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„Lahme Ente“: Reaktionen auf Merkels Abkehr von Osterruhe

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Kanzlerin Merkels Entschuldigung zur Rücknahme der Osterruhe wird vielfach gelobt. In der internationalen Presse wird jedoch auch Kritik laut. Ein Überblick.

Berlin – Die unklaren Verlautbarungen der Corona-Maßnahmen über Ostern sind in den vergangenen Tagen das bestimmende Thema in der deutschen Medienlandschaft gewesen. Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gekippte Regelung zur Osterruhe sowie ihre alleinige Verantwortungsübernahme haben aber auch weit über die bundesdeutschen Grenzen hinweg für Reaktionen gesorgt. Die einen äußerten Zustimmung und Respekt, andere attestierten der Kanzlerin einen Autoritätsverlust, viele sahen die CDU tief in der Krise: der internationale Pressespiegel im Überblick.

„Es ist ein Akt des Mutes und der politischen Ehrlichkeit“, lobt zunächst die italienische Zeitung „Corriere della Sera“ aus Mailand Merkels öffentliches Eingeständnis. Über die Entschuldigung hinaus stellt die Zeitung der Kanzlerin jedoch kein allzu gutes Zeugnis aus. Zum Ende ihrer Amtszeit offenbare „das Eingeständnis eines Versagens die strukturelle Schwäche der Kanzlerin“, die dem liberal-konservativen Blatt zufolge „eine „lahme Ente“ ist“.

Reaktionen auf Merkels Entschuldigung: Respekt, Korruption und die Corona-Pandemie

Die konservative polnische Zeitung „Rzeczpospolita“ sieht Merkels Verantwortungsübernahme in erster Linie als einen strategischen Zug, um vor der Bundestagswahl im September weiteren Schaden von der CDU abzuwenden. Angesichts sinkender Umfragewerte von bis zu zehn Prozent innerhalb weniger Wochen macht sich die Zeitung an die Problemanalyse. „Der CDU schadet das Chaos bei den Corona-Impfungen und dem Lockdown, Affären mit dem Maskenkauf, in denen sogar der Name des Gesundsheitsministers auftaucht“, heißt es.

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch die belgische Zeitung „De Standaard“. „Es ehrt Angela Merkel, dass sie als Politikerin am Ende ihrer Laufbahn die Schuld auf sich nimmt. Aber es ist fraglich, ob sie damit den Rückgang der Popularität ihrer Partei aufhalten kann.“ Auch in dem liberal-konservativen Blatt heißt in Bezug auf die Korruptionsvorwürfe gegen die CDU: „Die Wähler sind erbost, weil einige Abgeordnete kräftig am Verkauf von Masken verdient haben. Andere finden zudem, dass CDU-Minister in diesen schwierigen Corona-Zeiten unzureichend agieren.“

Kanzlerin Angela Merkel im Gespräch mit CDU-Parteikollege Horst Seehofer im Bundestag
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Gespräch mit Parteikollege Horst Seehofer im Bundestag. © Kay Nietfeld/dpa

Abkehr von der Osterruhe: Presseecho auf Angela Merkels Entschuldigung

Die liberale amerikanische „New York Times“ weist wiederum darauf hin, dass die Kanzlerin im vergangenen Jahr noch „im In- und Ausland für ihren klar kommunizierten, wissenschaftlich fundierten Ansatz zur Bewältigung der Pandemie und der Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsminister und medizinischen Experten gelobt“ wurde. „Aber zwölf Monate später hat eine Reihe widersprüchlicher Entscheidungen ihren Ruf getrübt“, heißt es hinsichtlich des bislang bestehenden Verbots von innerdeutschem Urlaub während Mallorca-Reisende bereits die Flieger besteigen.

Für den linksliberalen „Der Standard“ aus Wien bedeutet Angela Merkels Entschuldigung nach der Rücknahme der Regelung zur Osterruhe einen „Autoritätsverlust“, schließlich müsse sie „die Zügel in der Hand haben“. „‘Sorry, wir haben uns geirrt‘, das kann und darf nicht zur Gewohnheit werden“, kommentiert das Blatt. Allgemein kommt Deutschland in puncto Eindämmung der Corona-Pandemie in der Zeitung nicht sehr gut weg. „Niemand mehr durchblickt die immer neuen Einschränkungen. Alle Verordnungen zusammen haben mittlerweile einen größeren Umfang als das Alte und das Neue Testament zusammen“, heißt es abschließend. Damit endet die internationale Presseschau. (Joel Schmidt mit Material von dpa)  

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