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„Markus Lanz“, ZDF: Ist Corona etwa schon ausdiskutiert?

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Markus Lanz diskutiert über Corona - mal wieder.
Markus Lanz diskutiert über Corona - mal wieder. © Malte Christians/dpa

Die Wirtschaftskrise stellt die Gesundheitskrise in den Schatten, dennoch gibt es in einer weiteren Lanz-Sendung zur Corona-Krise keine Neuigkeiten.

Die Talkshows der öffentlich-rechtlichen Sender müssen derzeit nicht nur den Sendeausfall von Shows, Sport und Fiction auffangen, sondern auch eine wichtige Informations-Funktion für die Bevölkerung erfüllen. Insofern ist es verständlich, dass Markus Lanz, der immerhin dreimal die Woche Abendprogramm macht, inzwischen wirklich nicht mehr viel Neues zur Corona-Krise zu berichten weiß.

„Markus Lanz“, ZDF: Altmaier gibt den lebensnahen Erklärer

Dankbarerweise gibt es mit dem heute verabschiedeten gigantischen Unterstützungspaket der Regierung aktuellen Gesprächsbedarf, und so widmet die Sendung gut die Hälfte ihrer 75 Minuten einem ausführlichen Interview mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der die Gelegenheit bekommt, das komplexe Milliardenpaket aus Hilfskrediten, Garantien, gesetzlichen Maßnahmen, Ausfallentschädigungen und Soforthilfe zu erklären.

Neben angenehm praktischen Nachfragen („Wer kriegt was? Wo beantragt man das? Wie schnell kriegt man das Geld?“) fällt dabei vor allem Lanz' Respekt vor der politischen Arbeit auf, wenn er die Berliner Politik als „unbürokratisch“ lobt oder Altmaier zum Abschluss „eine glückliche Hand weiterhin“ wünscht. Man versteht die Bewunderung des Moderators aber durchaus. 

„Markus Lanz“, ZDF: Zusammenhalt der Bevölkerung entscheidend

Denn nach ein paar kleine Sticheleien gegen die Anwesenden („Antworten gibt man nicht durch Talkshow-Diskussionen, sondern durch konkrete Maßnahmen, wie wir sie heute beschlossen haben.“) ist Altmaier nicht nur ein unkomplizierter und lebensnaher Erklärer komplexer Maßnahmen, sondern hat gar staatsmännische Anwandlungen, in denen er geradezu inspirierend wirkt. Wenn er den Zusammenhalt der Bevölkerung beschwört und an die bereits überstandenen Krisen von Banken-Crash bis Euro-Krise erinnert, liegt ihm ein „Wir schaffen das“ schon fast auf den Lippen. Natürlich ist es in diesen Tagen auch einfach, von der deutschen Politik ein wenig beeindruckt zu sein, wenn nicht nur die so oft verspottete und verkrachte Große Koalition, sondern auch die Opposition geschlossen ein so historisch großes Paket auf den Weg bringen kann, während beispielsweise in Washington wichtige Tage mit parteiischem Grabenkriegen verloren gehen.

Und dann? Dann merkt man, wie beinahe routiniert nach wenigen Tagen diese ganze historische Umwälzung schon ist, oder zumindest: wie ausdiskutiert. Wie Markus Lanz, der nun praktisch seine 9. Sendung in drei Wochen zu diesem Thema macht, im täglichen Grabenkrieg um irgendwelche Neuigkeiten aus der Krise in wirklich kuriosen Ecken stochert. Man kann die Virologin Melanie Brinkmann nur bemitleiden, die nüchtern und vernünftig berichten möchte, aber von Lanz und den anderen Gästen alle Nase lang unterbrochen wird: Aha, es gibt neue Ansätze für eine Wirkstoff, aber warum kann sie keinen genauen Zeitplan geben? Und warum waren die Aussagen zu Schutzmasken im Vorfeld aus der Wissenschaft so... zweiflerisch und wissenschaftlich? Und warum haben alle den Eindruck gewonnen, dass junge Menschen nicht betroffen sind? Der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor faselt über „selbstgestrickte Masken“ und der Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter Sebastian Fiedler macht eine neue Perspektive auf, indem er davon berichtet, dass die organisierte Kriminalität in dieser Quarantäne auch Probleme mit abgerissenen Lieferketten und hohem Krankenstand hat – kann Brinkmann nicht auch was Drolliges beitragen?

„Markus Lanz“, ZDF: Gesellschaftliche Zukunft nach Corona

Kann sie nicht. Nachdem sie wirklich alle Fragen nüchtern, aber unaufgeregt zurückreflektiert hat, fragt Lanz in einem „Warum habe ich sie eigentlich eingeladen?“-Moment die Spezialistin nach einer Lehrstunde: Wie funktioniert der Virus eigentlich in der Lunge? „Wollen Sie wirklich, dass ich das genau erkläre?“, fragt die Virologin erstaunt. Aber ja, soviel Sendezeit muss sein, an einem Abend, wo es tatsächlich nicht viel Neues zu berichten gab.

Nachdem sich Brinkmann mit einer fünfminütigen Anatomievorlesung ehrenvoll aus der Affäre gezogen hat, spekulierten Amthor und Fiedler noch fröhlich über digital selbst-überwachende Bürger, die ihre gesammelten Standortdaten der letzten 14 Tage im Krankheitsfall der Öffentlichkeit spenden; und darüber wie terroristische Gruppen und Salafisten, aber auch Drogenabhängige und Spielsüchtige auf das Ausgangsverbot reagieren werden.

Und zuletzt wird noch Zukunftsforscher Matthias Horx hinzugeschaltet, dessen Text über eine mögliche gesellschaftliche Zukunft nach Corona gerade durch die digitalen Medien geht. Er spekuliert, dass die Krise eine Chance sein wird, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren, die albernen Schaukämpfe um Fake News und Internet-Trollling ebenso sein zu lassen wie die frivolen Flugreisen und anderen Technikwahn. Ja, selbst die Verschwörungstheorien und die Populisten wie Trump und Johnson würden durch diese Krise sicher in ein klareres Licht gerückt, als würde die Menschheit aus einem schrecklichen Traum hochfahren. Ein frommer Wunsch, aber ebenso spekulativ wie die ganze zweite Hälfte der Sendung. 

Die letzte Episode der Reihe „Unter Verdacht“ im ZDF ist ein eher stiller Krimi, beschert Senta Berger aber trotzdem einen Abgang in Würde. 

Auch an Ostern 2020 bietet das TV-Programm einige Highlights. Wir liefern Ihnen eine Übersicht. 

Da nun auch Markus Lanz in die Phase Zwei der Corona-Krise eintritt, versucht er eine Rückkehr zur Normalität – manche seiner Gäste sind da anderer Meinung. Die Kritik.

Die wirtschaftliche Zukunft nach der Corona-Krise könnte verheerend sein. TV-Investor Frank Thelen fordert bei Markus Lanz (ZDF) von Politik und Wirtschaft mehr Mut zur Innovation.

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