-depth/alcohol/art-20044551#:~:text=Moderate%20alcohol%20use%20for%20healthy,5%20fluid%20ounces%20(148%20milliliters)
NHS-Angaben https://www.nhs.uk/live-well/alcohol-advice/the-risks-of-drinking-too-much/
RKI zu Alkoholkonsum (2017) https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/FactSheets/JoHM_2017_02_Alkoholkonsum_Erwachsene.pdf?__blob=publicationFile
WHO über Alkohol https://www.who.int/health-topics/alcohol#tab=tab_3
OECD-Bericht https://www.oecd-ilibrary.org/sites/6e4b4ffb-en/1/2/3/index.html?itemId=/content/publication/6e4b4ffb-en&_csp_=2c8abebfcd351c6cf1626284896818ce&itemIGO=oecd&itemContentType=book
BZgA zu Alkohol https://www.kenn-dein-limit.de/haeufige-fragen-zum-thema-alkohol/#:~:text=Ein%20Standardglas%20Alkohol%20enth%C3%A4lt%20zwischen,oder%20einem%20doppelten%20Schnaps%20enthalten.
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