Der deutsche Hörfunk und Fernsehjournalist Peter von Zahn auf Sendung ca Anfang 1960er Jahre Ger
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Der deutsche Hörfunk: Wo Nachrichten durchgegeben wurden.

Times mager

Durchgeben

  • Stephan Hebel
    VonStephan Hebel
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Radio Beromünster: Name auf der Rundfunkskala, eine Legende, die bis heute nachklingt.

Die wunderbare Kollegin T. neigt selten zu sprachlichen Anleihen bei der Vergangenheit, aber kürzlich ist es erfreulicherweise passiert: „Es wird wärmer, das haben sie im Radio durchgegeben“, verkündete T., um gleich anschließend 1) zu stutzen und 2) in herzliches Lachen auszubrechen. Später erklärte sie sich den Gebrauch des Wortes „durchgegeben“ damit, dass sie kurz vorher mit ihrer Mutter fernmündlich verbunden gewesen sei, die naturgemäß aus einer anderen Zeit stamme als sie, Kollegin T., selbst.

In Wahrheit wird heute im Radio überhaupt nichts mehr durchgegeben, das macht höchstens die Feuerwehr mit ihrem Funk, und der ist nicht rund. Im Rundfunk wurde etwas durchgegeben, als es die Mittelwelle noch gab und die Technik den Tönen ein Spritzeln und Spratzeln und Rauschen beimischte, wie es heute selbst ein 14-jähriger Experte auf seinem Smartphone nur mit Mühe künstlich oder gar kunstvoll reproduzieren könnte.

Wenn nun der 14-Jährige fragen sollte, was um Himmels willen eine Mittelwelle gewesen sei, erzählen Sie ihm einfach die Geschichte vom alten Rundfunkempfänger Ihrer Familie, der in etwa so viel wog wie ein 14-Jähriger und von dem Ihre Vorfahren gern erzählten, sie hätten häufig abends im Familienkreis davorgesessen und eine Oper oder ein Kriminalhörspiel „abgehört“ oder eben die Nachrichten, die der bevorzugte Rundfunksender durchgegeben habe.

Das Schönste an dem Rundfunkempfänger war eine Art Tafel, eigentlich beleuchtet durch zwei Glühlämpchen, von denen aber nur das eine noch funktionierte, so dass lediglich die Beschriftung der niedrigeren Mittelwellefrequenzen zu erkennen war. Ganz außen stand „Radio Beromünster“, Sie kennen das, falls Sie selber alt genug sind, aber schon in Ihrer Kindheit hörte niemand mehr Radio Beromünster, gleich neben „Beromünster“ stand „Frankfurt“, 600 Kilohertz, und das hörten alle, denn der Empfang war richtig gut.

Aber Sie haben das Wort „Beromünster“ nicht vergessen, wie Ihnen jetzt, da der Kollegin T. das Wetter „durchgegeben“ wurde, plötzlich wieder einfällt. Beromünster gibt es wirklich, es ist ein Ort in der Schweiz, und da standen die Sendemasten von Radio Beromünster. Sie standen schon in den Tagen des Zweiten Weltkriegs, als ein gewisser Joseph Goebbels den Deutschen das „Abhören“ von „Feindsendern“ verbot, weil diese immer wieder Tatsachen durchgaben, die keineswegs nur das Wetter betrafen.

Radio Beromünster war damals auch gut zu empfangen, aber wer es tat, beging etwas, das man allen Ernstes ein „Rundfunkverbrechen“ nannte. Das wollten wir hier zur Erinnerung noch mal durchgegeben haben.

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