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Die Doppelmoral des Profifußballs beim Klima

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Wehten in der ersten Pokalrunde an jedem Spielort im Wind: Die Eckfahne mit DFB-Logo und Klimastreifen.
Wehten in der ersten Pokalrunde an jedem Spielort im Wind: Die Eckfahne mit DFB-Logo und Klimastreifen. © dpa

Das neu entdeckte Klimabewusstsein des DFB mit dem Aktionsspieltag in der ersten Pokalrunde kommt in den Fankurven nicht gut an. Zu groß ist die Diskrepanz zwischen Taten und Worten beim Verband.

Eines muss man dem DFB lassen: Mit seinem „Aktionsspieltag Klimaschutz“ hat der Verband dafür gesorgt, dass zumindest über den ökologischen Fußabdruck des deutschen Profifußballs geredet wird. Eine Minute später als sonst wurden alle Spiele der ersten Runde des DFB-Pokals angepfiffen. Dazu gab es eine Spendenaktion von Vereinen und Verband zugunsten einer Initiative für Klimaschutz im Sport und thematisch passende Kapitänsbinden und Eckfahnen.

Es ist fast rührend, zu sehen, wie Amateurvereine Geld für mehr Bäume in Schulgärten sammeln, vegetarisches Essen im Stadion anbieten und ihre Fans aufrufen, mit dem Rad zum Spiel zu kommen. All das sind wichtige Initiativen, die einige der größten Problemfelder des Klimaschutzes in unserer Gesellschaft berühren: Ernährung, Mobilität, Umweltschutz. Und doch stehen sie gleichzeitig auch symbolisch für das, was in der Klimapolitik seit Jahren schiefläuft. Denn während der einzelne Fan angehalten wird, sein Verhalten zu überprüfen, auf die Bratwurst zu verzichten und mühsam ersparte fünf Euro in eine Spendenbüchse zu werfen, verlässt sich der DFB ganz auf die Symbolik.

Bei Spielen um 15:30 Uhr brennt bei strahlendem Sonnenschein die Flutlichtanlage in den Stadien, damit auf den teuer verkauften Fernsehbildern auch ja keine Schatten zu sehen sind. Während Schwimmbäder und Turnhallen im Winter wegen Gasmangel womöglich nicht beheizt werden und der Amateursport mal wieder schauen muss, wo er bleibt, betreiben die Profivereine Heizungen und künstliche Beleuchtungen für den Rasen, deren Ökobilanz klimabewussten Menschen die Tränen in die Augen treibt. Und im Winter verschifft der DFB die deutsche Männer-Nationalmannschaft in einen Golf-Staat, der seine menschenrechtsfeindliche Autokratie mit fossilen Energieträgern finanziert. Das DFB-Team wird dort trotz der Verschiebung des Turniers in den Winter in klimatisierten Stadien kicken. Der Fanclub der Nationalmannschaft richtet sein Basislager zur WM in Dubai ein und wird für jedes Spiel extra nach Katar eingeflogen.

Bei den Fans kommen der Irrsinn dieser WM und das neu entdeckte Klimabewusstsein des DFB nicht gut an. In vielen Kurven, zum Beispiel von Schalke 04, Bayer Leverkusen, dem 1. FC Kaiserslautern oder Union Berlin waren am Wochenende Spruchbänder gegen die Doppelmoral zu sehen. Auch in vielen Fankurven scheint angekommen zu sein, worauf die Klimaforschung seit Jahren hinweist: Die Klimakatastrophe ist an einem Punkt angelangt, an dem Klimaschutz, der nicht wehtut, kein Klimaschutz mehr ist. Klimaschutz der nicht wehtut, ist im besten Falle Eigen-PR. Im schlechtesten Falle ist er ein Ablenkungsmanöver eines Verbandes, der nicht mehr weiß, wie er die ökologischen Eskapaden des Profifußballs weiter rechtfertigen soll.

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