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Das Lauschen auf das Unhörbare

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Ich sitze immer so da und lausche auf das Unhörbare, das immerzu vorgeht." So beschreibt die Schriftstellerin, Lyrikerin Jeannie Ebner, die ihre Manuskripte handschriftlich verfaßt, ihre Arbeitsweise. Als junge Autorin trug sie Federstiel und Tin-tenfläschchen in der Handtasche, bis Hans Weigel ihr eine Füllfeder schenkte. Diese benützt sie heute noch.

Eine ungewöhnliche Frau mit einem ungewöhnlichen Leben. Geboren in Sydney, Tochter nach Australien ausgewanderter Oster-reicher, Nichte des Philosophen Ferdinand Ebner, zweijährig nach Wiener Neustadt übersiedelt, wo der Vater zwei Speditionen und verschiedene Liegenschaften erwarb. Eine glückliche Kindheit, über die der Tod des Vaters, später des zwei Jahre älteren Bruders, frühe Schatten warf.

Mit zwölf Jahren schrieb sie das erste Gedicht, aus dem Englischen übersetzt, ins Stammbuch einer Freundin, ein Glückserlebnis, das bestimmend für ihre spätere Berufswahl geworden ist. Sehr früh schon beschäftigt sie sich mit metaphysischem Gedan-

kengut, Lektüre einschlägiger Literatur. Rückblickend stellt man fest, daß der später eingeschlagene Weg durch frühe Prägungen vorgezeichnet gewesen ist. Umwege waren in. Kauf zu nehmen.

Die Vierzehnjährige war Lehrmädchen in einem kleinen Speditionsbetrieb, die Zwanzigjährige leitete ein Unternehmen mit

fünfunddreißig Angestellten, studierte außerdem fünf Jahre Bildhauerei an der Wiener Kunstakademie. Siebenundzwanzig war sie, als sie die letzten noch vorhandenen Pferde vor einen Wagen spannte und mit Mutter, zwei Tanten und mehreren Angestellten das zerbombte Wiener Neustadt verließ, Richtung Tirol, wo sie ihren' Lebensunterhalt durch

Verkauf selbstgemachter Puppen verdiente.

Später, in Wien, arbeitete sie als Stenotypistin, schließlich als Übersetzerin, die Qualität ihrer Arbeiten auf diesem Gebiet hat ihr namhafte Auszeichnungen eingebracht. Endlich, nach Publikation eigener Arbeiten in den „Stimmen der Gegenwart", erschien der erste Roman mit dem Titel „Sie warten auf Antwort", gewidmet Hans Weigel „als Dank für Ermutigung und Kritik". Bescheiden unterspielend behauptet sie nach drei entbehrungsreichen Jahren, nur zu ihrem Vergnügen zu schreiben, obwohl ihr der gewählte Beruf damals schon lebensnotwendig gewesen ist.

Von nun an erlaubt sich die Ebner keinen Schritt mehr vom Weg, obwohl sie Pechsträhnen hinnehmen muß. Ihre Bücher, von namhaften Kritikern hoch geschätzt, werden keine kommerziellen Erfolge. Ihr erster Verleger stellt sein Verlagsprogramm um und gibt ihr die Rechte zurück, der zweite Roman wird erst Jahrzehnte nach seiner Entstehung erscheinen. Sigbert Mohn bei dem „Die Wildnis früher Sommer", „Die Götter reden nicht" und ihr großer Roman „Figuren in Schwarz und Weiß", erschienen sind, außerdem ein Lyrikband und die mit dem ersten Preis des Rertelsmann-Er-zähler-Wettbewerbs prämierte Novelle „Der Königstiger", stellt 1965 die Produktion von österreichischer Belletristik ein.

Sie läßt sich nicht entmutigen, arbeitet weiter, übernimmt die Redaktion von „Literatur und Kritik", fördert durch Abdruck wesentlicher Texte eine große Anzahl junger Talente, arbeitet in unzähligen Gremien, verhilft jüngeren Kollegen zur Publikation ihrer Rücher, findet schließlich in Styria selbst ein Verlagshaus, in dem nun in ununterbrochener

Folge die meisten ihrer Rücher erscheinen. Diese Bücher, Romane, Erzählungen, Prosadichtungen, sind subtile Sprachkunstwerke von besonderem poetischem Reiz und stellen thematisch und formal eine absolute Resonderheit innerhalb der modernen deutschsprachigen, nicht nur der österreichischen Literaturlandschaft dar.

Daß Jeannie Ebner unbeeinflußt von modischen Entwicklungen einen sehr eigenständigen, eigenwilligen Weg gegangen ist, daß sie sich, dabei im besten Sinne eine moderne Autorin, niemals dem Diktat gängiger Strömungen gebeugt hat, sich selbst treu geblieben ist, wird inzwischen von einer sehr großen Lesergemeinde honoriert.

HDER KÖNIGSTIGER 88 Seiten, öS 148,-. . DIE WILDNIS früher SOMMER Roman, 2. Auflage. 222 Seiten, öS 248,-. ZAUBERER UND VERZAUBERTE Roman

320 Seiten, öS 298,-.

...UND HAT SEIN GEHMEINIS

BEWAHRT

Roman.

182 Seiten, öS 198,-. ERFRORENE ROSEN Erzählungen

183 Seiten, öS 198,-. PROTOKOLL AUS EINEM ZWISCHENREICH Erzählungen

DER GENAUIGKEIT ZULIEBE

Tagebucher 1942-1980.

352 Seiten, öS 350,-.

Diese Bücher sind erschienen-

Styria Verlag, Graz) Wien)Köln

Siehe auch Seite 13

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