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"Ich bin unvoreingenommen"

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Corrado Di Benedetto (SPD) ist in den hessischen Landtag eingezogen. Die Themen Familie, Bildung und Arbeit sieht er als Gradmesser im Hinblick auf Koalitionen.
Corrado Di Benedetto (SPD) ist in den hessischen Landtag eingezogen. Die Themen Familie, Bildung und Arbeit sieht er als Gradmesser im Hinblick auf Koalitionen. © Andreas Arnold

Corrado Di Benedetto (SPD), bislang Vorsitzender der Ausländerbeiräte, zieht in den hessischen Landtag ein. Im Interview äußert er sich zur Bildungspolitik und den Optionen der SPD. Ein Bündnis mit der Linken ist für Di Benedetto kein Wortbruch.

Herr Di Benedetto, die SPD hat im Wahlkampf viele Forderungen formuliert. Welche davon sind entscheidend für die künftige Regierung?

Die Themen, die unseren Wahlkampf geprägt haben, werden unsere Messlatte sein für die Gespräche mit anderen Parteien. Das sind die Themen Familie, Bildung und Arbeit. Das sind die Gradmesser. Wir sind angetreten, um soziale Gerechtigkeit mehr in den Mittelpunkt der Landespolitik zu stellen. Damit haben wir deutlich zugelegt. Deswegen stehen wir für diese Themen auch jetzt gerade.

Das bedeutet konkret: Ganztagsschulen und eine Abkehr vom Turbo-Abi G8 stehen für Sie im Vordergrund?

Ganz genau. Bei uns steht im 100-Tage-Programm, dass wir es den Schülern ermöglichen wollen, wieder zu G9 zurückzukehren. Wir setzen auf flächendeckende Ganztagsschulen, und zwar auf echte Ganztagsschulen. Wir müssen diese Wende in der Bildungspolitik hinbekommen.

Flächendeckender Mindestlohn

Und zur Arbeitsmarktpolitik?

Da kann ich offen sagen, dass meine Partei in der Vergangenheit auf Bundesebene den einen oder anderen Fehler gemacht hat. Ich glaube, dass wir daraus gelernt haben. Wir brauchen einen flächendeckenden Mindestlohn, weil es nicht hinnehmbar ist, dass Menschen, die von morgens bis abends arbeiten, es nicht schaffen, davon ihre Familien zu ernähren. Es muss auch ein Thema sein, dass für gleiche Arbeit gleicher Lohn zu erwarten ist.

Der CDU-Vorsitzende Volker Bouffier lädt die SPD zum Gespräch ein. Welche Aussichten sehen Sie für eine Kooperation?

Das ist Sache unseres Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel. Er wird das, was wir in unserem Programm niedergeschrieben haben, als Messlatte nehmen.

Seit 15 Jahren regiert die CDU und die SPD opponiert dagegen. Welche Wunden hat diese Zeit hinterlassen?

Mich ganz persönlich hat die CDU-Unterschriftenkampagne 1999 gegen die Ausländer – so war sie ja angelegt – maßlos enttäuscht. Dadurch ist der Integrationsprozess massiv gestört worden. Ich sehe außerdem, dass diese schwarz-gelbe Landesregierung maßgeblich dazu beigetragen hat, dass unsere Städte und Gemeinden zum Teil finanziell ruiniert worden sind. Das können wir auf keinen Fall so lassen, denn die Lebensqualität der Menschen spielt sich vor Ort ab. Wir werden darauf hinarbeiten, dass die Städte und Gemeinden so ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgaben wieder wahrnehmen können. Das gilt auch für die so genannten freiwilligen Leistungen, die das friedliche Zusammenleben und die Qualität vor Ort prägen.

Verantwortung für das Land

Zum Beispiel?

In meinem Wahlkreis gibt es Gemeinden, die Bibliotheken schließen mussten oder Jugendhäuser. Das sind für mich keine freiwilligen Ausgaben, sondern zwingende Aufgaben, die eine Kommune zu erledigen hat. Die Städte und Gemeinden müssen gestärkt werden, damit die Kommunalpolitiker Handlungsspielräume bekommen. Das ist eine Frage der demokratischen Grundlagen. Menschen springen in der Kommunalpolitik ab, wenn sie nicht politisch gestalten können.

In zentralen Forderungen liegen SPD, Grüne und Linke inhaltlich beieinander. Nutzen Sie ihre gemeinsame Mehrheit?

Das ist eine der möglichen Optionen, die zu diskutieren sind. Ich bin unvoreingenommen gegenüber allen Fraktionen. Ich setze darauf, dass die Gespräche, die wir führen werden, sehr pragmatisch sein werden. Es ist sinnvoll, mit allen Fraktionen Gespräche zu führen. Wir sollten mit größtmöglicher Sorgfalt schauen, wo es die größten Schnittmengen gibt, und dann entsprechend verfahren. Ich bin sicher, dass am Ende die Option herangezogen wird, die mit Blick auf die Verantwortung für das Land die sinnvollste ist. Welche das ist, kann ich im Moment nicht sagen.

Wäre ein Bündnis der SPD mit der Linken ein Wortbruch?

Nein, weil wir diese Option nicht kategorisch ausgeschlossen haben.

Interview: Pitt von Bebenburg

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