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FOCUS Magazin | Nr. 28 (2013)
Angriff aufs Private: Zwischen Entblößen und Verbergen – die neue Privatheit
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    Aber keine Sorge: Gentechnish verändert sind die
Schau mich an! Ist die freiwillige Selbstentblößung ein Zugeständnis an den Zeitgeist? Oder wird aus dem digitalen Ego-Trip eine Horror-Show?
Colourbox.de Schau mich an! Ist die freiwillige Selbstentblößung ein Zugeständnis an den Zeitgeist? Oder wird aus dem digitalen Ego-Trip eine Horror-Show?

Daten-Sparsamkeit, Technik-Wissen und Ich-Intelligenz: Der richtige Umgang mit der digitalen Welt beginnt im Kopf.

Aktuell also bin ich Extrembergsteiger. Brennend interessiert an allem, was höher ist als 8000 Meter. Damit lässt es sich leben. Neulich hielt mich das Internet für einen Single mit verzweifeltem Interesse an Ratgeber-Literatur, endlich einer Frau näher und nahe zu kommen. Dazu dann noch die Werbung für Partner-Börsen und Angebote von Frauen aus Osteuropa: Das kann schon peinlich werden. Nur ein Anfänger käme auf die Idee, bei einem der großen Online-Versandhäuser nach Büchern zu suchen, sagen wir, über Genitalwarzen. Die einschlägigen Empfehlungen im Internet würde er schwerer los als die Krankheit.

40 % der Deutschen haben Angst, dass Geheimdienste ihre Telefonate mithören oder ihre E-Mails mitlesen.

56 % machen sich nach FOCUS-Umfrage keine Sorgen.

„Das Grab ist ein gar feiner und privater Ort. Doch niemand, so dächt ich, umarmt sich dort“: So hat im 17. Jahrhundert der britische Lyriker Andrew Marvell gereimt. Heute ist zu sagen: Einzig und allein das Grab ist offensichtlich noch ein privater Ort. Fast überall sonst, wo Menschen über das direkte Wort hinaus miteinander kommunizieren, hinterlassen sie Spuren. Sie zeichnen und verfeinern Profile. Sie schaffen übers Internet ein Bild von sich. Und wenn es das ist vom beziehungsgestörten Extrembergsteiger, der sich mit seinen Genitalwarzen auf über 8000 Meter hochschleppt.

24,99 Millionen Menschen in Deutschland waren im April 2013 im sozialen Netzwerk Facebook – Platz vier in Europa hinter der Türkei, hinter Großbritannien und Frankreich. Berufskontakte pflegen wir auf Xing. Wir zahlen mit 27 Millionen Kreditkarten. Um Rabatte feilschen wir mit mehr als 100 Millionen Kundenkarten, und jeder Dritte von uns Deutschen belässt es nicht bei einer. Übers Smartphone zeichnen wir unsere private Landkarte: Wann wir uns wohin bewegen, wie lange wir ruhen. Da jeder zweite Handy-Besitzer als letzte Handlung des Tages sein Telefon ausschaltet und nach dem Aufwachen als Erstes wieder anmeldet, verrät er auch, ob und wie lange er geschlafen hat. Dass jeder Fünfte nach dem Sex sofort nach dem Handy greift, lässt noch viel intimere Einblicke zu.

Diese WWWelt ist großartig
. In Los Angeles rückt die Polizei neuerdings schon aus, bevor eine Straftat begangen ist. „Big Data“ heißt das Zauberwort. Ähnlich wie Meteorologen das Wetter vorhersagen, prognostiziert ein Computerprogramm der Santa Clara University in Kalifornien, wo die wahrscheinlichsten Orte für den nächsten Einbruch, den nächsten Autodiebstahl oder das nächste Drogendelikt liegen.

Der Mathematikprofessor George Mohler hat den Algorithmus entwickelt, der allein öffentlich zugängliche Daten nutzt: Aus Datum, Uhrzeit, Ort und Typen registrierter Verbrechen errechnet sein Computerprogramm die Vorhersagen. In manchen Gebieten soll die Zahl der Hauseinbrüche und Autodiebstähle nach Polizeiangaben um 16 Prozent zurückgegangen sein.

Die Zukunft ist auch in Deutschland Wirklichkeit. Mit hoher Trefferquote erkennt ein Computerprogramm, wann eine Kreditkarte gestohlen ist und missbraucht wird. Das Frankfurter Unternehmen Paymint hat zusammen mit dem Fraunhofer Institut die Software entwickelt. Wieder „Big Data“: Aus Milliarden Bezahlvorgängen in der Vergangenheit lernt sie dank großer Rechnerkapazität, wann sich bei welcher Karte Außergewöhnliches tut: Wurde bisher einmal im Monat der Karton Wein bezahlt, und plötzlich häufen sich Käufe von iPhones, iPads und Computern? Aus Routinen lassen sich Betrugsmuster erkennen – und die Software schlägt Alarm. Manche Banken blockieren dann sofort den Bezahlvorgang.

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