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Eintracht eingelullt – Saison im Mittelfeld der Tabelle?

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Eintracht Frankfurt kassiert in Wolfsburg die erste Pleite der Saison, entwickelt sich in der Offensive kaum weiter und muss sich wohl auf eine Spielzeit im Mittelfeld der Tabelle einstellen.

Frankfurt – Und dann fielen sie wieder, die Keywords, die Schlüsselwörter. „Zeit.“ „Geduld.“ „Prozess.“ Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche benutzt sie beinahe inflationär, wenn er das Dargebotene der von ihm zusammengestellten Frankfurter Bundesligamannschaft analysieren soll. Das hört sich dann ganz unspektakulär ungefähr so an: Man brauche Zeit, stecke mitten in einem Prozess. Einem Findungsprozess. Und niemand weiß, wie lange dieser Prozess denn noch andauern, ob er irgendwann abgeschlossen oder ein fortlaufender sein wird, was bei einem heterogenen Fußballensemble die wahrscheinlichste Variante ist. Gut Ding will Weile haben.

Dino Toppmöller
Geboren:23. November 1980 in Wadern
Trainer (Saison 2023/24):Eintracht Frankfurt
Vorherige Stationen u.a.:RB Leipzig, FC Bayern München (jeweils als Co-Trainer)

Muss sich Eintracht auf Mittelfeld-Tabellenplatz einstellen?

Das Problem von Eintracht Frankfurt im Frühherbst: Die neue Mannschaft befindet sich mit ihrem neuen Trainer ganz am Anfang dieses Prozesses. Und mit dem Faktor Zeit ist das in der Branche so eine Sache. Das Gute: Sieben Punkte sind eingesackt, die nimmt niemand mehr weg. Das Schlechte: Die dicken Brocken kommen erst noch. Der Kontakt nach oben reißt ab. Die Eintracht kann sich, sollte nicht alles täuschen, auf eine Saison im Mittelfeld einstellen. Eine Entwicklung ist kaum zu erkennen.

Die Spiele mit Beteiligung der Hessen ähneln sich frappierend, sie laufen nach Schema F ab, sind nicht wirklich schlecht, aber eher plätschernd, langatmig, einlullend. Und am Ende herrscht, unabhängig vom blanken Resultat, immer so ein bisschen Unzufriedenheit, mal größere und mal kleinere, aber dieses Gefühl: Irgendwas stimmt da nicht, das lässt einen nicht los.

So sehen keine Sieger aus: Eintracht Frankfurt mit Anführer Kevin Trapp schiebt Frust nach dem 0:2 in Wolfsburg.
So sehen keine Sieger aus: Eintracht Frankfurt mit Anführer Kevin Trapp schiebt Frust nach dem 0:2 in Wolfsburg. © /Jan Huebner/Imago

Erste Frankfurter Saisonniederlage im zehnten Pflichtspiel

Im zehnten Pflichtspiel der noch jungen Saison hat es die Eintracht am Samstag erwischt, 0:2 (0:1) beim gewiss nicht übermächtigen VfL Wolfsburg mit Ex-Trainer Niko Kovac, der den Sieg seines Teams zu Recht als vollauf verdient einstufte. Natürlich hatte die Eintracht dieses Mal sogar zwei, drei gute Möglichkeiten, Ellyes Skhiri scheiterte nach dem schönsten Angriff am glänzenden VfL-Keeper Koen Casteels (21.), der auch die beste Gelegenheit zunichte machte: Den Schuss des fleißigen Omar Marmoush kratzte er um den Pfosten (35.).

Auf der anderen Seite war das Eintracht-Schlussmann Kevin Trapp nicht geglückt, der gegen Lovro Majer hervorragend parierte, aber das Pech hatte, dass der Ball vor die Füße des Wolfsburger Ballermanns Jonas Wind rollte, der nur einzuschieben brauchte (31.). Genauso verhielt es sich beim 2:0 (84.), der Entscheidung. Winds Strafstoß konnte Trapp halten, den Nachschuss nicht mehr. Deckel drauf, aus die Maus.

Markus Krösche: Effizienz im Frankfurter Angriff fehlt

Genau diese Kleinigkeiten, so lautete das Frankfurter Fazit, hätten halt das Pendel zugunsten der Niedersachsen ausschlagen lassen. „Uns hat die Effizienz, der letzte Ball nach vorne gefehlt“, urteilte Sportchef Krösche. Ansonsten habe das Team wahlweise ein „ordentliches“, „gutes“, „sehr gutes“ oder „richtig gutes Spiel“ gemacht. Das kann man so sehen – wenn man in der Verantwortung steht und die Deutungshoheit in diese Richtung zu lenken versucht; wenn man die eigene Mannschaft stützen, schützen und nicht versenken will. Das ist das gute Recht und die Pflicht des Sportvorstandes. Aber man kann es auch anders sehen.

Denn dieser Eintracht-Mannschaft fehlt aktuell so ziemlich all das, was Eintracht-Mannschaften in den letzten Jahren ausgemacht haben: Power, Wucht, Kraft und Draufgängertum. Da fehlt der Punch, das Unbedingte und Bedingungslose. Am Samstag wollte es die Wolfsburger Mannschaft mehr, war galliger und aggressiver. „Wir sind ihnen ins Gesicht gegangen“, formuliert es Niko Kovac. „Sie konnten nicht den Fußball spielen, den sie wollten.“ Der Kroate etwa wies seine Mannen explizit daraufhin, den Frankfurter Abwehrchef Robin Koch früh zu attackieren, um ein ruhiges Aufbauspiel zu verhindern.

Eintracht Frankfurt: Problem erkannt, doch Lösungen fehlen

Und so wird der Ball nicht selten von rechts nach links gespielt, dann nach vorne und wieder zurück, das sieht oftmals gar nicht schlecht aus, auch ist klar zu erkennen, wie die Mannschaft sich nach vorne kombinieren soll. Der Aufbau wird von hinten konsequent betrieben, flach und präzise, langer Hafer wird vermieden. Das ist gut und richtig so.

Aber sobald es in die gefährlichen Zonen geht, wird es zu umständlich oder vorhersehbar. „Du musst einfach mehr Risiko gehen und hinter die Kette, in die Tiefe spielen“, monierte Coach Dino Toppmöller. „Das maximale Risiko haben wir vermissen lassen.“ Das Vertrackte: Das Problem ist längst erkannt, doch die Lösungen fehlen, es zieht sich durch die Saison. Und wird nicht oder nicht viel besser. Toppmöller hofft darauf, dass der Knoten einfach platzt und die Spieler dadurch ein anderes Selbstverständnis bekommen würden. Wenn es nur so einfach wäre.

Zu sehen ist Dino Toppmöller am Seitenrand.
Wünscht sich mehr Risikobereitschaft von seinem Team: Eintracht-Trainer Dino Toppmöller. © Jan Huebner/IMAGO

Eintracht Frankfurt: Einige Spieler brauchen noch Zeit

Der Mannschaft, das ist hinlänglich bekannt, fehlt durch den Abgang von Randal Kolo Muani ein hochkarätiger Stürmer, aber auch Tiefe und Tempo, sie lässt das Brachiale vermissen und auch Ideen. Und wenn die Spieler dann mal in vielversprechende Situationen kommen, wie Eric Dina Ebimbe, zögern sie zu lange, ehe sie den Abschluss suchen. Die Aktion verpuffte im Nichts.

Und sie haben Spieler in ihren Reihen, die, da hat Markus Krösche völlig Recht, noch Zeit brauchen werden. Ein Spieler wie Fares Chaibi wird mit dieser Spielweise und im Einheitstempo kaum die Bundesliga rocken können. Deshalb muss man nicht den Stab über ihn brechen, Gott bewahre, der Junge ist 20. Aber er wird sich umstellen, anpassen müssen. Ob das gelingt? Die Zeit wird es zeigen. Dass Spieler grundsätzlich auch mal später zünden können, ist bekannt. Das ging vielen so, selbst Daichi Kamada oder Jesper Lindström. Andere, wie Jens Petter Hauge, schaffen es hingegen auch mit langem Anlauf wohl eher nicht.

SGE-Sportvorstand Markus Krösche bleibt entspannt

Sorgen machen sie sich in Frankfurt nicht. „Wir haben einen größeren Umbruch, viele neue, junge Spieler, die reinwachsen müssen“, sagt Krösche. Von daher sei der jetzige Saisonverlauf „ein Stück weit einkalkuliert“ gewesen. „Wir haben diesen Weg bewusst gewählt. Von daher sind wir völlig entspannt.“ Der Prozess geht weiter.

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