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Die Natur ist Ernst Frommanns Apotheke

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Im Winter muss ergänzt werden: 70 bis 80 Prozent seiner Nahrung erhält Ernst Frommann aus seinen getrockneten Vorräten, der restliche Teil wird dazugekauft. © Myriam Lenz

Der 75-Jährige aus Altenstadt ist vielen als Natur- und Ernährungskenner bekannt. Er verspeist vor allem Blätter, Samen, Blüten und Kerne. Doch wie geht das im Winter?

Ernst Frommann nimmt Schwung und landet mit den nackten Füßen kopfüber an der Wohnzimmertür. Im Handstand beugt er die Arme wie bei einem Liegestütz. Während sich sein Gesicht langsam purpurrot färbt, erklärt er ruhig, wie diese Übung seine Gefäße trainiert. Vier mal 20 Wiederholungen macht der 75-Jährige aus Altenstadt pro Tag. Bis Ende Oktober ernährt er sich von Blättern, Blüten, Kernen und Samen. Er hält darüber Vorträge, war lange Referent an der Hessischen Polizeiakademie, leitet Exkursionen. Wie sieht sein Essensplan in der Zeit aus, in der die Vegetation schläft?

Drei gequirlte Eier und Kurkuma

Fromm ann greift zu einem Messbecher und trinkt. Drei gequirlte Eier in Wasser, Kurkuma und Ingwerpulver. Kaum hat der hagere Mann abgesetzt, erklärt er. »Mit den Eiern decke ich den Grundbedarf an allen Vitalstoffen ab.« Die pulverisierten Eierschalen liefern ihm täglich wichtige Mineralien. Seine Frau Inge kommt ins Wohnzimmer, stellt einen Kuchenteller mit aufgeschnittenen Lebkuchen an den Rand des Tisches.

Der frühere Polizeikommissar lehnt in seinem bunt-gestreiften Pulli zurückhaltend auf dem Stuhl. Seine Augen beobachten über den Brillenrand aufmerksam die Reaktionen seines Gegenübers. Frommann ist für viele ein Exot.

Vor ihm steht ein Tablett mit verschiedenen Gefäßen und Schalen, aus deren Inhalt er seine täglichen Menüs mischt. Die Basis bilden Leinsamen, Sonnenblumenkerne und Hanf. »Sie müssen keimfähig sein. Eine Behandlung durch Hitze oder Bestrahlung schränkt die Enzymfähigkeit ein, verwandeln sie zu inhaltslosem Füllstoff.« Morgens gibt es einen grünen Smoothie, zum Beispiel mit Feldsalat, Spinat und Petersilie. Täglich isst er eine Suppe aus rohem, grünem Gemüse. Kein Kochen, Braten oder Fleisch. Erwärmt wird allenfalls bis 37 Grad. Er trinkt nur Wasser.

In einer Schale auf dem Tablett sind Beeren vom Feuerdorn, daneben Hagebutten und Beeren des Wilden Weins mit dem wertvollen Traubenkernextrakt, auch als OPC bekannt. Von den Aprikosenkernen isst er täglich drei bis fünf. Der nach Bittermandel schmeckende innere Kern enthält wertvolles Vitamin B 17. »In jedem Kern steckt die Energie zum Lebendig sein.« Da ist er schon wieder, dieser Begriff: Lebendig zu sein, wünscht er seinen Mitmenschen. Seine Überzeugung schöpft er auch aus dem Essener-Evangelium. In den Zeilen hat er viele Parallelen zur natürlichen Lebensweise entdeckt. Ernährung und Geist gehören für ihn zusammen. »Ich erhielt dadurch neue Blickwinkel auf das generelle menschliche Verhalten zu den Bezügen Wahrheit und Irrtum, Universum, Erde.« Er habe mit Religion nichts am Hut, sondern sei spirituell, betont er.

Ein ganzer Korb an Blättern der Birke, Eiche, Kastanie, Linde, vom Nuss-, Apfel oder Birnbaum steckt in einem Glas mit olivgrünem Pulver. Blüten gehören auch zum Menü. Genauestens hat er sich mit der Bachblütentherapie beschäftigt. Durch Blüten habe er einen deutlichen Schub an Vitalität gespürt. »Das wahrzunehmen, was bei einer natürlichen Ernährung passiert, ist einfach toll.« Er sei sein eigener Doktor, die Natur seine Apotheke.

Der Rentner beobachtet gerne Tiere. Warum Gänse die Erde um Brennnesseln fraßen, erklärte ihm ein Biologe. Die Zusammensetzung dieser Erde entsprach deren Darmflora. Gemixte Erden stehen in einem weiteren Glas. Frommann hat auch schon die Erde aus seinem Garten gekostet. Es scheint ganz einfach. Die konventionelle menschliche Ernährung, sagt er, ist auf der ganzen Ebene in den Irrtum geraten.

Frommann erntet auch Gegenwind

Zum Großteil kann er sich im Winter von seinen Vorräten ernähren. Die restlichen circa 30 Prozent sind das, was seine Frau Inge zubereitet. Heute gibt es Kürbissuppe. An seinem 75. Geburtstag hat er seiner Frau gedankt, die sein Tun sehr kritisch, jedoch wohlwollend ertragen habe. Doch sie sehe, wie gut es ihm gehe.

Frommann erntet auch Gegenwind. Ob von Institutionen auf Bundesebene, dem Rat der Religionen, dem Pfarrer, der ihn in Teufels Küche vermutete, oder der eigenen Familie. Er sei ihnen nicht böse, sagt er. Ihm bleibe nur das Vorleben. Er rechnet vor: Etwa 1500 Personen hätten seinen Vorträgen gelauscht, fünf versuchten, seine Lebensweise umzusetzen, einer habe es geschafft. Es entstanden Netzwerke und auch Freundschaften. Seine Erfahrungen und sein Wissen hat er vorsorglich in einem Manuskript festgehalten.

Noch ist es draußen trüb. In drei Monaten lädt die Natur mit den ersten Kräutern Frommann wieder zu Tisch.

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Ein Sammelsurium aus getrockneten Blättern gehört zu Frommanns Ernährung. © Myriam Lenz

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