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Fachleute warnen: Erde erwärmt sich schneller als vorhergesagt

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Ein Forschungsteam um James Hansen ist sich sicher: „Wir befinden uns in der Anfangsphase eines Klimanotstands.“ Doch nicht alle Klimaforschenden sehen das so.

Frankfurt – Die Erde erwärmt sich schneller, als bisher vorhergesagt wurde. Das zeigt der bekannte Klimaforscher James Hansen gemeinsam mit weiteren Klimaforschenden im Fachjournal Oxford Open Climate Change. „Die globale Erwärmung wird in den 2020er Jahren 1,5 Grad Celsius und vor 2050 zwei Grad Celsius überschreiten. Die Auswirkungen auf Mensch und Natur werden sich beschleunigen, da die globale Erwärmung hydrologische (Wetter-)Extreme verstärkt“, heißt es darin.

Der US-Forscher Hansen gilt als einer der Pioniere der Klimaforschung. Er war es, der bereits 1988 mit einer dramatischen Aussage vor dem US-Kongress in den USA auf den Klimawandel aufmerksam machte. In ihrem Artikel nutzen Hansen und seine Co-Autorinnen und -Autoren eine Kombination aus paläoklimatischen Daten, Daten aus polaren Eiskernen und Baumringen, Beobachtungsdaten und Klimamodelle.

Klimaforscher Hansen ist überzeugt: „Befinden uns in der Anfangsphase eines Klimanotstands“

Ihre Schlussfolgerung: „Wir stellen fest, dass das Klima der Erde sehr empfindlich ist – empfindlicher als die beste Schätzung des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) –, was bedeutet, dass ein großer Teil des Klimawandels ‚in der Warteschleife‘ ist.“ Der Artikel warnt mit drastischen Worten, für die Hansen bekannt ist: „Wir befinden uns in der Anfangsphase eines Klimanotstands.“

Die Erde erwärmt sich schneller als vorhergesagt, warnen Forscherinnen und Forscher um den bekannten Klimawissenschaftler James Hansen. (Symbolbild)
Die Erde erwärmt sich schneller als vorhergesagt, warnen Forscherinnen und Forscher um den bekannten Klimawissenschaftler James Hansen. (Symbolbild) © IMAGO/Europa Press/ABACA

Ein Grund dafür, dass die Erde sich schneller erwärmt, haben die Forscherinnen und Forscher ausgerechnet in einem großen Erfolg ausgemacht: Die erfolgreiche Bekämpfung der Luftverschmutzung sowie die weltweite Beschränkung der Verschmutzung durch den Schiffsverkehr. Die Partikel, die so in die Luft gelangten, bedeuteten zwar ein ernstes Gesundheitsrisiko – kühlten den Planeten aber auch, da sie das Sonnenlicht von der Erde weg reflektierten, heißt es in der Veröffentlichung.

Drei Maßnahmen sollen der Erderwärmung Einhalt gebieten

Die Klimaforscherinnen und -forscher schlagen drei Maßnahmen vor, um dem Problem zu begegnen: „Grundlegende wirtschaftliche Anreize“ sollten saubere Energie fördern und CO₂-Emissionen vermeiden – beispielsweise durch einen steigenden Preis für Treibhausgas-Emissionen. Die Dekarbonisierung soll den Forschenden zufolge durch den Einsatz von Kernenergie unterstützt werden.

Als zweite Maßnahme sieht das Team von Autorinnen und Autoren eine globale Zusammenarbeit – unter anderem zur Entwicklung kostengünstiger Kernkraft, aber auch zur Verbesserung des wissenschaftlichen Verständnisses für den Klimawandel und wie man gegen ihn vorgeht.

Klimaforschende wollen umstrittenes Geoengineering erforschen

Es sei nicht mehr möglich, das Energiegleichgewicht alleine durch die Verringerung von Treibhausgasemissionen rasch wiederherzustellen, heißt es in der Veröffentlichung. Daher schlagen die Forscherinnen und Forscher zusätzliche Maßnahmen vor. Eine davon ist in der Wissenschaft umstritten: solares Geoengineering. Beispielsweise könnte die gezielte Injektion von atmosphärischen Aerosolen dafür sorgen, dass die Sonneneinstrahlung die Erde weniger aufheizt. „Die Risiken eins solchen Eingriffs müssen definiert werden, ebenso wie die Risiken eines Nicht-Eingreifens“, schreiben die Autorinnen und Autoren.

Die Nationale Akademie der Wissenschaften der USA empfiehlt die Erforschung des vorübergehenden Managements der Sonneneinstrahlung (SRM) und auch James Hansen hat sich gemeinsam mit mehreren Klimaforschenden im Frühjahr 2023 bereits dafür ausgesprochen.

Nicht jeder Klimawissenschaftler steht hinter der neuen Veröffentlichung

Während Kritikerinnen und Kritiker vor den unvorhersehbaren Konsequenzen des Geoengineerings warnen, ist Hansen der Meinung, man sollte darüber nachdenken. Bei einer Presseveranstaltung erklärte er: „Anstatt diese Bemühungen als ‚drohendes Geo-Engineering‘ zu bezeichnen, müssen wir anerkennen, dass wir den Planeten bereits jetzt mit Geo-Engineering beeinflussen“, zitiert CNN den Forscher.

Nicht alle Klimaforschenden stimmen Hansen und der neuen Veröffentlichung zu. Die Erkenntnisse lägen „weit außerhalb des Mainstreams“, erklärt Michael Mann, Klimawissenschaftler an der Universität von Pennsylvania, gegenüber CNN. Auf seiner Website schreibt er in einem Kommentar zu dem Artikel: „Darüber hinaus gibt es keine statistische Unterstützung für die Annahme, dass sich die Erwärmung der Erdoberfläche derzeit beschleunigt.“ Mann ist überzeugt: „Die Wahrheit ist wieder einmal schlimm genug.“ (tab)

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