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Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik : Eine Überlebensfrage für Europa
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Cameron und Merkel
dpa/Stephanie Lecocq Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem britischen Premier David Cameron beim Gipfel in Brüssel
  • FOCUS-online-Gastautor

Die derzeitigen Herausforderungen für Europa sind immens – und sie verwischen die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit. Deshalb wird eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik für Europa zur Überlebensfrage.

Zu den Grundfragen der Zukunft gehört spätestens seit der Wiedervereinigung Deutschlands und Europas die Frage nach einer gemeinsamen Außenpolitik der Europäischen Union.

Seit dem Maastrichter Vertrag im Jahre 1993 gibt es eine vertragliche Grundlage für eine gemeinsame Außenpolitik. Sie wurde in Amsterdam 1999 und Nizza 2003 erweitert. Mit den Verfassungsverträgen von Lissabon (2007) wurde die Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen in einzelnen Bereichen eingeführt. Die Europäische Union kann heute außen- und sicherheitspolitisch schon mehr, als die Bürger glauben.

Wie sieht die „Neue internationale Ordnung aus?“

Offen ist aber, inwieweit es schon eine "gemeinsame" Außenpolitik gibt; welche Vorstellung Europa von der sich in unseren Tagen entwickelnden "Neuen internationalen Ordnung" hat, wie sich die transatlantische Partnerschaft weiterentwickelt und welche Mitgliedsländer sich an dieser gemeinsamen Politik beteiligen wollen.

Über den Experten:

Der CDU-Politiker Jürgen Rüttgers war von 2005 bis 2010 Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. In den 90er -Jahren war er außerdem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Er arbeitet heute als Rechtsanwalt und als Professor am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn.

Zu diesen Fragen hat der Philosoph Jürgen Habermas in seiner Dankesrede für den nordrhein-westfälischen Staatspreis vor fast zehn Jahren etwas sehr Wichtiges gesagt, ich zitiere:

Der Erhalt Europas hängt von unserer Fähigkeit ab, mit einer Stimme zu sprechen

„Erst eine Europäische Union, die außenpolitisch handlungsfähig würde, könnte auf den Kurs der Weltwirtschaftspolitik Einfluss nehmen. Sie könnte die globale Umweltpolitik vorantreiben und erste Schritte auf dem Wege zu einer Weltinnenpolitik machen.“

Ich finde diesen Satz bemerkenswert, weil er betont, wie sehr der Erhalt und die Wirkung des Europäischen Modells im Zeitalter der Globalisierung von Europas Fähigkeit abhängen, mit einer Stimme zu sprechen und auf diese Weise in der Welt Gehör zu finden.

Einen Krieg zu gewinnen, heißt noch lange nicht, den Frieden zu gewinnen

Europa muss dazu eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik entwickeln, die diesen Namen wirklich verdient. Denn die Welt steht vor dramatischen Herausforderungen, die die einzelnen Nationen nicht mehr alleine bewältigen können. Das gilt auch für die Supermacht USA. Das Debakel im Irak hat der Welt vor Augen geführt, dass man als Supermacht zwar einen Krieg gewinnen kann. Aber den Frieden gewinnt man damit noch lange nicht. Dafür braucht es politischer Grundlagen.

Im Video: Neue Flüchtlingswelle? Warum dieses Land das neue Syrien ist 

Das gilt insbesondere für die Bekämpfung des transnationalen Terrorismus. Er ist eine Frucht der Ungleichzeitigkeit. In der Einen Welt leben zwar alle Menschen zur selben Zeit, aber nicht in derselben Zeit und insofern auch nicht in derselben Welt. (Lamers) Der von der westlichen Zivilisation auf traditionalistische Gesellschaften und Kulturen ausgehende Anpassungs- und Veränderungsdruck in allen Lebensbereichen provoziert Abwehrkräfte – eine davon ist der transnationale Terrorismus.

Die Gefahr totaler Feindschaft zwischen dem Western und der islamischen Welt

Die vom transnationalen Terrorismus ausgehende Gefahr ist eine besondere, weil sie schwer zu bekämpfen ist. Sie ist gefährlich, weil sie tiefe Verunsicherung und umfassende Angst erzeugt. Und sie ist etwas Besonderes, weil aus ihr heraus der angegriffene Westen versucht ist, zur Abwehr Mittel einzusetzen, welche die eigenen, von den Terroristen attackierten Werte selbst preisgeben. Das haben uns die Vorgänge in Guantanamo und Abu Ghraib gezeigt. So entsteht die Gefahr totaler Feindschaft zwischen dem Westen und der islamischen Welt. Das ist genau das, was der Hass der Terroristen erzeugen will.

Zerfallende Staaten begünstigen Terrorismus

Weitere Gefahren für die globale Sicherheit ergeben sich aus dem Gegensatz von Arm und Reich, Chaos und Ordnung. Armut in erreichbarer Nähe zu Reichtum wie zwischen Afrika und Europa, löst Migrationsströme aus, die in den Herkunfts- wie in den Zielländern Gesellschaften erschüttern können.

Auch das Chaos in zerfallenden Staaten bewirkt Flüchtlingsströme und dient transnationalen Terroristen als Rückzugsraum. Das vielleicht größte Problem für die globale Sicherheit wirft darüber hinaus das Streben nach Nuklearwaffen und Trägersystemen auf. Das könnte zu einem in seinen Folgen unkontrollierbaren Wettlauf um Nuklearwaffen führen.

Beinahe alle diese Konflikte überschneiden sich und verwischen die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit.

Überlebensfrage für Europa

Eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Europas wird vor diesem Hintergrund zu einer Überlebensfrage nicht nur des Europäischen Projektes, sondern Europas. Diese Erkenntnis teilen die Bürgerinnen und Bürger aller Mitgliedsländer instinktiv und mit überwältigender Mehrheit. Deswegen wollen die Menschen in Europa eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Sie wissen: Nur was sich gegenüber der Welt als Einheit verhält, wird als solche empfunden.

Es geht also darum,

  1. ob Europa seine Brückenfunktion zum Osten des Kontinents mit Leben erfüllen kann,
  2. welchen Beitrag für Frieden und Freiheit, Wohlstand und Lebenschancen Europa als Partner der USA im Nahen Osten erbringen kann,
  3. wie Europa helfen kann, dass Afrika einen Weg aus Elend, Unwissenheit und Gewalt finden kann.

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