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Schritt für Schritt zum Biogas

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Betriebsleiter Frank Heinisch zeigt auf den Motor, der das 30 Meter lange Rührwerk antreibt, das im Innern des Fermenters mit 20 Rührpaddeln die gärende Biomasse quirlt.
Betriebsleiter Frank Heinisch zeigt auf den Motor, der das 30 Meter lange Rührwerk antreibt, das im Innern des Fermenters mit 20 Rührpaddeln die gärende Biomasse quirlt. © Pieren

Es ist Sommer, die Temperaturen steigen und die Biotonne wird zum Tummelplatz für Maden und Schimmelpilze. Während die Bürger bis zur nächsten Leerung mit dem unliebsamen Treiben zu kämpfen haben, ist die einsetzende Gärung in der Biogasanlage auf Brandholz sogar erwünscht. Die TZ erklärt, wie dort Biogas und Strom erzeugt wird. Heute Teil 1

Von 6 Uhr an klappern in den frühen Morgenstunden die Mülltonnen mit dem braunen Deckel vor dem Fenster. Endlich werden die stinkenden Biotope abgeholt. Entsorgungsfahrzeuge rumpeln von Haus zu Haus, bis sie selber randvoll sind. Dann steuern sie aus allen Städten und Kommunen des Hochtaunuskreises den Deponiepark Brandholz bei Neu-Anspach an.

Dort fahren sie in die Entladehalle der neuen Biogasanlage. Diese ist mit einer sogenannten „Torluftschleieranlage“ von dem Außengelände abgetrennt. Das soll möglicher Geruchsbelästigung vorbeugen. „Sobald sich die Tore öffnen, läuft das Gebläse an, damit der Duft nicht aus der Halle entweichen kann“, erklärt Betriebsleiter Frank Heinisch.

In der Halle sorgt zugleich ein großer Abluftabzug – wie in der Küche über dem Herd – dafür, dass ein Unterdruck entsteht. Der beim Entladen unweigerlich entstehende Duft im Innern wird dadurch nicht zu penetrant. Ein Mitarbeiter der Deponie lässt den großen Radlader mit der drei Kubikmeter großen Schaufel an.

Dessen Aufgabe ist es, den abgekippten Kompost zusammenzuschieben und aufzuhäufen. „Der Baggerfahrer macht eine erste Sichtkontrolle, damit keine halben Autos im Biomüll landen“, sagt der 28-Jährige Mitarbeiter der Rhein-Main-Deponie GmbH (RMD) scherzhaft – aber nicht grundlos: „Tatsächlich haben die Kollegen hier auch schon Fahrräder und Rasenmäher entdeckt. Auch Plastiktüten werden hier herausgefischt.“

Haben die Müllfahrzeuge die Halle wieder verlassen, wird der „gebunkerte“ Biomüll mit dem Radlader in den Trichter eines überdimensionalen Schredders gekippt. Darin zerreiben zwei entgegenlaufende Walzen mit Hartmetall-Zähnen den Inhalt und zerkleinern ihn.

Die zerhackte Masse fällt auf ein Förderband und wird aufwärts transportiert. Eine durchlaufene Metallabscheide absorbiert Metallteile aus der Masse, die schließlich über das sogenannte Sternsieb läuft. Hier werden Tütenreste und Fremdteile, die größer als 60 Millimeter sind, ausfiltert.

Ein großer Polygreifer greift den geschredderten und gesiebten Bioabfall zuletzt vollautomatisch und setzt seine Ladung auf ein weiteres, in einem Tunnel nach draußen laufendes Förderband um. „Bei dem ganzen Prozess sammeln wir den bereits hier gesammelten Presssaft in einem Tank, um ihn später wieder im Fermenter beim Gärprozess beizumischen“, sagt Heinisch.

Das Förderband wiederum transportiert die vorbereitete Biomasse in den Fermenter, das eigentliche Herz der Biogasanlage. Heinisch öffnet eine Stahltür in der Außenverkleidung eines Gebäudeteils. Extrem warme Luft schlägt dem Besucher entgegen. „Die Außenhülle des Fermenters wird beheizt und auf die optimale Temperatur von 55 Grad erwärmt“, erklärt der Betriebsleiter.

Quirlen und Rühren

Ein Guckloch aus Panzerglas gewährt Einblick in den eigentlichen Fermenter, in dem die Biomasse gequirlt wird. Quer durch die Gärkammer verläuft ein 30 Meter langes Rührwerk, an dem 20 Rührpaddel die Pampe umrühren. Damit diese aufgelockert wird, drehen sich die Quirle alle drei Minuten einmal um die eigene Achse.

Durchschnittlich 18 Tage gärt die Masse im beheizten Fermenter. Dabei wird sie immer feuchter. Durch das stete Umrühren kann das Gas entweichen. Es steigt auf und wird eingesaugt. Das Biogas besteht zum Großteil aus Methan. Außerdem sind auch Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid enthalten.

Die Biogasanlage kann tatsächlich mit dem Verdauungssystem einer Kuh verglichen werden. Über das Maul nimmt die Kuh erst einmal das Futter auf und mahlt es klein. Was nicht schmeckt wird gleich wieder ausgespuckt. Was bekömmlich ist, wird bei der Kuh über die Speiseröhre immer in kleinen Portionen in den Pansen abgegeben. Im Zuge der Verdauung werden in den Mägen auch feste und flüssige Bestandteile getrennt.

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