1. Startseite
  2. Politik

Heimliche US-Entscheidung: Weitreichende ATACMS-Raketen sind bereits in der Ukraine

KommentareDrucken

Lange wollte Joe Biden – wie Olaf Scholz – der Ukraine keine weitreichenden Raketen geben. Nun hat er es in aller Stille doch getan.

Washington, D.C. – Ein Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel, hat bestätigt, „dass die Vereinigten Staaten der Ukraine auf direkte Anweisung des Präsidenten ATACMS mit großer Reichweite geliefert haben.“ Joe Biden habe die Anweisung dazu bereits im März erteilt, allerdings unter der Einschränkung, dass die Ukraine die Geschosse nur auf ihrem eigenen Staatsgebiet nutze. Patel sagte weiter, die erste Lieferung sei „im Rahmen des militärischen Hilfspakets, das wir am 12. März verkündet haben“ erfolgt „und in diesem Monat sind die Raketen in der Ukraine angekommen.“ Der ganze Vorgang sei zunächst „auf Wunsch der Ukraine“ geheim gehalten worden, „um ihre operative Sicherheit aufrechtzuerhalten.“

Die nachträgliche Bekanntgabe dieser stillen Lieferung fällt zwar mit dem 61-Milliarden-Dollar-Unterstützungspaket zusammen, das nach monatelangem Stillstand am Mittwoch endlich von Präsident Biden abgesegnet werden konnte. Die Lieferung der Raketen erfolgte allerdings im Rahmen eines Nothilfe-Pakets im Wert von etwa 300 Millionen Dollar, das im März die ärgsten Löcher in der ukrainischen Bewaffnung stopfen sollte – eben weil der US-Kongress neue Gelder blockierte. Das US-Verteidigungsministerium habe damals an anderen Stellen etwas eingespart, wie CNN schreibt.

Die USA schickten weitreichende ATACMS-Raketen heimlich in den Ukraine-Krieg

Schon im Herbst 2023 lieferten die Vereinigten Staaten Wolodymyr Selenskyj und seinen von Russland im Ukraine-Krieg bedrängten Truppen ATACMS-Raketen. Dabei handelte es sich jedoch um ältere Modelle, die nur eine Reichweite von 165 Kilometern haben. Das Argument der Biden-Regierung, warum man die weiterreichende Variante, die Ziele in bis zu 300 Kilometern Entfernung bekämpfen kann, nicht sandte, deckt sich mit dem von Olaf Scholz gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern: Man befürchtete, dass die ATACMS für Schläge auf der Krim oder in Russland genutzt würden und das Wladimir Putin zu einer Eskalation des Konflikts bewegen könnte.

Eine ATACMS-Rakete des US-amerikanischen Militärs wird gestartet. (Archivbild)
Ein M270-Trägersystem des US-amerikanischen Militärs feuert eine ATACMS-Rakete ab. (Archivbild) © U.S. Army/Avalon/IMAGO

Dass die Entscheidung nun dennoch getroffen wurde, liege einem Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA zufolge vor allem an Russlands Handlungen, wie NBC News berichtet. Präsident Biden habe die entsprechende Anweisung gegeben, so der Sprecher, nachdem Russland von Nordkorea ballistische Raketen erworben und diese auch in der Ukraine eingesetzt hatte. Biden hatte Putin vor dem Einsatz von Langstreckenwaffen ebenso wie vor Angriffen auf die zivile Infrastruktur in der Ukraine gewarnt. Da der Kremlherrscher diese Warnungen in den Wind schlug, verliehen die USA der Ukraine ähnliche Kapazitäten.

ATACMS-Raketen sind bereits im Einsatz gegen russische Ziele

Die Ukraine nahm die neuen Waffen dankend entgegen und richtete sie offenbar schon gegen ihren russischen Feind: Drei US-Offizielle teilten NBC News mit, dass der erste Schlag am 17. April auf ein Flugfeld etwa 161 Kilometer hinter der Grenze zur Krim erfolgte. Am vergangenen Dienstag seien die weitreichenden Raketen dann auf russische Truppen östlich von Berdjansk in der Oblast Saporischschja abgefeuert worden.

Bisher erfolgte keine explizite Reaktion Putins, geschweige denn eine mit den ATACMS zusammenhängende Eskalation des Konflikts. Tatsächlich hat die Ukraine mit den britisch-französischen Marschflugkörpern vom Typ Storm Shadow beziehungsweise Scalp ohnehin bereits die Fähigkeit, Ziele in 250 Kilometern Entfernung zu treffen. Den heimisch entwickelten Seezielflugkörpern vom Typ Neptun wird nachgesagt, dass sie in ihrer neuesten Version sogar auf bis zu 400 Kilometer effektiv sind.

Die nächste Lieferung der weitreichenden ATACMS steht wohl schon bevor

Damit es nicht gleich wieder an den wertvollen Waffen mangelt, scheinen die USA unmittelbar eine weitere Lieferung im Rahmen des jetzt bewilligten großen Unterstützungspakets zu planen. CNN berichtete unter Berufung auf drei Quellen aus der US-Verwaltung, dass ein erstes Teilpaket im Wert von einer Milliarde Dollar wahrscheinlich weitreichende ATACMS-Raketen enthalten werde. Der demokratische Senator Mark Warner, Vorsitzender des Geheimdienstausschusses im Senat, sagte dem Sender CBS, auch er hoffe, dass ATACMS-Raketen bis Ende nächster Woche in die Ukraine geschickt würden.

Auch interessant

Kommentare