Regionalsport Zwei mit Nehmerqualitäten

600 Zuschauer feiern Etem Bayramoglu in der Hofer Freiheitshalle. Er verteidigt seinen deutschen Meistergürtel. Es ist ein Sieg mit Hürden. Aber das hat auch Gutes.

 
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Sie wusste gar nicht so recht, wo sie hinschauen soll: Etem Bayramoglus Ehefrau Cindy musste am Samstagabend während des Titelkampfs ihres Mannes tausend Augen haben. Einerseits durfte sie die drei Kinder nicht aus den Augen verlieren, andererseits fieberte sie mit ihrem Mann mit. Waren die bisherigen Kämpfe meist klare Angelegenheiten, stieg diesmal der Adrenalin-Pegel nach oben. "Das war heute schon sehr aufregend", sagte sie später - mit viel Erleichterung in ihrer Stimme. Denn zu Beginn der achten Runde warf Bayramoglus Gegner, der Leipziger Christian Dulz, das Handtuch. Er hatte zuvor einige Wirkungstreffer einstecken müssen - und erholte sich diesmal nicht mehr davon.

Ein Szenario, das eigentlich schon viel früher geplant war. "Eigentlich hatte ich gedacht, dass ich ihn nach drei oder vier Runden K.o. geschlagen habe", sagte Bayramoglu später. Doch sein Gegner erwies sich als echter Dickschädel. "Was mich beeindruckt hat, war sein harter Schädel", sagte der 33-jährige Hofer. Kam Bayramoglu schon mal durch die gute Deckung und traf Dulz, steckte dieser die zahlreichen Treffer fast mit einer gewissen Gleichgültigkeit weg. Man dachte sich schon: Wie hält der Mann das aus?

Und vor allem: Wie behält er trotz der Treffer noch einen so kühlen Kopf, um dann nach fünf Runden seinen Gegner so zu überraschen. Denn die ersten Runden gingen nach Punkten an den Hofer Boxprofi. Das Bild änderte sich in der fünften und sechsten Runde. Bayramoglu musste plötzlich selbst Treffer einstecken - auch weil er mit gewohnt offener Deckung kämpfte. "Er muss künftig stärker auf seine Deckung achten", sagte sein Bruder Sefa Bayramoglu. Diesmal ging es noch gut. Aber Sefa Bayramoglu, früher selbst als Boxer für Bayern Hof aktiv, weiß: "Wenn du auf einen stärkeren Gegner mit einem härteren Schlag triffst, dann kann es auch schnell vorbei sein." Ein Treffer reicht - und schon ist die bislang noch lupenreine Kampfbilanz dahin. "Diesmal ist es noch gut gegangen. Darüber war ich froh."

Und nicht nur er, sondern die gesamte Familie. So konnte Ehefrau Cindy tief durchatmen - und gleich ihrem Mann einen Tipp mit auf den Weg geben. "Das war alles etwas viel für ihn", sagte sie. Denn Bayramoglu stand nicht nur im Ring, er organisierte auch die gesamte Veranstaltung. Boxer, Promoter, Manager - alles in einem. "Das geht so nicht weiter", sagte auch sein Bruder Sefa. "Ich habe ihm gesagt: Du musst dich jetzt entscheiden. Entweder organisierst du nur noch oder du bist nur noch Boxer!"

Die Entscheidung dürfte klar sein: Bayramoglu hat noch viel vor. Vielleicht einen Gürtelkampf um eine Kontinentalmeisterschaft, vielleicht das Vorrücken in die deutsche Top-10. Womöglich auch wieder in Hof - zur dritten Fightnight. Denn erneut war der Zuschauerzuspruch gut. "Aufgrund der Weihnachtsfeiertage hatte ich nicht damit gerechnet, dass so viele kommen", sagte der Promotor Etem Bayramoglu. "Aber Hof lässt mich nicht im Stich", antwortete ihm der Boxer Etem Bayramoglu. Mit knapp 600 Zuschauern kamen sogar mehr als im Vorjahr. Und die Hofer Fans feierten ihren neuen, alten deutschen Meister, der ihnen über acht Runden eine tolle Show geboten hatte. Auch die weiteren acht Kämpfe waren teilweise auf gutem Niveau, mindestens aber unterhaltsam.

An eine dritte Auflage wollte Bayramoglu aber noch nicht denken. Denn vorerst hat er andere Auflagen zu erfüllen. "Jetzt muss er vier Monate pausieren und chillen", sagte sein Bruder. "Er muss seine Verletzungen auskurieren und Zeit mit der Familie verbringen." Pause ja, aber über die Länge will Etem Bayramoglu noch verhandeln. "Wenn ich vier Monate pausiere, dann kann ich auch gleich meine Handschuhe an den Nagel hängen." Zwei Monate wären auch genug.

Denn fraglos hemmte ihn die Verletzung am Ellenbogen. Die hatte er sich unmittelbar vor seinem Titelkampf im Oktober zugezogen. "Ich konnte mich zuletzt nicht schonen, musste Sparring machen", sagte er. Dadurch wurde es nicht besser. Eher im Gegenteil. "Das war eigentlich fahrlässig. Mit meiner Rechten konnte ich daher nicht so richtig durchziehen." Die Schlaghärte war geringer als erhofft, sodass er seine Puncherqualitäten nicht ausspielen konnte. Mit Folgen - für die gesamte Familie und seine Fans, die einen höchst spannenden Boxabend in der Freiheitshalle erlebten.

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